1971 (lange bevor die beiden Protagonisten von Artikel und Interview geboren wurden) sprengte ein Film die Kinokassen: Vier Fäuste für ein Halleluja. Über 12 Millionen Menschen sahen diesen Film und bis heute ist dieser in den All-Time-Kino-Charts zu finden. Die Hauptpersonen in diesem Film waren ein blonder schlagfertiger Hühne und ein schwarzhaariger, durchweg sympathischer Zeitgenosse – mit Bart. Beide ein unschlagbares Duo, das mit vier Fäusten und klugen Sprüchen gegen das Böse in der Welt vorging.
Aber was hat das mit den Liedermachern Simon & Jan zu tun? Nun, eigentlich wiederholt sich hier ein wenig Geschichte, denn auch die beiden sind, nicht mit vier Fäusten aber mit vier Händen, auf großer Halleluja-Tour. Vier Hände für ein Halleluja!
Simon & Jan sind ein Liedermacherduo, das bereits seit 2006 besteht und mit „Simon & Jan“ 2009 sein Debütalbum veröffentlichte. Es folgten ausgedehnte Tourneen, ausverkaufte Häuser sowie preisgekrönte Veröffentlichungen (mehr unter: simonundjan.com), die Simon & Jan ihrem Publikum präsentieren. Wie die oben beschriebenen Helden schaffen es die beiden, Menschen aller Altersklassen in ihren Bann zu ziehen und durch ihre Auftritte schlichtweg gute Laune zu vermitteln. Zwei nette Zeitgenossen, die schlagfertige Songs liefern, hierbei das Augenzwinkern nicht
vergessen und mit vier Händen, mit leisen Worten aber lauten Botschaften, dem Publikum ihre Form des „Halleluja“ darbieten.
Grundlage des derzeitigen Programms sind die Lieder der beiden letzten Veröffentlichungen: das Album „Halleluja“ (2018, sofasounds) mit einer Spielzeit von 71 Minuten und die EP „Weil ich kann“ (2018, sofasounds) mit einer Spielzeit von 29 Minuten – eine Auswahl von 6 Liedern aus dem aktuellen Programm von Simon & Jan mit einem sechsköpfigen Ensemble der Essener Philharmoniker).
Kurz vor dem Konzert in Blieskastel hatten wir die Möglichkeit, uns mit den beiden zu unterhalten.
Halleluja – das Interview
Lieber Simon, lieber Jan, zuerst einmal vielen Dank für eure Zeit. Heute Blieskastel. Wie fühlt ihr euch so kurz vorm Auftritt?
Jan: Gut, danke. Na ja. So kurz vor dem Auftritt ist es ja noch gar nicht. Eher kurz nach dem Soundcheck. Jetzt heißt es warten, essen, sitzen – der ganze Stress. Aber wenn du meinst, ob wir langsam nervös werden? Nein, das ist unterschiedlich aber geht meistens eher so ein paar Minuten vor dem Auftritt los.
Im Saarland habt ihr schon für euer letztes Programm „Ach Mensch“ einen Preis gewonnen. Neben der St. Ingberter Pfanne (2013) – was ist euer Bezug zu diesem kleinen Bundesland?
Jan: Also mir fällt spontan ein, dass ich hier mal einen Froschschenkel vom Kollegen Jürgen Becker probiert habe – also von seinem Teller. Wir waren zu Gast in der Sendung „Alfons und Gäste“ beim saarländischen Rundfunk. Nach der Sendung waren wir essen. Es war das erste und letzte Mal, das ich Froschschenkel gegessen habe. Aber auch mit unserem Freund und Kollegen Götz Widmann waren wir – damals als Support auf der Balladen-Tour – in der Sparte 4 in Saarbrücken.
Simon: Mit Götz waren wir sogar schon zwei Mal hier. Das waren immer sehr schöne Abende.
Von Kritikern werden vor allem eure „ruhigen Melodien“ gepaart mit den „scharfzüngigen Texten“ gelobt. Wie entsteht ein typischer „Simon & Jan“-Song? Auf langen Autofahrten? Alleine auf dem Sofa? Wie bringt ihr eure Ideen zusammen?
Jan: Na auf Autofahrten eher nicht. Wir sind ja vorrangig mit dem Zug unterwegs. Das würde vermutlich auf Dauer die Mitreisenden nerven (lacht). Auf dem Sofa kann… aber muss auch nicht unbedingt. Das kann auch auf dem Fahrradsattel passieren. Oder halt sonst wo. Mittlerweile bringen wir die Ideen auf viele Arten zusammen. Meistens komme ich mit einer ersten Idee und dann basteln wir gemeinsam weiter, schicken uns Aufnahmen zu oder basteln gemeinsam daran. Simon hat zu Hause ein Studio – Simons Sofa. Dort nehmen wir unsere Studioplatten auf.
Simon: Nicht zu vergessen: Auf Konzerten. Hier und da bleiben wir nach dem Konzert etwas sitzen, um Sachen auszuprobieren und daran herum zu experimentieren.
Simon & Jan – Sauf mit mir
Und die Texte? Wie entstehen die? Auch zusammen?
Jan: Für gewöhnlich bring ich einen Text und eine erste Liedidee, an der wir dann gemeinsam weiterbasteln.
„Das Liedermacher-Genre ist tot“ hört man immer mal wieder. Auch wird alles immer schnelllebiger. Wie schafft ihr es, einen Saal mit unterschiedlichen Generationen zum Zuhören zu bringen?
Jan: Ich glaube nicht, dass das Liedermacher-Genre totzukriegen ist. Es ist eine so archaische Form, deren Zauber ja gerade in ihrer Einfachheit und Direktheit besteht. Das kommt vielleicht zwischenzeitlich außer Mode – was mitunter vielleicht auch an den jeweils dominanten Vertretern des Genres liegt – aber dass unsere Kunstform sehr lebendig ist, sieht man am besten auf unserem mittlerweile vierjährigen Festival „Simon & Jan und ihre Lieblingsliedermacher“, bei dem wir für drei bis vier Tage in drei Städten mit Gästen unsere Lieblingsbühnen bespielen. Dass wir ein sehr gemischtes Publikum haben – teilweise drei Generationen in einem Raum – sagen uns auch viele Veranstalter. Wie wir es schaffen, dass die uns zuhören? Das klingt jetzt etwas banal, aber vermutlich liegt es einfach an der guten Musik. Und daran, dass die Leute merken, dass wir etwas zu sagen haben.
Eure Musik ist ja deutlich mehr als zwei Gitarren. Ihr baut eure Songs zum Teil durch Loops (z.B. „Leck mich“, „Ach Mensch“) zu Klangwelten auf, die sich auf Platte fast anhören, als sei ein Orchester am Werk. Wie kam es zu dieser Interpretation der Liedermacher–Kunst und ist das Wort „Liedermacher“ vielleicht sogar zu wenig für eure Musik?
Jan: Hier hat sich der Begriff „Liedermacher“ gefälligst uns zu fügen – und nicht andersherum. Im Laufe der Zeit haben immer mehr Loop-Nummern in unser Programm gefunden. Da zählt einfach das Spaßprinzip. Es ist schon reizvoll, mit so einfachen Mitteln ein komplettes ‚Orchester‘ auf die Bühne zu bringen.
Simon: Dabei ist alles was wir auf der Bühne machen natürlich live aufgenommen. Ich nehme während der Show Loops auf und arrangiere diese dann sozusagen live mit der Loop Station – das mache ich während der Lieder mit dem Fuß. Ein bisschen Kopf ist vermutlich auch dabei. Schwierig natürlich, wenn man sich einmal verspielt. Wenn was schief geht, kann man sich das das komplette Lied über anhören.
Simon & Jan – Geld
Oftmals (Beispiel Ärzte: Bela und Farin, Roling Stones: Mick und Keith, …) werden in einer Band den Hauptakteuren verschiedenen Rollen zugeordnet (Kopf und Bauch etc.). Als Simon und Jan hinter der Bühne. Wie agiert ihr da? Gibt es sowas wie den „Kopf“ und den „Bauch“?
Jan: Och, ich glaube, das kann man bei uns nicht so klassisch auseinander halten. Aber wir ergänzen uns da mit unseren Qualitäten sehr gut. Wir probieren auch beide, Kopf und Bauch gleichzeitig zu sein.
Zu euren Veröffentlichungen: „Simon und Jan“ und „Ach Mensch“ im Studio. „Der letzte Schrei“ und „Halleluja“ live. Studio oder Live? Was empfindet ihr als wichtiger?
Simon: Eigentlich ist uns beides gleich wichtig. Wir sind sehr viel mit unserem Live-Programm unterwegs – da ist die Studiosache auch ein schöner Ruhe- und Kreativpol. Wir haben uns entschlossen, das immer im Wechsel zu machen.
Jan: Aus Publikumssicht ist vielleicht das Live-Album etwas interessanter. Gerade für diejenigen, die uns am Abend sehen und gerne eine ‚Erinnerung‘ mitnehmen wollen. Aber auch unsere Studioalben werden von vielen Leuten sehr geschätzt.
Bei „Ach Mensch“ aber auch bei eurem nun dritten Programm „Halleluja“ habt ihr die Tour jeweils begonnen, dann kam das Album und die Tour lief weiter. Empfindet ihr einen Unterschied bei den Konzerten vor dem Albumrelease und danach? Sprich: Ist es für euch was anderes, wenn das neue Programm dem Publikum unbekannt oder zum Teil schon bekannt ist?
Jan: Ja da ist definitiv ein Unterschied. Auf mehreren Ebenen. Gerade wenn Songs neu sind und wenn wir sie neu ausprobieren, kann da ein schönes Knistern entstehen, das bestenfalls auch auf das Publikum übergeht. Das kann gerade am Anfang sehr reizvoll sein.
Simon: Aber es ist auch immer wieder schön, wenn da Menschen sind, die sich das Programm immer wieder anschauen und immer wieder lachen, neues entdecken oder einfach nur genießen.
Simon & Jan – Leck mich
Welche drei Songs, denkt ihr, sind die wichtigsten eurer Karriere und warum?
Simon: Ich würde mal „Ach Mensch” sagen. Da tut es mir sehr leid, dass wir den beim nächsten Programm wohl nicht mehr spielen werden.
Jan: „Du bist …”. Ein sehr alter Song, aber vielleicht unser erster kleiner ‚Hit‘ (grinst). Und „Karnickelkotzen“… Na und die wichtigsten kommen ja erst noch.
Nach den Konzerten redet ihr oft mit Fans. Welche Rückmeldungen sind euch hier besonders wichtig?
Jan: Alle (grinst). Nein im Ernst (lacht). Wir fragen oft schon in der Pause bei den Leuten nach, wie sie den Sound finden. Das ist uns sehr wichtig. Mit dem Sound steht und fällt für uns oftmals der Abend. Es mögen nur Nuancen sein, aber wenn wir uns auf der Bühne unwohl fühlen, ist es eher unwahrscheinlich, dass es ein euphorischer Abend wird. Wenn wir hingegen einen guten Sound haben – na dann Halleluja!
Wie geht ihr mit Presseberichten um? Interessieren euch Reviews?
Simon: Ja, das interessiert uns schon. Wir lesen die und finden es natürlich interessant, wie Leute den Abend, oder die CD empfinden.
Jan: Spannend auch, wenn man die Autoren beim Konzert sieht und dann gespannt darauf wartet, was der oder die wohl schreibt.
Bei der Vielzahl von Auftritten gab es sicher die ein oder andere Überraschung. An welche Anekdote denkt ihr immer wieder gerne zurück?
Jan: Nun, Simon kann da mittlerweile wahrscheinlich ein Buch schreiben.
Simon: Ja, ein Tour-Tagebuch würde sich lohnen. Vielleicht (lacht). Wir haben zum Beispiel zwei Mal in kurzer Zeit den falschen Ort angesteuert. Das erste Mal war es bei Waldorf. Als wir am Bahnhof ausgestiegen sind, haben wir gemerkt, dass wir am falschen Ort gelandet sind. Dann ab ins Taxi und es wurde richtig knapp. Gott sei Dank waren die Orte jetzt nicht so weit auseinander, dass es nicht mehr möglich gewesen wäre.
Simon & Jan – Die Erde dreht sich
Die Halleluja-Tour wird sich früher oder später dem Ende zuneigen. Habt ihr schon ein neues Programm geplant und wann kann man damit rechnen?
Jan: Am 29. September 2019 feiert das neue Programm in Oldenburg Premiere. Und danach gehts sofort auf große Tour (Termine unter: simonundjan.de).
Bei der Halleluja Tour habt ihr von Deichkind Songs dabei aber auch das große „Halleluja“ in einer fantastischen Version gecovert. Wenn ihr von folgenden Bands jeweils einen Song covern solltet. Welchen würdet ihr nehmen?
Götz Widmann:
Jan: Na, den haben wir ja schonmal gecovert.
Simon: „Arsch“ war, glaub ich, der erste Song, den wir von Götz gespielt haben.
Die Ärzte
Jan: Ich war früher großer Ärzte-Fan. Von Pensen Paletti habe ich mal ein schönes „Anneliese Schmidt“-Cover gehört.
AC/DC
Simon: AC/DC war ich früher großer Fan. Da würde ich „You shook me all night long“ nehmen.
Lieber Simon, lieber Jan. Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch.
Jan: Danke, die packen wir uns dann später ein.
Spezial und Interview von Thorsten
Simon & Jan – Karnickelkotzen
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