„In den Wirren einer Nacht“ – Das Album von Blenden habe ich nun vor einigen Tagen zur Review bekommen und auch wenn diese Review lange geschrieben ist, werde ich es nicht leid, mir die neue CD von Blenden anzuhören. Einfach ne Platte, die ich noch lange hören werden. Um so mehr habe ich mich gefreut, dass die Jungs von Blenden uns für einige Fragen zur Verfügung standen.
Liebe BLENDEN, danke dass ihr euch die Zeit für uns nehmt. Wobei erwischen wir euch gerade?
Thorsten: Gerade haben wir das Video zu „Konflikt“ auf unseren YouTube-Kanal geladen und auf Freitag 10Uhr terminiert. Wir sind sehr gespannt, wie die Resonanz dazu sein wird. Gerade bei Videos haben wir schon beide Extreme erlebt: Das Video zu „Für immer“ wurde unglaublich, vor allem in der ersten Zeit, geklickt, obwohl wir ja zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt waren. Irgendwie scheint es genau zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Leute gekommen zu sein. Wie auch zu Alex Schwers, der uns daraufhin zu seinem Ruhrpott Rodeo eingeladen hat. Unser zweites Video zu „Flimmern“ ist tatsächlich völlig unter gegangen. Kein Mensch weiß warum! Ich hatte ganz vergessen, wie viel Arbeit es eigentlich ist, ein Album (vernünftig!) raus zu bringen. Fratz von „Hulk Räckorz“ ist da auch sehr gewissenhaft und wir sind froh, so jemanden gefunden zu haben, der uns professionell dabei begleitet. Die Aufnahme war ja im Februar bei Kurt Ebelhäuser im Studio 45. Das war eigentlich noch der kleinste Aufwand, da wir das Glück hatten, gut vorbereitet zu sein und auch schon wussten wie Kurt arbeitet. Außerdem macht es Spaß im Studio zu sein! Aber jetzt das ganze Artworkmachen, Koordinieren, Werbung, Internetauftritt, Finanzen, Merch… das ist echt noch mal anstrengend – vor allem, wenn man alles so nebenbei macht!
Mathias: Zum Glück haben wir bei diesen ganzen Sachen aber auch immer mal wieder sachverständige Unterstützung z.B. durch unseren guten Freund Tobi Weil von johnhubertus, der das Artwork für unser Album gemacht hat oder Marco (MAWES Media) der unser Konflikt-Video gemacht hat.
Viele Musikfreunde kennen Thorsten sicher noch von DDP (Der dicke Polizist). Seit so lieb und stellt uns Blenden kurz vor.
Thorsten: Blenden gibt es seit ungefähr 2 Jahren. Ich arbeite ja mit Mathias zusammen und wir haben damals ab und zu nach der Arbeit mit Akkustikgitarren Songs rumgeklimpert, die ich in meiner aktiven DDP-Zeit geschrieben hatte, aber irgendwie anders waren und nicht so recht zu DDP passten. Irgendwann meinte Mathias zu mir, ich solle doch mal mit in den ORT (Proberaumgemeinschaft) kommen. Da hängen immer Leute rum, die Bock auf Musikmachen haben. Und eben genau diese Menschen, die heute Blenden sind, fand ich vor. Mein alter Freund Andi und damaliger Schlagzeuger meiner ersten Band „Kraut & Rüben“ kam als Schlagzeuger dazu. Im Prinzip ist da Blenden geboren wurden und diesen Songs wurde eine Bandebene verpasst. Sehr schnell kamen Songideen von Tobias, Mathias und Philipp hinzu und wir hatten bald Lieder zusammen, die wir dann auch im November 2017 schon bei Kurt aufnehmen durften und aus denen dann später die EP wurde.
Was ist der Unterschied und wo sind die Gemeinsamkeiten von Blenden und DDP?
Tobias: Ich glaube das gemeinsame ist, dass Thorsten in beiden Bands spielt. Ansonsten finde ich, dass sich DDP und Blenden musikalisch soweit unterscheiden, dass man sich da gar nicht in die Quere kommt. Wir haben mit Blenden gemeinsam einen Stil entwickeln, der sicherlich Anleihen zu DDP hat, aber auch zu den anderen Bands und Projekten in denen wir alle die letzten Jahre über Musik gemacht haben.
Mit „In den Wirren einer Nacht“ habt ihr ein tolles Album abgeliefert. Wie fühlt ihr euch so kurz vor Release? Aufgeregt?
Philipp: Ja, irgendwie schon auch aufgeregt und gespannt, wie es den Leuten so gefällt. Aber auch irgendwie erleichtert, dass es jetzt soweit ist. Die Aufnahmen liegen ja schon ein gutes halbes Jahr zurück.
Mit einem neuen Album kommen auch immer Review-Anfragen. Wie wichtig sind dir die Meinung von Presse aber auch von Familie und Freunden? Welche Stimmen sind dir hier die wertvollsten?
Philipp: Hmm. Schwer zu sagen. Beim Schreiben von Songs haben die Meinungen Anderer für mich eigentlich kaum Bedeutung. Das ist ja ein künstlerischer Schaffensprozess, der nicht unbedingt kalkulier- oder steuerbar ist. Da sind wir als Band unser eigenes Wertesystem. Es freut mich aber zu hören, wenn Anderen unsere Musik gefällt. Bei Familie und Freunden muss man immer sehr genau hinhören, da die einem zumeist per se sehr wohlgesonnen sind. Positive Pressekritiken haben den Effekt, dass Leser sich möglicherweise ein Album kaufen, oder zumindest mal rein hören. Insofern ist das dann natürlich wertvoll für uns. Sehr negative Kritik ist uns bislang zum Glück erspart geblieben. Keine Ahnung, wie sich das dann anfühlt. Bestimmt nicht gut.
Thorsten: Die Meinung von Familie und Freunden ist auch mir stets wichtig gewesen. Die meisten kennen mich ja nicht anders, als den musikmachenden Menschen, der auch seit 25 Jahren sehr viel Zeit und Herzblut darein steckt. Manchmal denke ich, mein privates Umfeld hält mich für einen Spinner, der immer noch alten Träumen hinterherrennt, endlich mit seiner Kunst berühmt zu werden. Dies ist zwar schon lange nicht mehr so, aber nicht desto trotz tut es ungemein gut, wenn sein Schaffen gelobt wird und Anklang findet. Schließlich zerbricht man sich stundenlang den Kopf darüber und schließt sich mit den anderen Musikern zusammen um zu guten Ergebnissen zu kommen. Es würde mir sehr schwer fallen, diesen kreativen Output nicht mehr zu haben. Das wirklich Schöne an Blenden ist, dass wir alle um unser Alter wissen und niemand mehr so naiv ist, an den großen Durchbruch zu denken. Wir sind mittlerweile gute Freunde, eine Gang, die sich regelmäßig und ambitioniert zum Musikmachen treffen. Voll gut!
Mathias: Also es ist so ein bisschen ambivalent: Auf der einen Seite sind wir Fünf uns ja schon mal ziemlich einig, dass das Album gut geworden ist und auch die ersten Rückmeldungen unserer engeren Freunde und Familien sind durchweg positiv gewesen, wobei es natürlich häufig so ist, wie Philipp bereits erwähnte, die sind uns wohlgesonnen. Auf der anderen Seite tragen wir jede Menge Herzblut und Arbeit nun nach Draußen und wünschen uns natürlich, dass unsere Illusionen eines guten Albums nicht zerstört werden, sondern es auch beim Hörer gut ankommt.
„In den Wirren einer Nacht“: Schon der Titel erzeugt Neugierde. Was ist der Hintergrund dieses verwirrenden Albumtitels?
Philipp: Erst mal ist das auch der Name des ersten Songs auf der Platte. Und irgendwie haben wir festgestellt, dass dieser Song die Themen, die später auf der Platte auftauchen, schon anspricht, und wie eine Art Inhaltsangabe wirkt. Da war es naheliegend, das auch als Albumtitel zu verwenden.
Tobias: In den Wirren einer Nacht beschreibt für mich ganz passend die Vielzahl an Möglichkeiten und Irrungen und Wirrungen, die in einer Nacht so passieren können. Und davon handeln dann eben die anderen Lieder auf der Platte.
Auch das Cover wurde passend gewählt. Gibt es eine Geschichte zu dem Haus?
Philipp: Das Haus hat Sebastian Lang, ein Freund von uns, im Rahmen einer Abschlussarbeit fotografiert. Es steht in Haßloch in der Pfalz. Haßloch wurde von der Gesellschaft für Konsumforschung als bundesdeutsche Norm deklariert. Vor diesem Hintergrund ist es umso interessanter, dass einem dieses Haus beim Betrachten einfach keine Ruhe lässt.
Die Songs sind, so wie ihr es auf eurer Facebook-Seite beschreibt: “Keine Angst vor Energie, keine Angst vor Ruhe, keine Angst vor Krach, keine Angst vor Melodien“. Keine Angst hat ja was von Mut. Seht ihr euch als mutige oder auch als mutmachende Band?
Philipp: Da gibt es ja dann noch den Zusatz „Angst bereiten uns andere Dinge. Das steht in unseren Texten.“ Textlich gesehen weiß ich darum gar nicht unbedingt, ob wir wirklich als mutmachende Band herhalten könnten…
Tobias: Ja, da geht es ja eher um die schwierigen Momente, Tragik und auch mal Herzschmerz. Wobei ich finde, dass wir meistens noch die Kurve zum mutmachenden Teil kriegen. Musikalisch gesehen haben wir einfach keine Angst davor das zu machen worauf wir Lust haben. Wir fühlen uns keinem Genre und keiner Szene verpflichtet oder so. Das finde ich das Schöne an Blenden. Wir kennen uns zwar alle schon länger, teilweise fast ewig, aber sind alle musikalisch etwas unterschiedlich sozialisiert und aufgestellt. Das Zusammenzubekommen erfordert es eben, auch mal musikalisch mutige Lieder zu machen. Das ist aber eigentlich ja das Schöne am gemeinsam Musik machen – das Songs, die man in einer bestimmten Art und weise geschrieben hat, im Bandkontext ne ganz andere Richtung bekommen können.
Die erste Singe heißt „Konflikt“. Ihr singt von den „Ratten die immer weiter gehen“. Wie kam es dazu, dass ihr euch für Konflikt als erste Single entschieden habt. Für euch ein besonderer Song?
Philipp: Ich denke, dass der Song eine Energie ausstrahlt, die man beim ersten Hören erfassen kann. Darum sollte es ja auch irgendwie bei der ersten Single gehen. Wir wollen unseren Hörern nicht vorgeben, wie sie den Text in diesem Song interpretieren sollen. Wir alle kennen aber die Situation beim Familientreffen, bei der Arbeit oder sonst wo, wo man plötzlich mit rechtem Gedankengut konfrontiert wird und die Wahl hat, zwischen Harmonie oder Konflikt. Wer möchte darf sich durch diesen Song gerne dazu animiert fühlen, sich für den Konflikt zu entscheiden.
Auch „Anna“ beeindruckt, da gerade hier ein anderes Blenden nach vorne kommt. Hat „Anna“ einen persönlichen Hintergrund oder gibt es dazu eine Anekdote?
Mathias: Der Text zu Anna ist schon sehr alt und war ursprünglich auf Englisch. Irgendwie hat mich der Song aber nie wirklich losgelassen und so habe ich ihn frei übersetzt und neue Musik dazu gemacht, so dass er zu Blenden passte. Die Anna als Person gibt es so gar nicht. Der Text verarbeitet eher allgemein konfliktbehaftete Situationen einer Beziehung, die glücklicherweise nicht beendet wurde; ergänzt durch weitere persönliche Erfahrungen, aber auch ein paar Klischees. Die beschriebene Eingangssituation des Liedes ist dabei allerdings relativ konkret.
Einer meiner Lieblingssongs ist „Jetzt oder nie“. Gab es auch für euch als Band auch dieses „Jetzt oder nie“ mit der Veröffentlichung?
Philipp: Für mich eigentlich nicht. Ich mache seit ich siebzehn bin mit Freunden Musik und bin davon überzeugt, dass das auch immer so sein wird, wenn ich es nur will.
Thorsten: Das Lied „Jetzt oder nie“ ist ja eher als Rückblick zu betrachten und hat eigentlich auch was mit Lebensmotto zu tun. Jede Zeit hat ein „Jetzt oder nie“ und es war meistens auch der richtige Slogan, um Dinge im richtigen Zeitpunkt genießen zu können. Ursprünglich hieß das Lied „Voll gut“ und war textlich noch ein bisschen mehr auf missglückte Situationen bezogen, die es zu ändern richtig war. Während der Proben wurde uns aber klar, dass es mehr darum geht, in der Vergangenheit nach positiven Ankern zu schauen, die zur Veränderung führten.
Bezogen auf das Album heißt das, dass es nicht darum geht, ein perfektes Album stellvertretend für immer zu machen, sondern eben das Album dieser Zeit. Ich selber habe keine Angst davor, dass es mein letztes ist und dass die Ideen ausgehen werden.
Mathias: Für mich gibt es musikalisch gesehen eigentlich eher nur das Jetzt, weswegen mir oft das ganze Drumherum (Planen, Designen, Termine festlegen usw.) oftmals schwer fällt.
Mit „Nie wieder“ fährt ihr das Album gekonnt in den Hafen. Ein großartiger Abschluss bevor dann mit „Abschied“ das letzte Stück erklingt. Was ist euch bei „Nie wieder“ am wichtigsten und welche „Nie wieder“ sollten eurer Meinung nach immer wieder betont werden?
Philipp: Nie wieder Sellerie im Salat.
Tobias: Im Song geht es eigentlich um den Abschluss mit einer Beziehung. Nie wieder ist halt endgültig. Da kann (und sollte) es kein zurück mehr geben. Auch wenn das im Beziehungskontext auch mal schwierig sein kann.
Aber man kann das natürlich auch in eine andere Richtung denken.
Mathias: Die Frage richtet sich, so verstehe ich es zumindest, ja ganz klar auch an unsere politische Ausrichtung. Nie wieder, und da sind wir uns wohl auch einig, darf es in unserer Gesellschaft faschistoide Entwicklungen geben. Ich verstehe uns aber gar nicht als genuin politische Band. Wir haben eine politische Meinung, die wir auch nach außen vertreten, aber wir Erzählen in unseren Liedern mehr vom Leben an sich.
Tough Tipp: CD-Review „Blenden – In Den Wirren Einer Nacht“
Die Zeit nach dem Album ist bestimmt schon verplant? Einzelne Konzerte stehen schon fest. Was kommt von Blenden in der nächsten Zeit? Ist eine Tour geplant? Auf was dürfen wir uns freuen?
Philipp: Wir müssen schauen, ob es zu einer Tour kommt. Konzerte werden wir sicher einige spielen!
Thorsten: Klar Konzerte spielen wir, aber nicht so wahnsinnig viele. Eher ausgewählte und ohne Stress, vor allem ohne Zeitplan. Ich glaube wir freuen uns tatsächlich erst mal auf die Zeit danach, wenn die Arbeit erledigt ist und die Dinge ihren Lauf nehmen. Wir sind musikalisch jetzt schon sehr gut auf unsere Release-Show vorbereitet und möchten ab September wieder im Proberaum verschwinden und aufgestaute Ideen ausprobieren und uns einfach wieder musikalisch gehen lassen. So ohne Stress zu müssen oder irgendwem was beweisen zu müssen. Einfach wieder diese großartigen kreativen Momente genießen, in denen wir ausprobieren, uns aneinander reiben und vor allem miteinander eine gute Zeit haben.
Die Konzerte die anstehen. Was erwartet den Zuhörer. Das Album und eventuell auch DDP-Stücke oder eher Coverversion bzw. weitere unveröffentlichte Stücke?
Tobias: Wir sehen uns ja nicht als DDP-Nachfolger, insofern wird es da keine DDP-Stücke geben. Aber natürlich Thorsten live in Action!
Ansonsten spielen wir bestimmt das Album und die Songs der EP, vielleicht ja auch noch was Neues.
Thorsten: DDP-Stücke würden überhaupt gar nicht zu Blenden passen. Außerdem gibt es DDP ja prinzipiell noch, auch wenn wir da gerade in einer längeren Pause sind. Grundsätzlich sind wir uns mit DDP ja schon einig, dass wir irgendwann wieder ein paar Konzerte spielen. Überlegungen sind grundsätzlich da auch dort wieder aktiv zu werden. Allerdings steht für mich gerade Blenden im Vordergrund.
Was bedeuten euch die folgenden Begriffe:
Nachts
Philipp: Licht trifft auf Dunkelheit, Krach trifft auf Ruhe.
Thorsten: Der beste Zeitpunkt des Tages! Ich liebe die Nacht!
Wirrwarr
Philipp: Sehr verwirrend. Durcheinander. Gut und Schlecht.
Mathias: Oftmals positiv!
Comeback
Tobias: Es ist nie zu spät für ein Comeback.
Thorsten: Darf nicht peinlich sein!
Debüt
Mathias: Ich bin extrem gespannt!
Gastgesang
Tobias: Kann geil sein, wird aber irgendwie überschätzt.
Früher
Thorsten: Jetzt oder nie!
Philipp: Gute wie schlechte Erinnerungen erzeugen Schmerz.
Bitte entscheidet euch mit Begründung.
Fußball Vs. Stagediving
Philipp: Fußball.
Tobias: Beides Sport, beides funktioniert nur im Team, beides geil!
3 Akkorde Vs. Blenden
Thorsten: Blendensongs haben 4 Akkorde, aber nur weil es geht. Eigentlich reichen 3!
Hulk Vs. Spiderman
Tobias: Spiderman, Der ist filigraner.
Mathias: Hulk! Spiderman ist mir zu glatt!
Punkrock s. Deutschrock
Thorsten: Deutschrock ist ein No-Go! Dieses Bejammern und Gemeinsam-sind-wir stark–Ding, weil wir so missverstandene Menschen sind. Widerlich!
Philipp: Punkrock (Deutschrock hat für mich etwas sehr angestaubtes).
Kölsch Vs. Altbier
Tobias: Pils
Thorsten: Ich bin tatsächlich einer der wenigen Kölner, die in der Baustelle auf der Venloer Straße das einzige Kölner Alt bestellen!
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch.
Thorsten: Herzlichen Dank an all die Menschen, die sich mit unserer Musik beschäftigen und verstehen, dass alle Texte biografische Hintergründe haben und uns wichtig sind!
Interview von Thorsten im September 2019
Foto: R.Bremer
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