„Rübezahls Rückkehr“: Joachim Witt im Interview

Joachim Witt… lässt erneut den Riesen aus dem Wald. „Rübezahls Rückkehr“… und eine Rückbesinnung auf alte Stärken. 2020 steht im Zeichen des Riesen! Auf jeden Fall, wenn es nach Joachim Witt geht. Denn mit „Rübezahls Rückkehr“ werden nicht nur viele junggeblieben Väter an ihre Kindheit und an die Sage um den launischen Riesen denken. Nein, auch werden die junggebliebenen Väter sich an „Rübezahls Rückkehr“ erfreuen, denn mit diesem Album kehrt kein geringerer als der musikalische Riese Joachim Witt zurück. Ein Album, dass sicher direkt an den Erfolg von „Rübezahl“ aus den Jahre 2018 anknüpfen wird, da die Songs ins Ohr und ins Herz gehen. Beinahe wie die Sage vom Riesen … Sehr erfreut war ich (fast hätte ich schon was von „riesiger Freude“ geschrieben), als wir die Zusage zum Interview mit Joachim Witt bekamen. Und so unterhielten wir uns über „Rübezahl“, dessen Rückkehr und viele anderer Themen mitten in der Corona Krise (natürlich mit einem Mundschutz am Telefonhörer :)).

Hey lieber Joachim Witt. Schön, dass du dir Zeit fürs Tough Magazine nimmst. Kurz vor Veröffentlichung deiner neuen CD. Wie fühlst du dich?
JW: Mir geht es, in Anbetracht der Zeit und der Corona Krise, gut. Gerade leben wir in einer Zeit, die jeder als sehr schwierig empfindet. Ich muss für mich sagen, dass ich mit der derzeitigen Situation sehr entspannt umgehe. Ich bin es auch gewohnt, von zuhause aus zu agieren. Bedauerlich ist natürlich, dass die Tour ausfällt und das die Festivals abgesagt wurden. Aber sonst geht es mir gut.

Joachim Witt ist ein Name, der in der deutschen Musikszene sehr präsent ist. Wenn du auf deine Karriere zurückblickst. Welche sind für dich persönlich die wichtigsten „Joachim Witt“-Werke?
JW: Ich würde schon mit „Silberblick“ anfangen wollen. Dann sicher „Bayreuth 1“ und „Dom“. Zudem „Neumond“ und auch die „Rübezahl“-Veröffentlichungen. Das sind für mich persönlich auch die Herausragenden.

Auch deine Musik ist recht vielfältig. Von einem Helden der NDW, mit englischsprachigen Alben aber auch mit fantastischen Alben der NDH (Bayreuth Trilogie). Erfolgreiche Crowdfunding Projekte und dann sagenhafte Alben mit oder über eine Sagengestalt. Wie kam es 2018 zum „Rübezahl“-Projekt?
JW: Das war wirklich eine Eingebung. Ich habe für diesen ausufernden, wilden, aber auch romantischen Sound, der aber auch eine gewisse Härte in der Instrumentalisierung hat, ein Thema gesucht, an das dieser Sound aufgehängt werden kann. Und da fiel mir diese Figur „Rübezahl“ ein. Ich persönlich bin auch ein sehr naturverbundener Mensch und der Riese Rübezahl, als Beschützer der Berge, war dann eine passende und gute Eingebung.

Das erste Album startete mit den Songs „Herr der Berge“ und „Ich will leben“ und hatte den Charm eines Konzeptalbums. Wieviel „Rübezahl“ steckt eigentlich in Joachim Witt persönlich?
JW: Ich glaube tatsächlich sehr viel. Rübezahl zeichnet sich aus als Wächter über die Natur und hat auch dieser Sinn für Gerechtigkeit. Im Prinzip sind dies auch Punkte, die mir persönlich viel bedeuten und für die ich mich auch einsetze.

Mit „Wiedersehen woanders“ endete dieses erste „Rübezahl“ Album. Hättest du 2018 gedacht, dass es ein weiteres „Rübezahl“ Album geben könnte?
JW: das kann ich definitiv mit „Ja“ beantworten. Während der Arbeit an „Rübezahl“, als der Sound klar war, die ersten Arrangements fertig waren, als dann die Songs im Mix hatten, da habe ich für mich gedacht, dass ich jetzt angekommen bin. Ich persönlich fand zu diesem Zeitpunkt schon den Sound so geil, das mir klar war, dass ich genau so weiterarbeiten wollte. Ich habe viel ausprobiert und nun habe ich eine gute Mischung gefunden. Auch möchte ich das Team erwähnen, mit dem ich arbeiten darf. Das ist fast schon ein Geschenk und bei der Produktion von „Rübezahl“ wusste ich, dass es genau so weiter gehen kann. So stand „Rübezahls Rückkehr“ nichts mehr im Wege (lacht).

Nun steht „Rübezahls Rückkehr“ in den Läden. Auch dieses Werk ist in Zusammenarbeit mit Chris Harms (Lord oft the Lost-Mastermind) entstanden. Was bedeutet dir diese Zusammenarbeit?
JW: Die bedeutet mir tatsächlich viel. Chris Harms ist Musiker, Performer und ein sehr guter Sänger. Er bildet auf allen Ebenen das ab, das auch für mich in der Arbeit extrem wichtig ist. Auch ich komponiere und bin Interpret, so dass wir die gleiche Sprache sprechen. Hier ergänzt sich vieles, wofür ich durchaus dankbar bin. Vieles geht ohne große Stolpersteine von statten und ist wirklich großartig.

Du sprichst ja das Songschreiben an. Wie geht ihr da an die Stücke ran?
JW: Da ist ein Austausch. Chris und ich schicken uns gegenseitig Ideen und Sachen zu. Danach tauschen wir uns darüber aus. Wir diskutieren einzelne Stellen, feilen diese aus. Aber das sind keine Hürden. Das ist eine gute Abstimmung, die sich ergänzt. Und so entstehen dann die Stücke.

Das Cover der neuen CD strahlt Wut aus. Wie wütend bist du auf die Welt?
JW: Ja, wenn wir ehrlich sind, war es ja noch nie anders. Die Ungerechtigkeiten und die Art und Weise, wie manche Menschen ausgenutzt und ausgebeutet werden, das ist schon krass und verwerflich. Oder auch wie die Welt oder die Menschen von anderen Menschen wegen Rohstoffen ausgebeutet werden. Und schließlich Kriege, die wegen dieser Rohstoffe geführt werden – das ist schon besorgniserregend und das ist ein Punkt, der mich durchaus wütend macht. Auch haben meine Texte daher oft einen Bezug zu diesen Themen.

Das kann man tatsächlich auch gut auf die neue CD übertragen. Schon der Opener „Geist an das Licht“ klingt anklagend. „Alles riecht nach Feuer und Zunder“ und „schreckliche Bilder“ stimmen den Hörer nachdenklich. Welche Geschichte steckt hinter diesem Stück von der „blutenden Hand“?
JW: Also da war es tatsächlich Syrien. Jedoch kann man den Song auch für viele andere Konflikte nehmen. Jetzt wo du mich bewusst danach fragst, ist aber die Antwort klar: „Syrien“. Dies war der Auslöser für den Song.

„Aussage braucht keine harten Klänge“ könnte man fast schon sage, wenn man die Nummer „Die Rückkehr“ betrachtet. Wie autobiografisch ist diese Nummer?
JW: Autobiografisch ist es nur zum Teil. In vielen unserer Mitmenschen ist eine ausgeprägte Sehnsucht nach Geborgenheit und Vertrauen vorhanden. Man wünscht sich, dass man irgendwann ankommt. Das trifft auch auf mich zu. Man will sicher am Ende seines Lebens glücklich ausscheiden. Der Song beschreibt so etwas wie die Sehnsucht nach genau diesem Glücksgefühl. Eine positive Stimmung zu seiner Umwelt und zu nahestehenden Personen.

Ein sehr starkes Stück auf dem Album ist die „Steinzeit“. Tempowechsel und ein Joachim Witt in Bestform. Welche Geschichte steckt hinter „Steinzeit“?
JW: „Steinzeit“ ist ein Song von Chris. Er hat hier die Grundlage geliefert. Ich habe an der Melodie gearbeitet und den Text geschrieben. Der Begriff „Steinzeit“ ist für mich bezeichnend für viele Vorgänge, die in der Gesellschafft ablaufen. An vielen Stellen ist man noch nicht so weit vorangekommen. „Steinzeit“ ist eigentlich ein ganz gutes Synonym dafür (lacht). Aber auch ein sehr ausdruckstarkes Stück.

„Auf wenige ist noch Verlass“ hören wir in dem Song „Wo blüht der Mohn“. Auch dieses Stück beindruckt. Auf wen verlässt du dich persönlich?
JW: Nun in einer Beziehung verlasse ich mich natürlich ganz auf die Partnerschaft. Auf meine Familie verlasse ich mich auch immer. Aber dann hört es so langsam auf (lacht).

Auch „Rote Tränen“ klingt schon vom Songtitel magisch. Die ersten Piano-Takte bestätigen das. „Feuer fällt auf raue See“, „Zeit im Würgegriff“. „Wut und Trauer ist meine Welt“ hören wir dich. Welche (vielleicht märchenhafte?) Geschichte steckt hinter dem Song über die „Welken Rosen“ und die „Roten Tränen“?
JW: Die Geschichte beschreibt den ewigen Zwiespalt zwischen Schwermut und Glücksgefühl. Ich muss sagen, dass mich das ich diesen Zwiespalt auch kenne und so hat der Song tatsächlich auch etwas Autobiografisches. Vor allem ein sehr persönliches Stück.

Mit „Windstille“ endet das Album ganz und gar nicht still, sondern her mit einem Sturm statt mit Wind. Wie wichtig ist dir das „Weiße Licht“, das „deine Wut“ tötet als letzten Satz auf diesem Album?
JW: Das weiße Licht ist für mich gleichbedeutend mit der Erlösung und somit etwas positives.

Du hast es ja schon gesagt. Deine Tour wurde verschoben. Wie trifft dich das? Was sind deine weiteren musikalischen Pläne gerade auch bis zur Tour?
JW: Ja, leider. Die Tour wurde verschoben ins Frühjahr 2021. Schön ist es, dass noch weitere Termine hinzugekommen sind. In der Zwischenzeit werde ich noch ein wenig komponieren und auch an einem anderen Projekt, das ich schon länger im Kopf habe, arbeiten. Also Langeweile habe ich keine. Langeweile habe ich tatsächlich nur dann, wenn ich Langeweile haben möchte (lacht). Das ist auch so ein Wort, das irgendwie negativ besetzt ist. Langeweile ist nichts Schlechtes, weil der Kopf ja immer arbeitet. Wenn ich auf dem Balkon sitze muss ich keine Langweile haben. Es gibt Sachen, die zu verarbeiten sind und über die man nachdenken kann. Man muss sich doch nicht immer rechtfertigen, wenn man mal zwei Minuten nichts macht (lacht).

Stattfinden wird die Tour nun später. Aber sie wird kommen. Auf was dürfen sich Fans freuen?
JW: Es werden sehr emotionale Konzerte werden, die die Oberfläche und auch das Tiefergehende ankratzen werden. Ich freue mich da sehr drauf, denn das wird ein sehr gemeinschaftliches Erlebnis mit den Fans werden.

Wie sieht es da denn bei der Setliste aus. Werden bei dir eher die letzten Alben gespielt oder ist es eine „Greatest Hits“ Sammlung?
JW: Das kommt ein wenig darauf an. Ich stelle das tatsächlich immer wieder neu zusammen. Es gibt Titel, die ich spielen muss. Auch für mich schon, da ich bei diesen Songs einfach abschätzen kann, wie die ankommen. Natürlich wird das neue Album der Schwerpunkt sein. Ansonsten spiele ich eine bunte Mischung, die dem Publikum sicher gefallen wird.

Was bedeuten dir die folgenden Begriffe?
Duesenberg
JW: Lehrzeit

Goldener Reiter
JW: Schlüsselerlebnis

Mit Rucksack und Harpune
JW: Auflehnung

Kapitän der Träume
JW: Fahrt in eine andere Welt.

Bayreuth
JW: Romantische Rückbesinnung.

Dom
JW: Versuch einer Wiedergeburt.

Zensur (Gloria)
JW: Missverständnis und zu Unrecht gerügt.

Tough Magazine: Typisches Stempeldenken! Hat dich das bedrückt?
JW: Ja. Definitiv. Sehr sogar.

Rübezahl
JW: Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit und natürlich die Natur.

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!
JW: Ich wünsche allen Menschen möglichst ungestresst durch diese Zeit zu kommen, gesund bleiben und dass wir diese Situation möglichst schnell hinter und bringen und auch viel daraus lernen können.

Wir bedanken uns bei Joachim Witt. Ein Mann, der sicher in Deutschland Musikgeschichte geschrieben hat. Und auch sein neues Werk „Rübezahls Rückkehr“ wird diese Geschichte weiterschreiben. Eine große CD eines großen Mannes. Ich freue mich auf die Tour und hoffe, dass „Rübezahl“ ebenso wie die erfolgreiche „Bayreuth“ Reihe einen dritten Teil bekommt. Wer noch keine Tour-Tickets hat oder mehr von Joachim Witt wissen möchte, schaut auf der Homepage nach.

Interview von Thorsten im April 2020

Dieser Artikel wurde am: 26. April 2020 veröffentlicht.

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