„Steig ein in den Delorean“: Rebell Bagatell im Interview

Wien, Simmering. 2021. Im Heimatbezirk der österreichischen Spaß-Punk Band „Turbobier“ startet 2016 „Rebell Bagatell“. Die Band in klassischer Besetzung (Vocals, 2x Gitarre, Bass & Drums) haben bisher weitestgehend lokale Konzerte in Österreich gespielt. Mit ihrem ersten Tonträger sind sie bereit vom Deutschpunk-affinen-Publikum auch über die Landesgrenzen hinweg entdeckt zu werden. Zu diesem Zweck, nämlich dem Kennenlernen, haben wir uns mit dem Gitarristen Niki Herret zusammengesetzt und folgende Fragen gestellt.

Zum Einstieg eine allgemeine Frage: Wie würdet ihr Rebell Bagatell jemandem beschreiben, der Euch nicht kennt?
Niki: Wir machen Rockmusik oder Punkmusik mit deutschsprachigen Texten. Wenn man mich fragt, würde ich uns mit die Ärzte vergleichen, nur weniger bekannt. Aber das ist eigentlich eh schon ein super großspuriger Vergleich. Wir sehen uns auf jeden Fall in der Tradition des deutschsprachigen Punk Rock, wie in den letzten Jahren von Itchy, den Donots oder Madsen produziert.

Euer neues Album heißt „Delorean“ und das Titellied zitiert aus „Zurück in die Zukunft“, ein anderes aus „Mars Attacks“. Welchen Bezug habt ihr zu Filmen aus den 80ern und 90ern?
Niki: Es hat viel mit Nostalgie oder einem Gefühl von Nostalgie zu tun, das man immer öfter hat, wenn man älter wird. Einige Filme und Musik haben einfach Einfluss auf uns gehabt und werden von uns bei Proben oder wenn wir zusammen sind immer wieder zitiert. Auch die Soundeffekte, wie wir sie in den Übergängen zwischen den Liedern haben – zum Beispiel von Tony Hawks Pro Skater vor „Fliegen“ – sind damit gemeint. Bei „Hilfe“ singen wir vom Angriff aus dem Weltall. Da war von Anfang an klar, dass wir gerne Soundeffekte aus „Mars Attacks“ dabei haben wollen. Nostalgie, Erinnerung an die Jugend und Eskapismus ist auf jeden Fall ein Thema, das sich durch die Songs des Albums zieht.

Eure erste Single heißt „Wir sind die Kinder“. Bei Euren Konzertvideos ist das Publikum durchaus jünger, als bei den meisten Punk Rock Konzerten in zum Beispiel Wien, wo der Altersschnitt vermutlich so um die 35 Jahre ist. Wie schafft ihr das? Und was muss passieren, damit Punk Rock auch wieder jüngeres Publikum erreicht?
Niki: Ja, das weiß ich leider auch nicht. Vor ein paar Jahren hätte ich dir das wohl besser sagen können. Da war ich noch unter zwanzig. Vermutlich rekrutiert sich unser Publikum stark aus unserem Freundeskreis sowie deren Bekannten und zum Beispiel jüngeren Geschwistern. Aber wir sprechen jetzt nicht bewusst jüngeres Publikum an, sondern erreichen vermutlich diese Altersgruppe am besten über unsere Social Media Kanäle. Wir freuen uns aber immer darüber, wenn auch ältere Besucher zu unseren Konzerten kommen.

Ihr kommt ja laut Eigenzuschreibung aus der lokalen Hardcore-Szene. Inwieweit hat Euch das beeinflusst bzw. inwiefern beeinflusst das die Musik von Rebell Bagatell?
Niki: Ja, das ist schon ein ziemlicher Sprung von 90er-Jahre Hardcore zu dem was wir jetzt machen. Einige von uns waren vor einigen Jahren in Bands wie “Won’t Step Aside”, “Nothing To Lose”, “Wolfwizard” oder „Mind Trap“ aktiv. Damals gab es eine sehr aktive, kleine Szene, die eben Hardcore-Konzerte in Simmering (Bezirk von Wien) organisiert haben. Aus diesen Bands haben sich dann später Rebell Bagatell rekrutiert und Michi, unser Sänger, hat dann irgendwann eigene deutschsprachige Lieder geschrieben und uns gefragt, ob wir die zusammen spielen und aufnehmen wollen.

Ihr seid beim Sbäm Label aus Linz in Oberösterreich untergekommen, seid ja aber in Wien beheimatet. Wie würdet ihr die Zusammenarbeit beschreiben bzw. haben sich für Euch neue Türen geöffnet dadurch, dass ihr bei Sbäm gelandet seid?
Niki: Ja, die Zusammenarbeit ist sehr gut, aber beschränkt sich derzeit leider großteils auf E-Mails aufgrund der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Wir sind einfach auf Stefan (Stefan Beham, Gründer von Sbäm Records) zugegangen mit der Bitte, ob er uns ein Design für ein Album-Cover zeichnen könnte. Und als wir dann das Album fertig hatten, haben wir uns mit den fertigen Aufnahmen nochmals gemeldet. Ich war dann 2019 auf dem Sbäm Fest in Oberösterreich und habe dort mitbekommen, wie viele Bands im Umkreis von Sbäm aktiv sind und wie familiär die Stimmung ist.
Die Zusammenarbeit hat uns auf jeden Fall Türen geöffnet und es erleichtert uns die Produktion von physischen Datenträgern, also in unserem Fall den CDs. Außerdem unterstützt Sbäm uns bei der Veröffentlichung und der Promotion. Wir sind sehr gespannt, was sich im laufenden Jahr ergeben kann. Wir freuen uns auf jeden Fall, dass wir dabei sein dürfen!

Habt ihr für 2021 Konzerte außerhalb von Wien geplant, eine längere Tour oder Konzerte in Deutschland?
Niki: Fixiert ist derzeit noch nichts, auch aufgrund der Pandemie. Wir haben einige Konzerte in Wien geplant, aber alles außerhalb von Wien ist derzeit schwierig zu organisieren. Das wird mit dem Release eines Albums sicher leichter, aber bleibt immer noch kompliziert. Im letzten Jahr hätten wir zum Beispiel als Vorband von den Mad Caddies spielen sollen. Die konnten dann aber eben leider nicht kommen. Vielleicht ergibt sich hier noch etwas, aber wie gesagt: Derzeit ist die Planung hier sehr schwierig.

Schnelle Fragen, kurze Antworten.
Ihr seid ja aus Simmering. Wenn Marco Pogo von Turbobier der „King of Simmering“ ist, wer seid ihr dann?
Niki: Wir sind die Kaiser von Simmering. Aber das ist natürlich ein wunder Punkt. Wir hadern schon damit, dass es schon eine sehr bekannte Band aus Simmering gibt. No Hard Feelings aber.

Was sollte man in Simmering kennen?
Niki: Kaiserebersdorf, das ist ein Stadtteil und die Endstation der Straßenbahn.

In „Abriss“ singt ihr vom Filmriss. Wer von Euch hatte den letzten und wann war das?
Niki: Puuh … Also seit den Lockdowns informieren wir uns nicht mehr darüber, wer wann einen Filmriss hat. Also: man weiß es eigentlich nicht voneinander.

In welchen Club in Wien würdet ihr jemanden mitnehmen, der Wien besucht?
Niki: In die Arena Wien auf jeden Fall.

Mit welcher Band würdet ihr eine Split EP aufnehmen?
Niki: Dynamo Mühlschüttel. Das ist eine lokale Punk Rock Band aus Floridsdorf (Stadtteil in Wien).

Mit welcher Band würdet ihr gern auf einem Festival spielen?
Niki: Ich würde gerne einmal als Vorgruppe für die Ärzte spielen. Das ist so das Utopischte, das ich mir vorstellen kann.

Bier, Wein, oder …?
Niki: Bier.

Wenn ihr keinen Punkrock hört, dann …?
Niki: Fetten Gangsta Rap.

Lieblingsalbum 2020?
Niki: Ich würde sagen das neue Madsen-Album „Na gut dann nicht“ oder “HELL” von Die Ärzte.

Was können wir von Euch noch erwarten? Welche Pläne habt ihr für 2021?
Niki: Erstmal jedem das Album um die Ohren klatschen. Das ist der Plan für 2021. Und dann möglichst bald Konzerte spielen, sobald das wieder möglich ist.

Vielen Dank für das Interview


Das Tough Special zu „Punk in Österreich“: Dieser Artikel ist Teil 2 einer mehrteiligen Serie über die österreichische Punk Rock Szene im Tough Magazine. Teil 1 dieser Serie findet ihr unter diesem Link.

In den nächsten Wochen und Monaten wollen wir diese mit Bandportraits und Interviews fortsetzen.

Zum Autor: Chris Camp lebt in Wien und hört Punk Rock seit 1994. Derzeit spielt er Bass bei Discorrected, plant trotz Corona-Krise das „Pirates Days – Austrian Punk Rock-Festival“ und ist Gründer von https://piratesweb.art

Dieser Artikel wurde am: 20. Januar 2021 veröffentlicht.

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