Stefan Krähe, Frontmann, Kopf und Gründer der Band SIX. Nach 25 Jahren Bandgeschichte mit SIX wagt Stefan mit Krähe den Neustart. Zur tollen, selbstbetitelten Debüt-CD, hat sich Stefan bereit erklärt, uns einige Fragen zu beantworten.
Nach 25 Jahren bei SIX folgt mit Krähe der Neustart. Wie kam es zur Auflösung von SIX und was ist neu bei Krähe?
Stefan: Das war nicht so einfach mit der Auflösung Wir haben mit SIX ca. 2700 Konzerte gespielt und in den letzten 7 Jahren 3 Alben veröffentlicht. Wir haben in den 25 Jahren als Band gut zusammen gefunden und toll musiziert und auch vor großem Publikum gespielt. Doch ist es als Coverband immer schwieriger, eigene Songs an den Start zu bringen. Eigene Songs werden bei Bands, die den Stempel „Coverband“ haben, eher weniger ernst genommen. Daher der Entschluss, mit Krähe als SIX 2.0 eigene Songs zu veröffentlichen.
Wichtig für uns war, dass wir irgendwann den Sprung machen mussten. Leute, die mehr auf Cover stehen, wären bei eigenen SIX Songs enttäuscht. Auf Festivals als Band, die als Coverband reduzierter wird, aufzutreten, ist auch schwierig, da auf den Festivals ja die Originale spielen (lacht). Von daher ein Neustart als „Krähe“, sozusagen als SIX 2.0.
SIX und die Kelly Family. Zumindest ein Teil davon Ehrlich gesagt, für mich eine seltsame Konstellation. Aber diese gab es. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit mit Angelo Kelly am Schlagzeug? Uns welchen Ehrengast würdet ihr gerne bei Krähe begrüßen?
Stefan: Als nächsten Ehrengast ganz klar Udo. Die Zusammenarbeit mit Angelo kam ein wenig durch Zufall. An unserer Geburtstagsfeier wollten wir eigentlich die Kelly Family mit ins Boot holen. Das hat nicht ganz funktioniert (u. a. wegen der Spielzeiten). Aber Angelo Kelly fand uns super und hat bei uns mitgemacht. Er ist ein super Schlagzeuger, aber nach unserem Programm war er dann doch etwas fertig (lacht). Aber ernsthaft: Einer der besten Schlagzeuger, die ich kenne. Zu Angelo. Es hat geklappt. Die Kellys hatten zum 15. Geburtstag von SIX vor uns gespielt. Angelo hat sich unser Konzert angesehen und da zu diesem Zeitpunkt unser damaliger Schlagzeuger die Band verlassen wollte, hat er sich spontan bereit erklärt bei uns mitzumachen.
Euer Album beinhaltet 12+1 Song. Erzähl uns zu Entstehungsgeschichte des Albums!
Stefan: Eigentlich waren ja bereits 4 Songs fertig für ein SIX Album. Dann kam die Auflösung der Band. Die übrigen 8 Songs wurden, auch Aufgrund des schon bekannt gegebenen Veröffentlichungsdatums, etwas schneller geschrieben auch mit dem ein oder anderen gemeinsam. Nicht alle Songs habe ich allein geschrieben.
Videogruß Krähe – Tough Magazine
Welcher Song liegt dir besonders am Herzen?
Stefan: Ich bin ein sehr politischer Mensch. Von daher muss ich auf den Song „Kein Bock“ hinweisen. Wichtig ist es, für uns zu erkennen, dass wir keine Untertanen sind. Auch „Offene Wunden“ ist ein wichtiger Song, der Gehör finden sollte. Ein Song gegen Kindesmissbrauch. Wichtig ist, dass wir erkennen, dass wir uns nicht wie Untertanen benehmen dürfen. In einer Demokratie ist das Volk der Souverän. Das müssen wir wieder zeigen.
Das Album ist stilistisch nicht ganz einfach einzuordnen. ROCK ist natürlich der Oberbegriff. Deutschrock ist derzeit ja etwas abgegriffen. Welchem Stil ordnest du denn die Krähe Songs zu?
Stefan: Ja Deutschrock. Aber was ist Deutschrock? Mein Vorbild ist eigentlich Udo. Was macht er? Swing? Gerade seine lustigen Songs? Ist das Rock? Ich lege mich da nicht wirklich fest. Wichtig ist: Musik muss berühren. Es ist nichts schlimmer als Fahrstuhlmusik.
Es muss Sinn machen, Musik zu hören, auch politische Themen aufzugreifen. Gerade gegen die Veraschung von uns Menschen. Früher hätten Udo und auch Westernhagen Songs darüber gemacht. Und heute? Wo ist der Inhalt in der Musik?
Musik muss Inhalt haben. Gerne auch politisch sein. Die heutige Politik, die Herrschaft des Geldes anprangern. Aber zurück zum Musikstil. Also ich mache Rock Musik mit deutschen Texten. Ja.
Im Song „Ich brauche keinen Gott“ singst du das „Liebe stärker ist als Bomben und Hass“. Reicht die Liebe alleine, um das Elend in der Welt zu besiegen?
Stefan: In dem Song möchte ich den Missbrauch von Religionen anprangern. In dem Song will ich unter anderem ausdrücken, dass es keinen Sinn macht, Anschläge wegen irgendwelchen Religion auszuüben. Wozu das? Also Ich muss mich nicht wegen Gott in die Luft sprengen. Ganz und gar nicht…zudem bin ich ein atheistischer Mensch und auch deshalb brauche ich keinen Gott.
Krähe – Ich brauche keinen Gott
In „Kein Bock“ heißt es „Kein Bock auf falsche Freunde, dann lieber echte Feinde“ Eine starke Aussage. Wie kam es zu dem Song und was unterscheidet, deiner Meinung nach, einen falschen Freund von einem echten Feind?
Stefan: Wichtig für die Leser ist es, sich hier auch das Video anzusehen. Es geht hier um Scheinmoral. Kriege verurteilen aber Waffen liefern. Das passt alles nicht zusammen. Es reicht nicht, nur zu reden. Wir müssen was tun und nicht nur den Bachlor kucken.
Ein ganz besonderer und wunderbarer Song ist „Mein Sohn“. Wie ist dieser entstanden und wie waren die Reaktionen bisher aus der Familie, von Freunden und von Fans auf diesen Song?
Stefan: Es gibt ja viele Songs über Kinder und auch Söhne. Mir war das wichtig. Ich selbst bin ohne Vater aufgewachsen und vielleicht bin ich deswegen jetzt ein Übervater. Aber die Kindheit prägt Menschen und das ist mir wichtig. Ich bin alleinerziehender Vater und ja, mein Sohn ist mir wichtig.
Der Song „Ich bin raus“ ist von der Melodie her sehr optimistisch. Ist Aussteigen aus dem System wirklich so optimistisch, oder brauchen wir doch alle irgendwie das Hamsterrad, das im Song verlassen wird?
Stefan: Ja das Hamsterrad (lacht) Das sieht ja von innen aus wie `ne Leiter. Wenn man da drin ist, meint man, es geht ständig nach oben. Ist aber nicht so. Man tritt auf der Stelle. Zum Teil ohne es zu merken und vor allem ohne weiter zu kommen. Mir ist das Leben zu wichtig, um in einem Hamsterrad zu laufen. Wir haben nur ein Leben und gerade deshalb müssen wir raus aus dem Hamsterrad, um die Welt von außen zu sehen.
Krähe – Mein Sohn
Mit SIX habt ihr teilweise mehrere Stunden gespielt und danach noch Autogramme gegeben. Wie wird sich Krähe live präsentieren. Nur Krähe Songs, oder gibt es auch SIX Klassiker zum Hören?
Stefan: Ja klar, wir schon erwähnt, ist Krähe ja quasi SIX 2.0. Eigene SIX Songs werden natürlich noch gespielt. Schließlich spielen wir ja auch bis zu drei Stunden. Und wenn, Publikum und Band, alle Spaß haben, sind drei Stunden auch super in Ordnung. Solange der Spaß dabei ist, wird dies auch nicht anstrengend. Bei unplugged Konzerten ist neben den Songs auch öfters noch Gequatsche mit dem Publikum dabei, was allen großen Spaß bereitet.
Was erwartet ihr von den bevorstehenden Konzerten. Ist bei solch einer Bühenerfahrung eigentlich noch Lampenfieber zu spüren?
Stefan: Ein klares JEIN. Es ist für mich ja auch ein neues Programm, was natürlich ein wenig nervös macht. Aber nicht so sehr spürbar. Wirkliches Lampenfieber hatte ich beim Auftritt mit dem Symphonieorchester. Auch haben wir mal mit Carlos Santa gespielt, was mich ein wenig nervös gemacht hat. Doch sobald ich dann das Mikro in der Hand halte, ist das Lampenfieber weg und das ist auch gut so.
Die Tour ist bereits gebucht. Mit welchen Bands würdet ihr gerne auftreten?
Stefan: Ganz klar, mit Bands die ein Aussage haben. Udo, Westernhagen, BAP aber auch Fury in the Slaughterhause zähle ich dazu. Wirtz gefällt mir persönlich auch sehr gut. Das sind so Bands, mit denen ich gerne zusammenspielen möchte.
Krähe – Ehre wem Ehre gebührt
Was bedeuten dir die folgenden Worte:
Deutschrock:
Stefan: Ui. Schwieriges Thema. Es gibt da Bands, bei denen 1000 Menschen hinrennen und ich verstehe das nicht. Der Deutschrock Begriff ist auch irgendwie reserviert für Bands wie die Onkelz, Krawallbrüder etc…aber ja, wir machen Rock mit deutschen Texten. Als Beispiel: Der Song „Ehre wem Ehre gebührt“. Er tritt etwas aus dem Album heraus, weil es ein Fußballsong ist Und Fußballsongs müssen halt anders ein. Die funktionieren einfach anders. Das hat der Typ von Oasis mit Wonderwall auch nie verstanden.
Aber OK. Zurück zum Deutschrock. Muss ich nicht haben und auch Deutschrockfestivals muss ich nicht haben. Und zu unserer Musik: Ja, wir machen Rockmusik und singen deutsch. Ich denke, das was wir machen braucht keinen neuen Namen. Wir machen Deutschrock.
Bedrohte Vogelarten:
Stefan: (Lacht) Ja, bedrohte Vogelarten. (lacht wieder) Also zumindest ist die Krähe ein sehr cleveres Tier und auch ein durchweg intelligentes Tier. So intelligent, dass sie sich Werkzeuge baut, um ans Futter heranzukommen. Und deshalb habe ich keine Angst, dass die Krähe bedroht ist oder jemals bedroht sein wird.
Charts:
Stefan: Oje, die Charts. Gerade da hatten wir mit SIX hier und da Streitgespräch. Ob wir die CDs nur bei amazon verkaufen sollen, um dann eine Chance zu haben, in die Charts zu kommen. Oder lieber die Sachen selber verkaufen.
Ganz ehrlich: Mir ist das egal. Ich spiele gerne vor 200-300 Leuten. Das reicht mir und die Charts – nee, muss nicht sein.
Natürlich möchte man ,das die eigene Musik von vielen Menschen gehört wird, aber: Durch Ruhm und Bekanntheitsgrad kommen auch automatisch viele Nachteile mit. Denn ab einem gewissen Bekanntheitsgrad ist es sehr schwierig, noch unerkannt raus zu gehen. Wir haben nur ein Leben und da ist die Privatsphäre wichtig.
DIY:
Stefan: Genau meins. In der Musikbranche gibt es leider Leute, die viel reden aber nicht viel machen. Daher mache ich viele Sachen lieber selbst, wenn auch in kleinerem Rahmen. Es ist für mich besser, mein eigener Herr zu sein.
Ich würde aber gerne mit Leuten aus der Musikbranche zusammenarbeiten, wenn ich wieder auf Leute treffen, die noch Gänsehaut bekommen, wenn sie Musik hören. Bei den meisten geht nur der Taschenrechner an.
Rock n Roll ist…:
Stefan: Nicht mehr das was es früher einmal war. Heute nicht mehr Sex, Drugs, Rock n Roll, sondern eher Joghurt, alkoholfreies Bier und Sport. Vielleicht hätte ich besser in den 70ern Musik gemacht und nicht heute wo jeder Schlagersänger sagt, wie sehr seine Musik „rockt“.
Lieber Stefan, Vielen Dank für dieses nette und angenehme Interview!
Tough Tipp: CD-Review „Krähe – Krähe“
Interview von Thorsten im Mai 2018
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