The Sensitives: Power, Unfiltriert, Nahbar und Kritisch. Oder Kurz: Punk!
Warum mag ich Punk-Musik? Punk ist ehrlich, aktuell und dankbar stattzufinden, gerade in dieser Größenordnung und unter der Woche. Die Location, der Kunstverein Nürnberg, war für mich eine Prämiere: klein, kuschelig, aber voller Energie. Das Publikum und das Trio aus Schweden trotzten dem Mittwochabend und akzeptierten den kommenden Donnerstag, egal wie müde man sein würde!
Über die Musik selbst muss man nicht viele Worte verlieren. Die macht richtig Laune, man kann sich hineinversetzen und man kann sie immer und überall hören. Aber die Stimmung während des Konzertes? Einmalig.
The Sensitives haben mir mit ihrer Shadow Boxer Tour das Gefühl gegeben, aufgehoben zu sein. Ehrlich auf der Bühne und verbunden in den Texten. Während viele Bands die Pausen zwischen Songs mit belanglosem Gerede füllen, hatte Martin (Gitarre, Gesang) Besseres zu erzählen – über seine Morgenroutine und das Älterwerden. Das hätte so auch in der Tageszeitung stehen können, doch Punk nimmt kein Blatt vor den Mund.
Zur Morgenroutine gehört nämlich Kaffee und Nachrichten über Trump. Das Verlangen, Tear Down The Flag, war da schon fast eine logische Konsequenz. Die Song-Einleitung? Stark. Ebenso wie die klare Haltung der Band (und des Publikums) gegen die AfD. Danach wurde niemand „animiert“ oder „aufgefordert“, mitzusingen oder mitzuschreien passierte es einfach. Bei anderen Bands braucht es mehrere Versuche, bis sich eine echte Verbindung aufbaut. Hier? Sofort.
Was das Konzert auch besonders machte, ist, dass Martin am Tag des Konzertes Geburtstag hatte und Paulina (Bass, Gesang) zusammen mit Magnus (Schlagzeug) für ihn den Sekt köpften und in ein Bierglas gossen. Anlässlich zum LevelUp (40) zeigte Martin direkt einmal, was es für Nebenerscheinungen mit sich bringt. So wurde die Setlist eher als eine Richtlinie wahrgenommen und die Reihenfolge als Vorschlag. Die Anekdote, dass Ältere der Jugend immer erzählen, wie man zu leben hat, die das mit einem freundlichen „f*ck you“ erwidern erzählte er und schloss sie ab mit einem „and that’s how it is supposed to be“
Paulina hatte an diesem Abend die Ehre, die ernsteren Songs anzukündigen. Themen wie Depression und Sexismus führten zur Überleitung zu I Want A Riot. Persönlich wurde es auch, als sie von der Entwicklung ihrer Eltern sprach, welche anfangs skeptisch gegenüber der Liebe in all ihren Formen waren, dann mit der Zeit offener und akzeptierender wurden. Auch diese Einleitung zum Song God Knows (Nothing About Us) fand in der Crowd großen Zuspruch und verband Ernsthaftigkeit mit Bühnenpräsenz. Zum Schluss bleibt nur zu sagen, dass The Sensitives den Kunstverein vollgemacht und das Publikum eingeheizt haben und das „in the middle of a f*cking week“ wie es Martin sagte.
Nachbericht und Fotos von Lukas Pförtsch.
Setlist:
Dead Dates
Life & Death
How the Fuck BoomBoom
Goddamn
Shadow BoxerComing home
Old Fashioned
Tear Down That Flag
Bullshit
Something to Die For
God Knows
Walker
Running in Circles
Better Smarter Stronger
Raise My Voice
Patch It Up and Go
Kick a Hole
Learn From My Mistakes
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