Wer musikalisch etwas für deutschen Indie-Rock übrig hat, für den ist Milliarden seit einigen Jahren nicht mehr aus der Szene wegzudenken. Mit Lotto veröffentlicht das Berliner Duo, bestehend aus Ben Hartmann und Johannes Aue, am 08.11.2024 ihr viertes Studio-Album – wir durften vorab schon reinhören.
Unscheinbar, beinahe schon etwas verträumt, beginnt das neue Album mit dem Song „Das erste Mal“. Der Gedanke, die Dinge um sich herum wie ein Kind zum ersten Mal wahrnehmen zu können, erscheint befreiend, wenn auch fast surreal in unserer digitalisierten Welt. Der Wunsch nach Freiheit und Liebe ist es, der bereits von Beginn an aufgenommen wird und sich im Verlauf des Albums weiter ausbreitet.
Mit viel Ruhe und Gelassenheit geht es weiter mit „Halt mich fest an dir“ – einem Song, der separat betrachtet vorerst leicht erscheinen mag, musikalisch und lyrisch aber tief unter die Haut geht. Mit „Deine Musik“ beginnt das Album, langsam etwas erwachsener zu werden, der Song spielt mit den Emotionen und weckt starke Erinnerungen an die eigene Jugend.
Noch rockiger wird es mit „Mantel“, das vom Sound her an ältere Stücke von Milliarden erinnert. Unerwartet ruhig wird es mit dem Beginn von „Psychose“, der lyrisch dafür tief greift und sich im Verlauf doch noch aufbaut, bis mit „Ach Andi Ach“ ein Song geliefert wird, der direkt zum Mitsingen einlädt.
Wieder etwas gefühlvoller wird in „Wir haben es versucht“ zum Klavier gegriffen. Die Botschaft scheint hier recht klar: Fehler können gemacht werden, ohne sie bereuen zu müssen – sie sind schließlich Teil unseres Lebens. Das darauffolgende Lied „Sag nie die Wahrheit“ lädt indes mit einem Augenzwinkern dazu ein, Aussagen aus unserem Alltag nicht immer blind hinzunehmen, sondern durchaus zu hinterfragen.
Mit „Fürchte dich nicht“ und „Sternenflimmern“ schließt das Album mit zwei melancholischen, sich ähnelnden und doch sehr unterschiedlichen Stücken ab. Durch instrumentale Abschnitte geprägt lässt man sich durch beide Songs leicht mitreisen.
Zusammengefasst haben es Milliarden mit Lotto geschafft, ein abwechslungsreiches Album zu erschaffen, das durch viele neue Einflüsse geprägt ist, sich aber dennoch nicht zu weit von ihrem gewohnten Stil unterscheidet. Die Qualität und Tiefe des Albums wird besonders deutlich, wenn man sich wiederholt mit den Stücken beschäftigt und sich voll darauf einlässt – so birgt das Album durchaus Suchtpotenzial.
Review von Felix Haberl.
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