Mit „Haunted“ erscheint am 12.06.2020 das neue Album der Horror-Punkband The Other. Wir haben uns mit der Band über die neuen Songs, die Arbeiten daran und weitere Themen unterhalten. Auch eine kleine Verwechslung hat sich mit eingeschlichen. Viel Spaß mit dem Interview!
Hey ihr Lieben von The Other. Schön, dass ihr euch die Zeit fürs Tough Magazine nimmt. Wobei erwischen wir euch gerade?
The Other: Es ist 8:37 am Morgen und ich gehe sofort nach diesen Antworten ins Bett, da sie Sonne schon hoch am Himmel steht. Spaß beiseite…mitten in der Albumpromo, im Videoschnitt, in den Vorbereitungen für unser Streamings-Konzert, in der Trauer, dass keine Festivalsaison vor der Tür steht.
„Haunted“ ist fertig aufgenommen. Die CD ist ausgeliefert. Wie zufrieden seid ihr selbst mit dem Ergebnis?
The Other: Sehr zufrieden, wir glauben, dass wir ein wirklich rundes, kompaktes, stringentes Album aufgenommen haben, das unsere Melodie und Düsternis gleichwertig zeigt und trotzdem verdammt Arsch tritt. Musikalisch sicher unsere beste Leistung.
Wie haben Familien, Freunde die Scheibe aufgenommen? Sicher habt ihr schon einigen Leuten die Songs vorgespielt?
The Other: Bisher haben wenige Menschen das Album gehört, aber die bisherigen beiden Vorabsingles kamen sehr gut an. Erste Reviews trudeln ein und die sind hervorragend. Ich glaube, die Menschen merken, dass „Haunted“ etwas ganz Besonderes geworden ist.
In den letzten Jahren ist auch bei euch einiges passiert. Auch Besetzungswechsel. Wie schaut die aktuelle The Other Formation aus?
The Other: Glücklicherweise war der vergangene Wechsel ein Rückschritt im positiven Sinne. Aaron Torn ist wieder zur Band gestoßen. Er sieht zwar etwas anders aus, ist aber ansonsten ganz der Alte. Als studierter Bassist, Sänger und Frauenliebling ist er bei uns perfekt aufgehoben.
Bestimmt hat sich das auch im Songwriting niedergeschlagen. Beschreibt was bei der Aufnahme dieser Platte anders war als bei den Platten zuvor.
The Other: Wir haben erstmals verstärkt Ideen zuhause vorbereitet, digital aufgenommen, hin und her geschickt und dann im Proberaum schon eine sehr gute Basis zu jedem Stück gehabt. Wir haben uns auch mindestens einmal pro Woche getroffen, um die Songs auszuarbeiten und hatten dabei immer einen bestimmten Sound im Kopf, dem wir jeden Track anpassen wollten. Der rote Faden – „wie wollen wir klingen?“ – war also diesmal zuerst da. Und das hat sehr gut funktioniert.
Ihr kommt aus Düsseldorf. Düsseldorf ist bekannt für viele Punk-Bands. Wie fühlt man sich als Horror-Punk-Band in der Punk Hochburg Düsseldorf?
The Other: Da wir aus Köln kommen, ist das Interview hiermit vorbei. Aber mal im Ernst, wir kommen aus Köln, Leverkusen, Leichlingen und Remscheid und proben in Leichlingen. Immerhin habe ich in Düsseldorf studiert und wir spielen da manchmal, so dass wir uns auch in der Landeshauptstadt nicht fremd fühlen. Und in der Tat hat sie eine tolle Punk-Tradition, im Gegensatz zur Domstadt.
Spricht man über Horror Punk an so fällt oft der Name Misfits. wie seht ihr euch denn im Vergleich zu den Misfits?
The Other: Natürlich ist der Sound der Misfits auch die Basis speziell unserer ersten zwei Alben. Doch wir haben eben nicht mehr 2006, sondern 2020. Wir klingen wie The Other eben klingen. Natürlich sind noch ein paar Wurzeln da: die Horror-Themen, die catchy-Refrains, die düstere Atmosphäre. Und natürlich ist es noch Horror Punk oder Horror Rock. Aber eigentlich sind wir schon längst ein ganz eigenständiges Monster und brauchen wirklich nicht mehr mit den Misfits in einen Topf geworfen werden. Tobia Forge von Ghost sagte mal „Früher haben uns die Leute angefeindet, weil wir wie Mercyful Fate klingen, heute feinden sie uns an, weil wir nicht mehr wie Mercyful Fate klingen.“ Ähnlich sehen es auch manche Kritiker bei uns.
Das verwunschene Haus auf dem Cover der neuen CD hat sicherlich eine Bedeutung für euch. Was ist die Geschichte hinter diesem Haus?
The Other: Die Inspiration kam durch das Buch „Kill Creek“ von Scott Thomas. Einer der besten Horror-Romane der letzten Jahre. Er hat so ein stilvolles Haus auf dem Cover, so etwas in der Art schwebte uns auch vor. Wir haben es dann anders umgesetzt und wollten es vielschichtiger haben. Der Totenkopf als Teil des Gebäudes soll darstellen, dass das Haus wie heimgesuchter Kopf oder ein Gehirn ist, in dem sich dunkle Gedanken in den vielen Ecken des Geistes bzw. der Räume tummeln. Auch wir als Bandmitglieder spuken da rum. Das Cover funktioniert als klassisches Horrormotiv aber auch als Metapher für den Zustand der Gesellschaft, gerade jetzt in der Krise, wo gefühlt immer mehr Menschen „besessen“ sind.
Steht das Haus etwa in Düsseldorf oder in Köln?
The Other: In Köln gibt es mit dem „Haus Fühlingen“ in der Tat ein Spukhaus. Aber es ist leider nicht so schick, wie das auf unserem Cover. Das Coverhaus erinnert mich aber sehr an ein Gebäude, das in einem kleinen Waldstück in Webster, New York stand, und in dem angeblich Satansmessen abgehalten wurden. Ich habe mein 11. Schuljahr dort in der Nähe verbracht und natürlich sind wir ein paar mal dran vorbei gefahren, trauten uns aber nicht, aus dem Auto auszusteigen… Es war so heruntergekommen, groß und monströs und voller Pentagramme und umgedrehter Kreuze, die Kids draufgemalt haben…
Kommen wir zum Album. Die Songs sind sehr vielfältig und gehen stark nach vorne. Wie (und mit welchem Hintergrund) sind die Songs entstanden? Stand der Begriff „Konzeptalbum“ im Raum?
The Other: Ja, der Begriff stand im Raum, denn ganz zu Beginn war mal die Idee da, ein Album über lokale, gruselige Sagen zu schreiben, wie dem Werwolf von Bedburg, dem wir mit unserem Vorgänger-Album ein Denkmal gesetzt haben. Jetzt geht es stattdessen um Heimsuchungen. Die meiner Gedanken, die von anderen Menschen und natürlich die in klassischen Gruselgeschichten. Ein richtiges Konzept steckt speziell in der Musik, die – wo schon erwähnt – unsere Trademarks in jedem Song aufweisen soll.
Schon die Single „We‘re All Dead“ überzeigt. Wie schnell stand die Entscheidung diesen Song als Single zu nehmen?
The Other: Erst, als wir die finalen Mixe hatten. We’re all dead klang nun noch stärker, als wir dachten und hat sich als Song entpuppt, der sowohl nach Old School The Other klingt, aber eben auch spielerisch hochwertig ist und dazu noch zum Mitgrölen einlädt. Er stellt irgendwie die Essenz unseres Sounds da und war daher die perfekte Wahl
Auch „On my Skin“ bleibt im Ohr. Welche Geschichte erzählt uns dieser Song?
The Other: Ich trage eigentlich nur schwarze Kleidung, weil ich es mag. Aber sie kann eben auch ein Statement sein. Schwarz trägt man zu Beerdigungen, zu einem traurigen Anlass. Die Farbe der Kleidung kann Ausdruck des inneren Zustandes sein. Der Satz „I wear my heart on my sleeve“ ist quasi der Leitsatz des Songs, er bedeutet, dass man auch nach außen hin zeigt, wie man sich fühlt. Im Song trage ich den Tod auf der Haut.
„To Hell and Back“ ist natürlich ein Ausrufezeichen. Mit wem würdet ihr denn zur Hölle und zurück gehen wollen? Wem ist das Stück gewidmet?
The Other: Es ist ein Song für jede und jeden, der die geliebte Person verloren hat und alles tun würde, um sie zurück zu bekommen. Eigentlich war der Song für unser im September erscheinendes Hörspiel geplant – für das wir einige Prominente wie Mark Benecke, Mille Petrozza, Wolfang Hohlbein, Michael Rhein, Joachim Witt, Conny Dachs oder Anna R. gewinnen konnten – aber dann änderte sich die Story und er passte nicht mehr dazu. Aber natürlich funktioniert er auch allein und zeigt, wie eine gescheiterte Liebe das Leben beeinflussen kann. Die Person ist einfach weg… selbst der Weg in die Hölle und zurück bringt dann meist nichts mehr. Vielleicht fungiert die Hölle hier aber als reinigendes Feuer und macht einen Neuanfang möglich.
Auf der CD ist auch ein deutschsprachiger Song. Könntet ihr euch vorstellen, eine CD komplett mit deutschen Songs aufzunehmen?
The Other: Ja, wir haben oft darüber nachgedacht, denn auch unsere Fans von USA bis Russland stehen auf die deutschen Stücke. Sicher haben Rammstein ein großes Stück dazu beigetragen, dass die deutsche Sprache in harter Musik international so populär ist. Leider aber kann man auf Deutsch manchmal nicht so schön mit Grusel-Klischees spielen, so dass das Texten eine noch größere Herausforderung ist. Irgendwann möchte ich mich dieser stellen.
Mit „The Silence After The First Snow“ und einem großen Ohrwurm endet eure neue CD. Beschreibt die Entstehungsgeschichte des Songs. Welche Geschichte liegt hinter dem Text?
The Other: Der Songtitel ist eine Zeile aus einem Roman. Ich hatte sie mir in mein Merk-Büchlein notiert, aber leider vergessen aufzuschreiben, welches Buch es war und auch einen Kontext hatte ich nicht mehr. Es könnte das großartige „Snowblind“ von Christopher Golden gewesen sein. Interpretiert habe ich die Zeile so, dass der Schnee einfach alles verdeckt. Blut, Körper, Erinnerungen. Der Tag nach dem ersten Schnee ist, als wäre die Welt eine ganz andere. Frisch und jungfräulich. Keine Spur von Sünde. Auch nicht von denen der letzten Nacht.
Könntet ihr euch auch vorstellen eine Cover CD aufzunehmen? Falls ja welche Songs wären es würdig in den The Other Stil gespielt zu werden?
The Other: Wir haben oft darüber gesprochen und das bei unseren Unplugged Shows auch schon getan. Dort haben wir aber Song genommen, die Leute kannten, z.B. von Die Ärzte, Iron Maiden, Ramones, KISS, Rocky Horror Picture Show, Bad Religion. Wenn es ein Album gäbe, dann wohl mit Konzept. Eine Art Horror Rock History vielleicht, von Screaming Jay Hawkins bis zu Alice Cooper.
Man sagt oft nach der CD ist vor der Tour jetzt war die Corona Krise. Wie sieht es denn mit eurer Tour aus? Habt ihr eure Planung verschoben oder was habt ihr vor?
The Other: Am 12.6. spielen wir eine Streaming Show aus dem legendären Luxor in Köln, die auf dringeblieben.de zu sehen sein wird. Alles andere ist verschoben, wir haben nur noch leise Hoffnung, unsere eigene Halloweenshow noch retten zu können. Leider können auch die angefragten Bands nichts planen, so dass wir mitten im luftleeren Raum stecken. Unsere Oktobertour ist bereits auf Oktober nächsten Jahres verschoben. Irgendwann möchten wir auch wieder in die USA oder erstmals nach Brasilien wo wir viele, viele Fans haben.
Welche Absage hat euch am meisten getroffen?
The Other: Wacken und Summer Breeze, ganz klar. Als Band und Privat. Wir hoffen nun auf 2021, aber das ist halt alles auch noch soooo verdammt lang hin. Wenigstens haben wir unser Album zu promoten, sonst wer es ein komplett verschenktes Jahr.
Welche Reaktion auf die Absagen hat euch am meisten erfreut?
The Other: Dass die Fans uns unterstützen möchten. Wir haben ja aktuell auch wirklich keine Einkünfte aus Konzerten, finanzieren jetzt alles privat und MÜSSEN Merch und Alben verkaufen. Sonst wird es schwer. Also bitte: Helft uns und kauft „Haunted“ auf CD oder LP, streamt es die ganze Nacht durch und kauft euch noch ein Shirt oder nen Hoodie mit dem geilen Coverartwork drauf.
Im Pitcher in Düsseldorf wolltet ihr ein kleines Unplugged Konzert spielen. Horror Punk unplugged wie können wir uns das vorstellen?The Other:
The Other: Es gibt viele Videos dazu auf www.youtube.com/theotherhorrorpunk. Wir haben das ja jetzt schon zwei mal gemacht. Es klappt hervorragend, da sich unsere Songs oft gut so reduziert umsetzen lassen. Die Leute lieben es und wir auch.
Könntet ihr euch grundsätzlich auch mal vorstellen, eine Unplugged-CD zu veröffentlichen?
Wenn wir irgendwann mal 100.000 der normalen Alben verkauft haben, ja. Da ist die Zielgruppe deutlich größer würde ich sagen. Am man sollte nie nie sagen.
Was bedeuten euch die folgenden Begriffe?
Horror Punk
The Other: Ich denke mein Name ist untrennbar damit verbunden, genau wie mein Leben
Punkrock
The Other: Emotionen, Leidenschaft, Aussage. Punkrock war für mich entscheidend für eine neue Sichtweise auf harte Musik, Politik und Gesellschaft
Musik Business
The Other: Es ist ein Business für große Bands und ein Überlebenskampf für kleinere.
Fans
The Other: Der Grund, warum wir weiterhin das machen, was wir machen
Corona
The Other: Der große Tritt in die Eier, gleichzeitig aber privat auch eine gewisse Entschleunigung
Online-Magazine
The Other: Wer ist denn heute nicht online? Ich habe übrigens schon Mitte der 90er für eines der ersten Musik-Online-Mags geschrieben, discover.de
Print-Magazine
The Other: Ich hab das Rock Hard im Abo, schreibe für Virus und manchmal für den Sonic Seducer, kaufe mir den Metal Hammer oder mal die Crime und liebe das Rue Morgue (Canada). Ich bin da wohl Old School
Familie
The Other: Rückhalt, Heimkehr, beste Erinnerungen, wichtigster Bezug
Bitte vervollständige die folgenden Sätze.
Rod Usher wird Bundeskanzler, denn…
The Other: …das Böse sieht immer.
In der ersten Liga…
The Other: …wird Borussia Mönchengladbach irgendwann wieder den Titel holen.
Der Pitcher in Düsseldorf wird…
The Other: …auch international als das deutsche CBGBs berühmt.
Ein weiteres The Other Comic könnte…
The Other: …ich mir sehr gut vorstellen.
The Other verkaufen kein „The Other Bier“,…
The Other: …würden aber gerne von Schreckenskammer Kölsch gesponsert werden.
Vielen Dank für das Interview die letzten Worte gehören euch!
The Other: Wenn wir nicht sterben, überleben wir das hier! Und mit „Haunted“ gibt’s den Soundtrack dazu. Hört mal rein, wir haben auch ein paar schöne Videos gemacht.Danke für die Unterstützung.
Interview von Thorsten im Mai 2020
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