„Ahoi“: Rantanplan im Interview zum neuen Album

Mit „Ahoi“ ist das neue Album von Rantanplan erschienen. Wir haben uns mit Frontmann und Sänger Torben darüber unterhalten.

Moin, wo erwischen wir euch gerade?
Torben: Wollte gerade abwaschen. Die Waschmaschine läuft seit 5 Minuten. Unsere kleine Hündin hat gerade Essen bekommen und zieht es sich rein.

Endlich ist euer neues Album „Ahoi“ erschienen. Ein Albumtitel, mit dem ich eigentlich schon viel früher gerechnet habe. Stand er noch nie zur Debatte?
Torben: Tatsächlich nicht. Warum hast du uns damals keinen Tipp gegeben? Mir schwebte vor Jahren mal „Moin Again“ als ein potenzieller Album-Titel vor, aber irgendwie war nur ich Feuer und Flamme dafür… Grundsätzlich hast du aber recht damit, dass AHOI beziehungsweise ein maritimes Album irgendwo auf der Hand lag. Dass es erst jetzt dazu kam, nennt man wohl im allgemeinen Betriebsblindheit.

Das Album hat eine Vorgeschichte, die ich so (zumindest öffentlich) noch nicht gehört habe. Ihr hattet bereits alles fertig und habt alles über Bord geworfen und gelöscht, neue Lieder geschrieben und aufgenommen. Somit habt ihr das Werk über ein Jahr später als geplant veröffentlicht. Wie passiert sowas, dass man sich so verrennt? Und wie habt ihr es dann gemerkt? Sahen das alle so oder gab es hitzige Diskussionen?
Torben: Sowas kann schnell passieren, wenn sich eine Welt, eine vorhersehbare Pandemie züchtet, welche die Menschheit in Geiselhaft nimmt. Alleine in China wird jährlich mehr Geflügel gezüchtet, als es Wildvogelbestand auf der ganzen Erde gibt. Alleine die Massentierhaltung ist schon so pervers, dass es eigentlich verwundert, warum wir nicht schon alle längst an Seuchen verreckt sind. Ich kenne niemanden, ausser einen völlig überlasteten Lehrer, der damals im Lockdown keinen weg bekommen hat. Wir hatten damals nacheinander aufgenommen. Es herrschte ja Kontaktverbot. Als die Platte zur Hälfte fertig war, befand ich alles als depressives dunkles Zeug. Bestenfalls war Säufermusik dabei. Wir wollten von Anfang an, dass die AHOI ein positives Album wird und es wurde ein unheimliches Geisterschiff voller verfluchten Seelen an Bord. Das konnte ich einfach nicht auslaufen lassen. Also steckte ich es in Brand. Die Band war nicht begeistert, aber irgendwo hatte es auch jeder eingesehen, oder zumindest gespürt. Zum Glück war Benno von dem Album-Reset begeistert und half uns, in wenigen Wochen einen zweiten Anlauf durchzuziehen. Mit neuen Demos, gemeinsamen Liveeinspielungen, oldschool Rock’n’Roll-Spirit. So wurde für uns doch noch alles gut und wenn ich mir jetzt die ersten Reaktionen reinziehe, war es die einzige richtige Entscheidung seit unserer „Ohne-Kunst-und-Kultur-wird-es-still-Performance“ mitten in der Coronazeit.

Wie muss man sich das dann vorstellen? Immerhin musste ein Schalter umgelegt werden? Das stelle ich mir noch so einfach vor.
Torben: Wenn man kurz davor ist vollkommen zu verzweifeln, eröffnet sich ein Abgrund vor dir an dem es heißt: spring. Dann hat man nur noch die Wahl, ob man drüber oder runter springt

Die Songs wurden komplett und gemeinsam (also live) aufgenommen. Das stelle ich mir auch immer wieder nicht allzu leicht vor. Beschreibt mal das Gefühl, welches da dann im Studio ist und was ist für euch der größte Unterschied?
Torben: Bei Liveeinspielungen müssen zumindest Drums, Bass und Gitarre den Nagel genau auf den Kopf treffen. Natürlich ist das anstrengend und führt dich immer an die eigene Grenze. Wer das nicht kann, sollte nicht ins Studio, sondern in den Proberaum. Diese jungen Laptop-Punker mit ihren Copy&Paste sind nur verwöhnte Trottel, die das Handwerk nicht ernst genug nehmen. Du kannst heute komplette Songs mit Apps machen und neuerdings schreibt dir KI auch die Texte. Ich glaube daran, dass die Leute, zumindest heute noch, in der Lage sind Geil von Fake zu unterscheiden.

28 Jahre Rantanplan – was treibt euch immer wieder an und wie sieht euer Bandalltag so aus?
Torben: Konzerte geben und Songs schreiben gehört für mich immer noch zu den besten Dingen die man machen kann. Meine Musik ist mein Ventil um Druck abzulassen. Meine Message ist meine Möglichkeit der Welt entgegenzuschreien, was ich an ihr abgefuckt finde. Der Antrieb ist also der Versuch zur Bewahrung des Seelenheils. Der Bandalltag ist harte Arbeit. Busabholen, beladen, fahren, fahren, fahren, Equipment schleppen, lange Veganernase machen weil man uns Wurst- und Käseplatten hinstellt, mit Alkohol wachhalten bis zum nächtlichen Gig und dann völlig unausgeschlafen zum nächsten Gig weiterhetzen. Das Konzert mit dem Publikum zu erleben, macht die ganzen Mühen wert.

Dürfen sich die Fans auf etwas freuen, wenn ihr euer 30.Jubiläum feiert?
Torben: Da uns allen 2 Jahre gestohlen wurden, haben wir erst neulich unsere 25 Jahre Tour beendet, hinken also der Realität etwas hinterher und bis zu dieser Frage jetzt, hatte ich noch keinerlei Gedanken daran gehabt.

Die Tour ist gestartet, 3 Konzerte bereits gespielt – Ende März geht es dann weiter und ihr seid quasi das ganze Jahr unterwegs. Wie war es denn in Berlin, Essen und Hamburg? Was dürfen die Fans von eurer neuen Live-Show erwarten?
Torben: Die drei Konzerte zum Release waren ein einziger Rausch. Der helle Wahnsinn. Wir müssen nochmal ein paar ältere Klassiker ausgraben und sie wieder auf die Bühne bringen, genauso wie möglichst viele Ahoi-Songs.

Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören euch!
Torben: Wir haben zu danken! Wir hoffen, mit dem neuen Album, einen kleinen Lichtblick in eine immer finsterer werdenden Welt senden zu können. Nahezu jeden Tag passieren unfassbar schlimme Dinge: der Klimawandel, der Ukrainekrieg, das Erdbeben in Türkei und Syrien, das Zugunglück in Griechenland, die Ertrinkenden im Mittelmeer, das Tankerunglück,… Wer kann das fassen und wie soll dem entgegengewirkt werden, wenn sich doch alles nur um Wirtschaftlichkeit und Profit dreht? Die ganze Menschheit und ihr Bestreben, muss sich um mehr als 180 Grad drehen. Doch wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben. Die AHOI fährt auf der MSS Hoffnung. Kommt gerne an Bord. Die Schiffsmaschinen heizen mit purer Liebe und bald kommt dann auch Land in Sicht.

Interview von Florian P. im März 2023

Dieser Artikel wurde am: 7. März 2023 veröffentlicht.

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