DV HVND: Die Punkrock-Band im „Bollwerk“-Interview

DV HVND! Eine Band aus Wiesbaden und ein Album im Gepäck, das den Namen „Bollwerk“ zu Recht trägt. Kurze Songs, voll auf die zwölf und Songs, die Spaß machen und im Ohr bleiben. Zu ihrem neuen Release und vielen anderen Themen durften wir den Jungs von DV HVND einige Fragen stellen.

Hey ihr Lieben. Schön, dass ihr euch die Zeit fürs Tough Magazine nimmt. Wobei erwischen wir euch gerade?
DV HVND: Ihr erwischt uns in einer schrägen Zeit würde ich sagen. Die durch das Coronavirus verursachte Krise trifft alle Gesellschaftsbereiche und während wir alle beruflich oder privat Veränderungen dadurch erfahren, ist natürlich auch die Branche des Punkrock betroffen. Für uns als Band bedeutet das, dass alle unsere Konzerte abgesagt wurden und es momentan dahingehend auch noch kein Licht am Ende des Tunnels gibt. Andererseits sind wir trotzdem durchaus aktiv: Unser neues Album kommt jetzt raus, wir haben ein Video zum Titeltrack gedreht und seit den „Lockerungen“ proben wir auch wieder. Da wir momentan nicht für Konzerte proben müssen, arbeiten wir halt an Songs für das nächste Album!

Für Leute, die euch noch nicht kennen. Beschreibt kurz wer oder was ist dieser DV HVND denn?
DV HVND: DV HVND ist eine Punkrockband aus Wiesbaden. Es gibt uns seit 2012. Wir sind zu viert. Wir spielen gerne live und haben seit unserer Gründung zwei Alben fast heimlich veröffentlicht. Obwohl wir ganz klare musikalische Einflüsse haben und das Rad sicher nicht neu erfinden, versuchen wir trotzdem etwas eigenständiges zu machen. Wenn das jetzt noch Menschen gefällt, freuen wir uns natürlich!

Seit 2012 am Start und mit einigen Bands wie Chefdenker, Kotzreiz, Nonstop Stereo, … unterwegs. Welche Bands haben euch auf euren Touren am meisten geprägt und warum?
DV HVND: Ich denke, dass wir uns ein Stück weit von fast jeder Band mit der wir spielen ein ein wenig prägen lassen, oft aus ganz verschiedenen Gründen. Zunächst ist es aber erst einmal einfach so, dass wir sowieso schon oft Fans von den Bands wie CHEFDENKER, KOTZREIZ oder NONSTOP STEREO sind. Prägend ist für uns, wenn Bands auf der Bühne Energie und Intensität ausstrahlen, FUCKING ANGRY oder LOSER YOUTH müssen wir hier erwähnen, aber auch NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN oder STATUES ON FIRE. Alles saugute Bands.

Und mit welchen Bands würdet ihr gerne mal die Bühne teilen?
DV HVND: FAHNENFLUCHT. Wir haben schon mal mit denen gespielt und sind auch Fans von denen. Ansonsten spielen wir immer gerne mit alten Bekannten wie den DIE DORKS. Ich würde auch voll gerne mal mit BILDUNGSLÜCKE spielen, kommen die nicht auch aus Wiesbaden? Ich bin gar nicht sicher wie aktiv die zur Zeit sind…Und E-ALDI! E-Aldi. Vollkommen unterschätzte Kunst, wenn der in Kirchlengern oder in Berlin oder Buxtehude auftritt, wir wären sofort dabei, nur als Support. O, Elektro-Gott, wenn du das liest, let’s make it happen! Total support, shoutouts to E-Aldi.

Eure letzte EP hieß „Kopfleichen“ und ist von 2018. Wie wichtig sind euch auch zwei Jahre nach erscheinen noch Aussagen wie im Song „Fließbandmensch“?
DV HVND: Ich denke die sind uns nach wie vor wichtig, schließlich geht es in dem Song um ein Thema, welches zumindest im Punkrock immer eine Berechtigung haben wird: Sich auflehnen gegen den sozialen Druck, irgendwie dazuzugehören. Kein Fließbandmensch zu sein. Es sind ja nicht nur einzelne Personen, Parteien, Schulen oder Arbeitgeber, die sich wünschen, dass man gesellschaftlich angepasst ist oder dass alle gleich sind, sondern es hat sich ein in weiten Teilen selbständiges, oft unausgesprochenes System etabliert, welches diejenigen fördert, die angepasst sind, und es muss Aufgabe des Punkrocks sein, dagegen aufzubegehren. Es wäre für einige Parteien, Arbeitgeber oder sonstige Autoritäten sicherlich einfacher, wenn der Fließbandmensch die Norm wäre, er brav in seine Schablone passt und auch sonst nicht auffällig wird, aber zum Glück ist das nicht so. Dafür haben wir das Lied gemacht, ein klassisches Thema im Punkrock.

„Masken“ war ein eher persönliches Stück. Wie stark, findet ihr, sind Masken in der heutigen Gesellschaft vorhanden? Welche Masken stören euch am meisten?
DV HVND: Masken sind immer und überall vorhanden, nur die wenigsten sieht man auch wirklich, die meisten sind ja eher unsichtbar. Jeder Mensch trägt immer eine Maske, problematisch wird es immer nur dann, wenn die Maske und das, was dahinter liegt sehr weit auseinander liegen, also man das Gefühl bekommt, getäuscht zu werden durch die Maske eines Menschen. Also ja, Masken sind in der heutigen Gesellschaft auf jeden Fall vorhanden und das waren sie vermutlich auch schon immer, das muss ja auch erst mal nichts schlimmes sein. So viel zum Thema „Masken“ im Allgemeinen. Der Song von uns behandelt das Maskenthema eher auf zwischenmenschlicher Ebene, wenn Menschen sich gegenseitig etwas vormachen, nur eine Rolle spielen und deshalb nicht aufrichtig zueinander sind und nur noch Belanglosigkeiten äußern anstatt Wesentliches. Ob auf gesellschaftlicher Ebene oder auf zwischenmenschlicher: Ich denke, dass die Masken am meisten stören, welche bewusst aufgesetzt wurden, um zu täuschen.

Mit „Heldentod“ hattet ihr gemeinsam mit Liza Dork einen Klassiker von Nonstop Stereo gecovert. Wie kam es zur Auswahl dieses Stücks und zur Kooperation mit Liza?
DV HVND: „Heldentod“ ist der Lieblingssong unseres Sängers auf dem Album von NONSTOP STEREO. Wir standen schon vorher in Kontakt mit der Band, da wir ein Konzert mit ihnen organisiert haben und als dann 2018 „Solides Grundrauschen“ auf Vinyl wiederveröffentlicht wurde, gab es dazu im Download ein Tribute-Album wo Bands Lieder von dem Album coverten, unter anderem hatten eben auch wir die Ehre. Da das Original von NONSTOP STEREO ja auch schon Gastvocals vom KNOCHENFABRIK-Claus hatte, wollten wir in unserer Version eine Gastsängerin, um Claus‘ Part einzusingen, unsere Wahl viel sofort auf Liza. Wir kannten die DORKS schon vorher, haben auch schon mal mit ihnen gespielt, aber wirklich qualifiziert in unseren Augen und Ohren hat sich Liza mit ihrer frühen Schaffensphase im Schlagerbereich. Shoutouts an die DORKS!

Für die Aufnahmen der neuen CD „Bollwerk“ habt ihr euch nun etwas Zeit gelassen. Erzählt etwas, wie die Songs entstanden sind?
DV HVND: Obwohl seit dem letzten Album schon fünf Jahre vergangen sind, sind die Lieder auf dem neuen Album in einer relativ kurzen Zeit entstanden. Dass wir uns mehr Zeit gelassen haben ist eher der Tatsache geschuldet, dass einer von uns vor zwei Jahren Vater wurde und wir in der Zeit eine kleine Pause einlegen mussten. Mit dem Songwriting für das neue Album haben wir direkt nach der letzten EP von 2018 angefangen und im Sommer 2019 haben wir dann das neue Album aufgenommen, insgesamt ist also das Material innerhalb eines Jahres entstanden, was vielleicht dazu führte, dass das neue Album möglicherweise etwas homogener klingt. Das nächste Album dürfte nicht annähernd so lange brauchen!

Was war bei der Aufnahme anders als vorher und was war irgendwie wie immer?
DV HVND: Wie immer: Wir nehmen schon immer alle unsere Sachen in unserem Proberaum selbst auf. Zumindest in dieser Hinsicht sind wir nach wie vor vollkommen DIY unterwegs. Wir befinden uns dadurch im Gegensatz zu den meisten Bands in einer sehr komfortablen Lage: Wir haben für alles soviel Zeit wie wir brauchen, keine Drucksituation, was besonders der Schlagzeugaufnahme zu Gute kommt. Anders: Wir haben seit einem guten Jahr einen neuen Proberaum, dementsprechend haben wir das neue Album in einem neuen Raum aufgenommen, vielleicht hört es sich deshalb anders/besser an. Generell waren wir überrascht, wie viel frischen Wind ein neuer Raum gebracht hat. Wir haben ja auch den Anspruch, dass jedes Album wenigstens ein bisschen besser klingt als das vorherige, daher gibt es schon immer einige (kleine) Stellschrauben die wir jedes Mal verändern.

„Nicht jeder kann“ heißt der Opener. Aus welcher Stimmung ist dieser Song entstanden und wem würdet ihr den Song gerne widmen?
DV HVND: Den Opener hat der Rams (Gitarre) geschrieben und er wollte eine Nummer schreiben, die vom ersten GLUECIFER Album inspiriert ist, das hat er damals viel gehört. So viel zur Musik. Wir wollen den Song keiner einzelnen Person widmen (obwohl es da sicherlich einige Kandidaten gäbe), sondern viel eher der Armee nützlicher Idioten, welche in den letzten Jahren mit ihrer Idiotie immer offener und stolzer umgeht. Grundsätzlich: Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man ein Idiot ist, viele von uns sind das, aber wenn man den Rattenfängern vom rechten Rand glaubt, die einem sagen, dass diese Idiotie in Wahrheit die tiefste Weisheit ist, und das dann auch noch glaubt, dann befindet man sich offiziell im Rennen um die Krone der Dummheit. Und manchmal beschleicht einen nun mal echt der Eindruck, dass sich viele in dieser Armee einem Wettkampf um die Dummheit hingeben. Der Song bearbeitet das ironisch: „Nicht jeder kann der dümmste sein“, aber verdammt noch mal, einige von euch geben sich echt Mühe, haha!

„Der Gaul“ ist für mich ein echtes Aushängeschild. Welche Geschichte hat dieses Stück auf sich?
DV HVND: Danke für die Blumen! Musikalisch für uns klassisches Material, wir spielen gerne schnelle Songs. Inhaltlich zumindest auf den ersten Blick wieder klassisches Punkrockmaterial: Unten gegen Oben, wenige Menschen oder kleine Eliten kontrollieren hinter den Kulissen die Geschicke der Massen. Aber ganz so einfach ist es nicht, der Text könnte ohne abgeändert zu werden auch der Gedankenwelt eines Verschwörungstheoretikers entstammen. Der Übergang von berechtigter Kritik an den herrschenden Verhältnissen zu Aluhut-Territorium kann also fließend sein. Der Titel an sich ist eine humorvolle Verballhornung eines bekannten Sprichworts, einen Gaul zu melken hat nun mal auch eine säuische Komponente, fanden wir lustig.

„Glas halb voll“ ist auch eine geile Nummer. Wieviel Optimismus beinhaltet dieses Stück und wann würdet ihr es in „Glas halb leer“ umschreiben wollen?
DV HVND: Danke! In dem Stück steckt tatsächlich nicht sehr viel Optimismus. Manchmal ist es nun mal schwer, optimistisch zu bleiben, und das Lied ist aus der Sicht eine unverbesserlichen Optimisten geschrieben, der selbst angesichts der klaren Probleme Realitätsverweigerung betreibt. Wahrscheinlich müssten wir es umbenennen, wenn die Zahl der Pessimisten so sehr ansteigt, dass es sich wieder lohnt, deren Sichtweise der Dinge ironisch zu bearbeiten.

„Sonnenseite“ wurde vorab ausgekoppelt. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Ist „Sonnenseite“ für euch ein besonderes Stück?
DV HVND: Als wir anfingen das Lied zu schreiben, war Rüdi (Bass) sich noch nicht so sicher, ob ihm das Lied so richtig gefällt, da er es als etwas poppig empfunden hat und es ihn wohl auch an Farin Urlaub erinnert hat. Inzwischen sind aber alle glücklich mit dem Song! Wir glauben, dass es ein starker Song ist, der auch eingängig ist, dass er alles hat, was er braucht und kein Gramm Fett zu viel hat.

Welche Stücke seht ihr selbst als die besten des Albums an und warum?
DV HVND: Wir haben da alle so unsere Favoriten. Rüdi findet, dass „Auf Einmal“ der beste Song ist, Sebi liebt „Sonnenseite“. Mein Favorit ist „Wozu es zerreden“. Für mich ist es immer schwer zu sagen, welche Songs für mich als Favoriten enden. Oft entwickeln manche Songs erst in der Aufnahme eine Dynamik, Songs die man vorher gar nicht im Verdacht hatte, zu einem Favoriten zu werden. Unsere Lieder sind wie unsere Babies, wir lieben sie alle, aber bei aller Liebe, es gibt auch hässliche Babies. Wir überlassen es unseren Hörern, diese zu finden!

Das Album ist mit knapp 21 Minuten recht kurz. Hattet ihr überlegt, vielleicht noch ein paar Nummern draufzupacken oder war von Anfang an klar, dass es „nur“ zehn Songs werden sollen?
DV HVND: Qualität statt Quantität war unser Motto. Wir wollten nicht mehr Lieder auf das Album packen nur damit es eine bestimmte Länge hat. Wir wollten auch nicht, dass das Album irgendwelche Längen aufweist, es soll schnell zur Sache kommen bevor Langeweile auftritt. Lieber ein gutes Album das zu kurz ist als ein gutes Album das zu lang ist. Wir können aber versprechen, dass das nächste Album länger wird, bestimmt dreizehn neue Songs sind schon in Bearbeitung, Corona sei Dank!

Wir haben oben einige Bands genannt und ihr hattet ja auch schon ein Nonstop Stereo – Stück gecovert. Welche deutschen Punkklassiker könntet ihr euch noch in einer Dv Hvnd Variante vorstellen?
DV HVND: Tatsächlich gibt es da so ein paar. Vor ein paar Monaten kam Rams (Gitarre) mit der Idee an, dass wir mal ein paar Deutschpunk-Klassiker covern könnten. Gesagt, getan, wir haben eine Liste mit Deutschpunkbands gemacht, die wir gerne covern würden, und jetzt arbeiten wir mehr oder weniger schnell diese Lieder ab. Auf der Liste finden sich Bands wie DAS UNTERGANGSKOMMANDO, BUMS, RAWSIDE oder die WOHLSTANDSKINDER. Den Song vom UNTERGANGSKOMMANDO werden wir auf jeden Fall auch live spielen, sobald das wieder möglich ist. Wir können uns auch sehr gut vorstellen, einige von den Songs aufzunehmen und ’ne Cover EP oder sowas daraus zu machen.

In der derzeitigen Lage wissen manche Bands nicht, wie sie planen sollen, da Auftritte abgesagt werden. Was sind eure Ziele für die nächsten Wochen und Monate?
DV HVND: Wir können leider auch nicht live spielen und zum jetzigen Zeitpunkt sieht es nicht so aus, als könnte sich das demnächst ändern. Wir proben aber dennoch, schreiben Songs fürs nächste Album und versuchen halt so gut es geht unser neues Album zu promoten. Vielleicht vertreiben wir uns die Zeit damit, ein neues Video zu drehen. Oder uns um neue Bandshirts zu kümmern. Stillstand darf es nicht geben!

Bitte vervollständigt die folgenden Schlagzeilen.
„Dv Hvnd macht ein Versprechen wahr…
DV HVND: …und bringt endlich ein von vorne bis hinten hörbares Album raus.“

„In Wiesbaden…
DV HVND: …kann man sehr gut Punkrock machen, die Konkurrenz ist leider nicht groß.“

„Im Herzen…
DV HVND: …wird Blut gepumpt um den Körper mit Blut zu versorgen.“

„Als Bollwerk…
DV HVND: …sehen wir die Musik. Sie kann ein Bollwerk gegen alles mögliche sein!“

„Die Punkrocksensation…
DV HVND: …wäre wenn Punkrock wieder ein klein wenig gefährlicher würde“

Was bedeuten euch die folgenden Begriffe?
Die nächste Flut
DV HVND: Der Titel unseres zweiten Albums.

Kopfleichen
DV HVND: Nazis = Kopfleichen = Menschen bei denen der Kopf schon vor dem Rest abgestorben ist.

Facebook
DV HVND: Ein Instrument, welches wir nutzen bis das nächstbeste kommt.

Simpsons
DV HVND: Waren in den 90ern mal gut. Fernsehen ist langweilig.

Corona Krise
DV HVND: Hausgemachtes Problem. Der Mensch drängt zu weit in den Lebensraum der Tiere vor. Warum sich angeblich umweltbewusste Parteien dieses Problemkomplexes nicht annehmen ist mir ein Rätsel.

Tough Magazine
DV HVND: Danke für das Interview!

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch!
DV HVND: Wir haben unser bisher bestes Album gemacht, check it out! Danke an alle Leser, die es bis hierher geschafft haben. Support your local underground!

Wir bedanken uns bei Dv Hvnd für ein interessantes Interview. Wer mehr über die Band wissen möchte, der schaut nach unter: facebook.com/DvHvnd.

Interview von Thorsten im Mai 2020

Dieser Artikel wurde am: 31. Mai 2020 veröffentlicht.

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