Die Toten Hosen haben mit „Laune der Natur“ ihr neues Album veröffentlicht. Es enthält 15 Titel, hat eine Spielzeit von 50 Minuten und erscheint bei JKP.
Nach dem letzten Album „Ballast der Republik“, von dem mir persönlich doch einige Songs („Ballast der Republik“, „Draußen vor der Tür“, „Vogelfrei“) gefallen haben, habe ich gehofft, dass die Hosen noch einen Schritt weiter zurück gehen und mehr Gewicht in die Punkrock-Schale legen! Und genau so ist es…!
Die Entwicklung vom früheren Punkrock („Bonnie & Clyde“, „Nichts bleibt für die Ewigkeit“…) bis hin zu den modernen Toten Hosen („Tage wie diese“, „Das ist der Moment“) ist selbstverständlich nicht unnormal – allerdings ist der Anteil der schnellen und vor allem punkigen Songs größer als der, der ruhigen und „poppigen“…das zeigt direkt der Opener „Urknall“, in dem gefragt wird „Champagner, Empfang da – was soll das? Wir wollen zurück auf den Bolzplatz“. Ich freue mich, so stelle ich mir die Toten Hosen vor!
Auch der nachfolgende Track „Alles mit nach Hause“ geht ordentlich nach vorne, vor allem sind es auch hier die kleinen Dinge, die mir Freude bereiten – so ist es hier mit dem 1-2-3-4-einzählen vor dem ersten Refrain im Hintergrund – geil! Campinos Stimme ist sehr gut und auch seine „Schreie“ kommen gut rüber. Es folgen mit „Wannsee“ und „Unter den Wolken“ die zwei bisher veröffentlichten Lieder, von denen einer einen tollen Offbeat hervorzaubert und der andere dann musikalisch eher wieder anno 2016-2017 ist, mir textlich aber auch gefällt!
Viel Politik gibt es dieses Mal nicht, was auch mal ganz positiv ist; „Pop & Politik“ ist hier da eher ein Ausreißer – aber auch mit viel Geschrei und Getobe! Der Titeltrack „Laune der Natur“ ist sehr melodisch und sagt, dass es sich hier um die neue Hochkultur handelt – live sicher fett! „Energie“ versprüht dieselbige extrem und lässt alles raus, bevor es mit „Alles passiert“ ruhig wird – die erste Ballade auf dem Album und direkt eine Gänsehaut! In den vielen, vielen Jahren der Bandgeschichte muss man leider auch oftmals Abschied nehmen.
Dann kommt mit „Die Schöne und das Biest“ mein erstes richtiges Highlight, ein fantastischer Song – textlich und musikalisch! „Eine handvoll Erde“ ist eine sich aufbauende Ballade, in der ebenfalls wieder um eine traurige Verabschiedung geht. Dann folgt mit „Wie viele Jahre (Hasta La Muerte“ der zweite absolute Kracher-Song, der unter Garantie noch in vielen Jahren auf und neben den Bühnen laufen wird. Textlich wird mit augenzwinkernd Breites „Konsum“ dargestellt – eine Melodie, die mir sofort ein Grinsen ins Gesicht zaubert.
„ICE nach Düsseldorf“ macht klar, dass, egal was passieren wird, man auf jeden Fall in Düsseldorf beerdigt wird – wie man dahin kommt? Zur Not mit dem ICE! Die dritte Ballade „Geisterhaus“ ist melodisch die, die wahnsinnig unter die Haut geht, gerade was den Refrain angeht – viele Gefühle gepaart mit dem realen Leben; es geht um eine geplante Zukunft, ein Leben zu zweit und die dann damit verbundene Trennung – sehr gut textlich verpackt!
Als vorletzter Song kommt mit „Lass los“ der dritte Song, der mich absolut überzeugt; auch hier geht es um eine Trennung, allerdings nicht direkt darum, sondern um einen sauberen Abschluss in „Freundschaft“! Den Rausschmeisser macht „Kein Grund zur Traurigkeit“ – eine Hommage an Wölli; sein Song wurde neu eingespielt und mit seinem Gesang bedeckt – tolle Geste!
Die Toten Hosen haben mich mit diesem Album tatsächlich wieder auf ihre Seite geholt – es gibt so viele Songs, die unglaublich melodisch und punkig sind – zum Glück sind die Musiker wieder auf dem Bolzplatz! Ich werde 100%ig nach Bremen zum Konzert fahren und mich dort live überzeugen lassen….!
Und wer dann noch nicht genug hat, kann sich die Special-Edition holen, hier findet man die zweite „Lesson“ der legendären „Learning English“-Reihe – Songs mit Bob Geldof, Tony James oder Steve Diggle – eine tolle Ergänzung zum neuen Album!
Review von Florian
Die Toten Hosen – Wannsee
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