Zwischen Brösel und den Scorpions: Tim Eckhorst im Interview
Nach einem Konzert trifft man sich nicht nur gerne an der Theke, sondern auch ab und an mal an einem Merchandise Stand. Habt ihr euch schon mal gefragt, wie denn, die zum Teil sehr aufwendig produzierten Bilder, die man sowohl auf T-Shirts, CDs, Bühnendeko usw. bewundern kann, entworfen werden. Wer ist dafür verantwortlich? Welche kreativen Köpfe haben am Layout gearbeitet? Aber nicht nur im Merchandise und dem Artwork zu neuen Veröffentlichungen sind kreative Köpfe gefragt. Oftmals sind die Menschen hinter solchen Ideen sehr vielfältig unterwegs. Poster-Design, Event-Design, Illustrationen, Graphik Design (Magazine, Sticker, …), Logo-Design, Album und Tour-Artwork, T-Shirts und anderes Merchandise aber auch Comics. All das sind Felder, auf denen sich Künstler*innen austoben und unsere Augen mit vielen neuen Ideen anfüttern. „Das Auge hört mit“ kann man vielleicht sogar sagen, wenn man denn eine schön gestaltete CD oder LP in die Hände nimmt und beim Hören der Songs durch das Booklet blättert. Tim Eckhorst gehört zu diesen kreativen Köpfen, die sowohl im Comic als auch in vielen anderen (oben erwähnten) Bereichen aktiv sind. Seine Ideen haben ihn nicht nur die Zusammenarbeit mit u.a. Fury in the Slaughterhouse, den Scorpions und auch Brösel gebracht, auch als Teil des Pure Fruit Magazins ist Tim aktiv. Neben den vielen Bereichen, die er beackert, lehrt er noch an der Muthesius Kunsthochschule Kiel und gibt über Workshops und Live-Zeichnen (u. a. in Machines Late Night Show / Wacken Open Air / Radio Bob!) sein Wissen weiter. Mit einem solchen Lebenslauf im Gepäck gibt es sicher einiges zu erzählen. Wir haben nachgefragt. Seid gespannt auf die Antworten zu Musik, Comic, Hobbies uvm. Wir haben uns sehr gefreut, dass Tim sich die Zeit genommen hat.

Hey Tim, schön dass du dir die Zeit fürs Interview nimmt. Wobei erwischen wir dich gerade?
Tim: Ich bin gerade dabei einen Werbecomic zu zeichnen, unterbreche das aber gerne, weil eine Pause zwischen den einzelnen Bildern immer ganz gut ist.

Betrachtet man nur kurz deinen Lebenslauf, so sieht man, dass du zu diesen Menschen gehörst, für die jeder Tag neu und spannend sein muss. Freiberuflicher Grafiker (dabei unter anderem fürs Wacken und große Bands tätig), eigene Publikationen, Mitbegründer von Pure Fruits, aber auch als Dozent (Lehrbeauftragter, diverse Workshops) tätig. Wie planst du grundsätzlich deinen Tag? Oder hast du einen Wochenarbeitsplan?
Tim: Viele Tage sind nicht planbar. Ich habe zwar immer grob im Kopf, was ich am Tag schaffen muss, aber es grätscht auch mal gerne spontan etwas dazwischen. Dann muss man flexibel sein und die eigentliche Arbeit in die Abend- oder Nachstunden verschieben. Das macht den Job aber auch sehr reizvoll. Beispielsweise habe ich mal morgens einen Anruf bekommen, dass Thundermother für ihre Tour dringend ein Shirt brauchen. Abends war das dann fertig. Das ist ein sehr spontaner Überfall gewesen, aber es ist schön, wenn man beim Aufstehen noch gar nicht wusste, was das Ergebnis des Tages sein wird.

Gerade im Bereich Musik / Comics hast du schon einiges an großartigen Arbeiten abgeliefert. Welche Begegnung im Musikbereich hat dich am meisten geprägt?
Tim: In Erinnerung wird mir immer bleiben, dass ich in Wacken mal Lemmy gesehen habe als er von der Bühne in seine Garderobe ging. Er sah aus als könnte er noch ein paar Bäume ausreissen und als er an den Leuten, die am Lagerfeuer saßen vorbei ging, herrschte ehrfürchtige Stille. Als er in der Garderobe verschwunden war, gingen die Gespräche weiter. Der Typ hat schon ne irre Aura gehabt.

Du scheinst gerade im Metal-Bereich unterwegs zu sein. Welche Bands sind deine großen Idole und für wen würdest du gerne mal aktiv werden (gerade im Merchandise)?
Tim: Och, da gibt es viele Bands. Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P., tAKiDA, The Night Flight Orchestra – die Liste wäre sehr lang. Das finde ich auch ganz gut so. Man muss ja Träume haben.

Im Metal-Bereich wird ja oft durch die Cover oder auch bei T-Shirts viel mit Zeichnungen gearbeitet. Nehmen wir Figuren wie Eddie von Iron Maiden, aber auch bei Blind Guardian sind die Cover unheimlich wichtig. Welche Cover sind für dich die prägendsten der Musik-Geschichte und warum?
Tim: Auf jeden Fall Iron Maiden. Die erzählen immer eine Geschichte und wenn man die chronologisch in einer Reihe sieht ist das fast wie ein Comic, so eine Art Eddie-Reise, die da dargestellt wird. Wirklich grandios. Ich rätsel aber noch ein bisschen, was es mit dem „The Book of Souls“ Cover auf sich hat. Das erinnert an das erste Album und wäre es das letzte Iron Maiden-Album gewesen, hätte das einen Kreis geschlossen. Jetzt ist vor einer Weile „Senjutsu“ erschienen. Das erinnert doch irgendwie ein kleines bisschen an das „Killers“-Cover. Komischerweise gibt’s aber keine Hintergründe mehr. Nur Eddie auf schwarzem Grund. Ich frage mich, ob man sich die Hintergrunddetails spart, weil man die bei iTunes sowieso nicht erkennt und darum durch schwarzen Hintergrund mehr Klarheit reinbekommen möchte. Aber ich schweife ab…

Im Musikbusiness hast du neben den Scorpions und Fury in the Slaughterhouse auch für das Wacken gearbeitet? Wie kam der Kontakt zu diesem großen Metal-Festival?
Tim: Als ich noch im Studium steckte habe ich mal ein Buch illustriert. Unter den Zeichnungen war auch eine von Lemmy, die dem Veranstalter aufgefallen ist. Er hat mich daraufhin angerufen, ob ich auch mal für das Festival zeichnen würde. Das war natürlich ein sehr schöner und unverhoffter Anruf.

Welche Arbeiten hierfür haben dich besonders fasziniert?
Tim: Faszinierend ist das Gesamtkonstrukt. Ein Festival ist ja Team-Work. Und wenn jeder am Ende seinen Job gemacht hat und dieses mordsmäßig große Ding steht, ist das toll. Im Laufe des Festivals ist es natürlich toll immer wieder eigene Arbeiten zu entdecken.

Fury in The Slaughterhouse und die Scorpions. Erzähl gerne etwas zu den Hintergründen dieser Arbeiten.
Tim: Diese Alben, für die du Cover entworfen hast, waren ja sicher sehr wichtige Alben in der jeweiligen Bandgeschichte. Ich denke bei den Scorpions war es wirklich ein sehr wichtiges Album, weil richtig deutlich wurde, dass sie es noch mal wissen wollten. Meistens habe ich mit Klaus Meine telefoniert. Der ist so unfassbar nett und entspannt, dass man gar keinen Druck verspürt hat, sondern es auf Augenhöhe gemeinsam entwickelt hat. Bei Fury war’s das Cover für’s »Ultimate Best-Of«. Man muss also irgendwie die Bandgeschichte zusammenfassen. Hier trat der seltene Fall ein, dass ich sofort eine einzige ganz klare Idee dazu hatte wie man das damals 30-jährige Bandjubiläum visualisieren könnte. Und genau diese Idee ist es dann auch geworden. Das kommt nicht so oft vor, weil man meistens in unterschiedliche Richtungen denkt, um dann zu sortieren, welcher Weg der richtige ist.

Deine Zeichnungen / Arbeiten stehen später bei Menschen im CD-Regal oder die Leute laufen mit T-Shirts durch die Gegend, die du entworfen hast. Was empfindet du, wenn du jemanden siehst, der solch ein T-Shirt anhat?
Tim: Ich freue mich natürlich sehr darüber, weil es einfach schön ist, dass von der eigenen Arbeit etwas dauerhaft sichtbar bleibt. Na ja, zumindest so lange bis das T-Shirt völlig verwaschen ist. Darum ist es gut zwischendurch ein Plattencover zu machen. Die halten meistens länger.

Neben diesen sicher sehr oft gesehenen Arbeiten bist du auch im Bereich der Illustrationen tätig. Neben verrückt designten Mülltonnen können wir sehr vielfältige Arbeiten wie für Kneipen, Flyer uvm. bei dir bewundern. Welche Illustrationen sind für dich die wichtigsten, lustigsten und unvergesslichsten?
Tim: Die wichtigste Zeichnung war sicher die von Lemmy, die ich schon mal erwähnte. Dadurch ist viel ins Rollen gekommen, weil viele Leute die gut fanden. Verdient habe ich damit nichts, aber sie hat Türen geöffnet. Dummerweise habe ich die Hand falsch gezeichnet. Es sieht aus als hätte er sechs Finger. Ein verrückter Job, der mir spontan einfällt ist die Gestaltung eines Porsche 911 GT3 4.0. Da habe ich zwar nicht direkt drauf gezeichnet, aber das Ding wurde komplett foliert. Und das ziemlich auffällig. Ferdinand Porsche auf knallgelbem Grund. Irre, dass der Besitzer das mitgemacht hat.

Doch nicht nur bei Auftragsarbeiten kannst du dich austoben. Du bist Mitbegründer des Pure Fruit Magazins. Erzähl unseren Leser*innen gerne etwas über dieses Magazin.
Tim: Das ist unsere Spielwiese. Hier in Kiel gibt es eine schöne Zeichner*innen-Community und neben Auftragsarbeiten tobt man sich natürlich gerne mal aus. Darum haben wir ein kostenloses Comic-Magazin ins Leben gerufen, das wir auf unerschiedliche Weise finanzieren, 10.000 Stk. drucken und es dann im ganzen deutschsprachigen Raum über Comicläden und Buchhandlungen verteilen. Das Heft kann man auch kostenlos gegen einen frankierten Rückumschlag bestellen. Wie das geht steht auf www.purefruit-magazin.de

Wer sind die Zielpersonen und Leser*innen des Magazins?
Tim: Jeder. Wirklich jeder. Und vor allem immer gerne Leute, die Comics nicht mögen. Dann haben wir nämlich die Chance, dass sie einfach mal reinschnuppern. Sie mussten das Heft ja nicht bezahlen. Und vielleicht werden sie dadurch an das Medium Comic herangeführt und kaufen auch mal irgendeinen Comic. Die Bandbreite ist so groß, dass es optisch und thematisch für jeden etwas gibt.

Unter anderem in dem Pure Fruit Magazin arbeitest du mit Brösel zusammen. Aber auch beim Werner Rennen und anderen Events hast du eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit Werner / Brösel abgelegt. Wie kam es zu diesem Kontakt?
Tim: Ich wohne im Nachbardorf. Und wir haben uns ziemlich schnell gut verstanden.

Und was ist Brösel für dich? Ein Vorbild?
Tim: Vorbild ist immer rein großes Wort, weil das für mich immer ein bisschen einschließt, dass man jemandem nacheifert. Meine Comics funktionieren aber ganz anders und auch mein Arbeitsalltag ist nicht so wie der von Brösel. Darum würde ich es eher eine riesige und anhaltende Inspiration nennen. Als Kind hat Werner dazu geführt, dass ich mit 9 oder 10 Jahren erste Comics gezeichnet habe. Dadurch habe ich auch verstanden, dass Zeichnen ein echter Beruf sein kann, weil man wusste, dass hier in Norddeutschland solche Comics gemacht werden. Das heißt: Unterm Strich ist Brösel verantwortlich für mein heutiges Leben.

Gerne gibst du auch dein Wissen an (noch) jüngere Menschen weiter. Du bist seit dem Wintersemester 2014/15 Lehrbeauftragter für Layout im Studiengang Raumstrategien an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Tim: Ich habe selbst an der Hochschule studiert und war glaube ich einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Welche Eigenschaften müssen Student*innen habe, um sowohl im Studium als auch später im Berufsleben erfolgreich zu sein?
Tim: Es kommt hauptsächlich auf das Durchhaltevermögen an. Und natürlich Fleiß. Stetiges Tropfen höhlt den Stein… oder wie geht der Spruch?

Was rätst du hier jungen Menschen / Erstsemestern?
Tim: Nutzt jede Chance etwas zu lernen und wagt euch mit euren Arbeiten auch mal aus der Hochschule raus. Dann weiß man nämlich schon vor dem Ende des Studiums, wie die Realität funktioniert. Das ist sehr, sehr wertvoll. Dann fliegt man nämlich auf die Klappe während man noch BAföG oder Geld von den Eltern bekommt und nicht wenn man dringend auf Einnahmen angewiesen ist. Zu dem Zeitpunkt hat man bestenfalls schon ein bisschen gelernt, was blöd ist und nicht funktioniert.

Gerade habe ich es angedeutet. „Noch jüngere“. Du bist erst knapp über 30 und hast schon unheimlich viel gesehen und mit unglaublich vielen Menschen zusammengearbeitet. Welche drei Momente / Treffen sind für dich persönlich die wichtigsten deiner bisherigen Karriere?
Tim: Da würe ich einfach mal sagen: Die Veranstalter vom Wacken Open Air, weil es mir viele Türen geöffnet hat, die Scorpions, weil das eine Erfahrung ist, die ich nie vergessen werde und natürlich Brösel, weil er einfach einer meiner absoluten Comic-Helden ist. Bei allen drei trifft das Spruch „Never meet your Heroes“ nicht zu.

Was frustriert dich und was erfreut dich bei deiner Arbeit?
Tim: Frustrierend kann es natürlich sein, wenn man einen Job so ausführt wie besprochen und der Kunde bei Sichtung des Ergebnisses festellt, dass er doch etwas anderes möchte. Da muss man dann einen guten und schmerzfreien Weg für beide finden, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Schön ist es immer, wenn man weiß, dass man jemandem eine echte Freude macht, eine gute Hilfe war oder einen Teil zu einem großen Projekt beisteuern konnte. Team-Work mag ich.

Was wünscht du dir für die folgenden Jahre?
Tim: Ich würde mich einfach freuen, wenn ich weiterhin von meiner Arbeit leben kann. Ich mache das mit Leidenschaft und die Grenzen zwischen Job und Freizeit verschwimmen oft. Ich mag es, dass man den Tag nicht in 8 Stunden Arbeit und 16 Stunden Feierabend teilen muss.

Wenn man bei so vielen Dingen aktiv ist. Wo bleibt da die Zeit für Hobbies?
Tim: Da bleibt nicht so viel Zeit. Aber manchmal weiß ich auch gar nicht so genau, welcher Teil meines Lebens Hobby und welcher Arbeit ist. Das könnte man höchstens an der Bezahlung fest machen.

Wo trifft man dich, wenn du den Schreibtisch mal verlässt?
Tim: Auf dem Fahrrad irgendwo zwischen norddeuschen Feldern, auf Konzerten, Ausstellungen und Comic-Events.

Kommen wir zum Schluss des Interviews zu Gedankenblitzen. Was bedeuten dir die folgenden Begriffe?
Katzenjammer:
Tim: Am besten in Kombination mit „Kids“. Dann ist es nämlich der Comic „Katzenjammer Kids“ und nicht der schlimme Hang-Over.

Maschines Late Night Show:
Tim: Immer wieder irre und der Grund, warum ich überhaupt als Zeichner auf einer Bühne gelandet bin.

Song des Jahres:
Tim: The Night Flight Orchestra: White Jeans

Große Bühne:
Tim: Ist immer wieder eine Macht.

Comic-Battle:
Tim: Nervenkitzel pur.

Gratis Comic Tag:
Tim: Eine liebgewonnene Tradition.

Metall macht Musik:
Tim: Mein erstes Buch. Zum Glück ausverkauft.

Tough Magazine?
Tim: Like ich bei Facebook.

Bitte entscheide dich mit Begründung
Alice Cooper Vs Ozzy Osbourne:
Tim: Alice Cooper – bessere Musik (Ozzy ohne Black Sabbath hat bei mir irgendwie nie gezündet).

Wacken Vs. Rock am Ring:
Tim: Wacken! Einfach aus Liebe.

Rolling Stone Vs. Beatles:
Tim: Stones, weil ich die späten Beatles kaum ertrage und die Stones auch 2020 noch einen Hit abliefern können.

Tom Vs. Jerry:
Tim: Jerry, weil Tom einfach zu dusselig ist.

Festival Vs. Clubshow:
Tim: Festival, weil ich gerne an der frischen Luft bin.

Comic Vs. Biografie:
Tim: Comic, weil man damit auch Biografien erzählen kann.

Werner Vs. Holgi:
Tim: Menschlich mag ich beide wirklich sehr, aber wenn’s um ein Rennen geht, bin ich beim Eigenbau – also Werner.

Wir bedanken uns bei dir für die Zeit, die du dir genommen hast? Natürlich gehören die letzten Worte Dir. Also los :)…
Tim: Vielen Dank! Ich freue mich wirklich sehr über eure Interesse und bin ganz baff wie akribisch ihr meine Spuren verfolgt habt.

Tatsächlich haben wir uns sehr gefreut, dass die Tim sich die Zeit genommen hat. Ein Mensch, der viel erlebt hat und mit Spaß an der Sache ist. Sehr empfehlen wir an dieser Stelle einfach mal vorbeizuschauen. Unter www.timeckhorst.com findet man einen kleinen Einblick und eine Vielzahl an Ideen sowie herausragenden Referenzen.
Viel Spaß dabei.

Interview von Thorsten im Oktober 2021

Dieser Artikel wurde am: 14. Januar 2022 veröffentlicht.

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