Mein Besuch führte mich ins (fast ausverkaufte) Kölner Palladium, anlässlich der letzten Euro-Tournee-Show der schwedischen progressiven Metaller MESHUGGAH. Während dieser Tour, die über 15 Bühnen in Europa führte, wurden sie wie immer von den wirklich großartigen Supportern MANTAR und THE HALO EFFECT begleitet.
Retrospektiv betrachtet war für mich gefühlt die Headline des Abends …Trommelwirbel… die Zeit. Warum? Nun, weil ich seltsamerweise entgegen der üblichen Anreisen dieses Mal wirklich frühzeitig vor Ort war. Ich hatte also… naja, halt Zeit. Zeit für die Garderobe. Zeit für die Pipibox. Zeit, den Merchstand zu erkunden. Und es war der Abend der älteren Herren. Die Zeit hat offenkundig optisch auch bei den allermeisten Protagonisten der Show Spuren hinterlassen… inklusive des Autors. Letzterer hatte eine Menge davon, um mit den anderen gut gelaunten, bierseeligen Besuchern inmitten von Cannabiskräuseln die eine oder andere Kippe zu rauchen, in Ruhe die Kamera zu checken. Schöne Zeit. So stressfrei. So war die Zeit gegen mich, als zurück in der Vorhalle des Palladiums meine Ohren Töne erreichten, die nicht mehr zum musikalischen Pausengedudel passen wollten. MANTAR legte los! Time’s Up.
Die beiden Nordlichter sind irgendwie das perfekte Pairing zu einer Band wie MESHUGGAH. MANTAR ist ein brutales, brachial intensives Spektakel. Wirklich roh und voller Energie – schaue ich mir immer wieder gerne an. Grandios! THE HALO EFFECT waren meiner Meinung nach auch super. Grundsolider, fast freundlicher Melodic Death Metal. Sehr abwechslungsreich. Musikalisch steckt extrem viel Talent (ex In Flames) hinter dem relativ jungen Projekt. Insgesamt sehr kurzweilig und interessant.
Ich hatte den Eindruck, dass THE HALO EFFECT ziemlich schnell wieder die Bühne räumten, während MANTAR gefühlt eine Ewigkeit spielten, obwohl der Auftritt der Schweden über 5 Minuten länger dauerte. Erklären kann ich mir das nur aufgrund der Songstruktur von MANTAR.
Es war auch die Zeit der langen Intros. THE HALO EFFECT machte davon Gebrauch. Und auch MESHUGGAH, die ich bis dato tatsächlich nie live gesehen hatte. Und deshalb war George Michaels „Careless Whisper“ ungewöhnlich … großartig. Die Performance des Intros von MESHUGGAH war nicht nur auditiv, sondern auch ein visuelles Spektakel. Die atemberaubend gut konzipierte, ewig dauernde Lichtshow verstärkte im Publikum eine Atmosphäre, die elektrisierend war. Es war natürlich kein verschwenderischer Bühnenbombast à la Metallica, sondern einfach nur clever und eindrucksvoll gestaltet. Die Herren der Band waren nur als wechselnde Silhouetten vor roten Hintergründen zu sehen, was in Kombination mit dem anfangs zurückhaltenden Licht beeindruckend war. Dazu die charakteristische Klanglandschaft. Das hatte etwas. Minimalismus, aber wuchtig.
Und es gibt Bands, deren minimalistische Bühnenperformance man stoisch nennen könnte. Es gibt Bands, deren Showsetting wuchtig und mit ordentlich Bombast daherkommt. MESHUGGAH bringt das alles zusammen und fügt dem noch ein allerfeinstes, kompromisslos brachiales Soundgewand hinzu. Nun ja, eher eine sehr laute Soundwand, der man nicht entkommen kann. Was ich entsprechend bei dem obligatorischen Doppelschlag „In Death – Is Death“ und „In Death – Is Life” feststellen konnte.
Viele Leute beschreiben Live-Performances von MESHUGGAH als ein atmosphärisch tranceähnliches Spektakel. Und ja, das konnte man bei vielen Menschen im Publikum auch beobachten. MESHUGGAH holten die Leute ab, und das, obwohl keinerlei (wie andernorts obligatorische) Interaktion des Sängers Jens Kidman und auch der anderen Musiker mit dem Publikum stattfand.
Nun, ich war nie wirklich ein großer Fan der Band. Aber was ich an ihnen von jeher respektabel fand, war ihr stringentes, verkopft-kreatives „gegen den Strom“ Einst vom klassischen Thrash inspiriert, entwickelte sich MESHUGGAH gleich zu Beginn zu etwas, das unermüdlich an der Dekonstruktion des Genre arbeitete. Uneingeschränkt unangepasst, experimentell und progressiv. Weit über 30 Jahre und 9 Alben später ist das Konzept zwar nicht mehr ganz frisch. Aber sie haben dadurch einen enormen Einfluss auf die Metal-Szene ausgeübt und werden noch immer für ihre Innovation und technische Fertigkeit gefeiert. Nach all der Zeit ist und bleibt MESHUGGAH wohl eine der kreativsten, einflussreichsten und einzigartigsten Metal-Bands der modernen Ära. Und…ein extrem gutes Konzerterlebnis!!! Ich würde MESHUGGAH gerne noch einmal sehen – falls es die Zeit erlaubt.
Fotos und Nachbericht von Mike Schmitz
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