This is Münster, not Hollywood! Die Band Messer liefert… und zwar uns alle, ans Messer! Da gehört man im Prinzip aber auch hin, wenn es nach der Lyrik dieser Songtexte im Jahre 2020 geht. ´Ist natürlich im positiven Sinne gemeint: Das Album No Future Days zeigt uns sehr authentisch auf, was wir als Menschen noch alles sind, abgesehen von vermeintlich großartig und herrlich. Nein – Wir haben auch Abgründe! Vermeintliches Fehlverhalten, und unerklärliches Inneres, auch aus den dunkelsten Ecken der eigenen Seele, sind ebenfalls an der Tageordnung. Was machen Messer nun? Sie wagen sich dort hinein! In eben jenen, düsteren Sumpf, dem wohl die Meisten am liebsten ausweichen würden.
In den 2010er Jahren, sind tatsächlich eine ganze Reihe an Bands auf die Bildfläche getreten, die sich nach einschlägigen Worten benannt haben, die wiederrum für sich genommen, eine Starke Wirkung haben können und meistens nicht in einer Rede der Budeskanzlerin vorkommen. Da hätten wir Bands wie Karies, Pisse, Gewalt, Fresse, PUFF!, Die Nerven, Diät oder eben auch Messer. Musikalisch gesehen darf man hier natürlich nichts über einen Kamm scheren, sonst bekommt man womöglich nachher von Pisse auf die Fresse. Dennoch ist das hier ein Teil dessen, was schon von diverser, anderer Fachpresse als eine Art Renaissance des Post-Punk aufgefasst wurde.
Punk ist ein gutes Stichwort! Das hier ist Punk! Zumindest das Ergebnis von einem Punk, der sich wohl einst einmal sehr herrlich offen und tolerant gezeigt hat. Wem beim Wort Punk jetzt die Namen Bad Religion, NoFX oder auch Ramones in den Kopf schießen, der ist hier fehl am Platz! Das hier ist etwas, wie es einst die Hamburger Schule nicht besser vormachen konnte: Verwegen vorgetragene Texte, melodiöse Instrumente, die an Seichtigkeit grenzen, aber dennoch ein gewisser Grad an Tanzbarkeit. Der vierte Track des vorliegenden Albums zum Beispiel, Anorak, trabt mit einer heiteren Ska-Untermalung voran. Aber generell gilt auf „No Future Days“: Jens Rachut lässt grüßen!
Schmerzen in der Seele können etwas sehr Schlimmes sein. Gut dass es da Musik gibt, die diese Themen aufgreift und sich damit befasst. Musik kann schließlich auch heilsam sein.Wenn man seinen individuell geglaubten, persönlichen Abfall an Gefühlschaos in der Kunst wieder findet, merkt man dass man eben doch nicht alleine auf der Welt ist. So etwas kann viel Wert sein, denke ich! Daher pflege ich auch generell eine gewisse Anerkennung und positive Zustimung, gegenüber solcher Musik.
Die Musik – Gut produziert und sauber eingespielt! Man ist schließlich schon eine ganze Dekade unter diesem Projektnamen unterwegs. Messer haben einen Namen und dem werden sie hier garantiert gerecht. Das Album hat einen gelungenen roten Faden, der nicht reisst. Natürlich muss man bei einer so vielseits präsenten Kryptologie und weit gefächerten Wortwahl auch sehr oft, viel denken. Dem Einen macht das Spaß, dem anderen tut so etwas weh! Erholung ist also definitiv etwas Anderes, auch wenn die
Kompositionen an sich, nicht stressig oder sperrig sind, sondern eher smooth und dezent.
Für Fans von Die Sterne, Pleased To Meet U, Tocotronic, Love A oder eben diversen Rachut-Projekten wie Oma Hans, Dackelblut oder Blumen am Arsch der Hölle, ist das hier etwas, das zumindest in die richtige Richtung gehen sollte. Diese Manier ist am Start, diese Dunkelheit, diese Dystopie und auch dieser Mensch! Messer können das auch und dies beweisen sie unter Anderem auch auf diesem Album, sodass man den Titel Tod in Mexiko, gleich für zwei verschiedene Songs auf diesem Album gewählt hat. Auch nicht schlecht!
„Alles klingt wie Turbostaat“, würden Ernte 77 sagen, während Pascow sagen würde, dass alles kaputt sein muss. Trifft beides zu, wie ich finde, auch mit Blick auf das gelungene Artwort auf dem Plattencover. Diese Stimmung wird gekonnt vermittelt. Es ist wirklich nicht verkehrt, bei Messer ´mal am Ball zu bleiben – für das neue Jahrzehnt jedenfalls, haben sie sich bereits angekündigt!
Review von Kilian
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