„Schall & Rausch“: Schulle und Tommi von Toxpack im Interview

Mit „Schall & Rausch“ erscheint das achte Studioalbum der Berliner Streetcore-Band Toxpack. Wir haben dem Sänger Schulle und dem Gitarristen Tommi einige Fragen um die Ohren gehauen, bei denen es um die neue Songs, die bestehende Authentizität und private Dinge geht!

Hey Jungs, wo erwische ich euch gerade?
Schulle: Es ist gerade 7:30 Uhr, ich habe vorhin mit meinem Sohn gefrühstückt und ihn dann für die Schule fertig gemacht. Jetzt trinke ich die dritte Tasse Kaffee und sitze an meinem Rechner.
Tommi: Ich sitze gerade im Flieger nach Düsseldorf und bin auf dem Weg in die Weltstadt Rheinberg Rockcity, wo die Kollegen von Betontod warten. Morgen gehe ich mit den Jungs nochmal für zwei Tage auf Tour, in Stuttgart und Essen.

Euer neues Album „Schall & Rausch“ steht in den Regalen. Wie entstand der Albumtitel? Einen titelgebenden Song gibt es auf dem Album ja nicht…
Schulle: Stell dir das so vor, bevor alle Songs ihre finalen Namen erhalten, musst du vorab einen Plattentitel an das Label herausgeben, damit in irgendeiner Form schon angefangen werden kann damit zu arbeiten. Einige Lieder hatten noch Arbeitstitel und es kommt halt bei uns auch des Öfteren vor, dass die Songs erst kurz vor der Abgabe ihren richtigen Namen erhalten. Wir wollten diesmal einen Namen verwenden, der das ganze Album an sich präsentiert und da kam uns „Schall & Rausch“ sehr gelegen.

Als das Lyric-Video zu „Willkommen im Klub“ online ging, wurden die Augen groß. Gerade was den Sound angeht – zumindest war es bei mir so. Das bestätigte sich dann auch, nachdem ich die restlichen Titel gehört habe. Extrem druckvoll und perfekt abgemischt – ein klares Ziel von euch?
Schulle: Danke. Ja dies ist mit das Wichtigste überhaupt. Dadurch, dass wir 10 Jahre lang kein Album mehr in Berlin aufgenommen hatten, mussten wir uns auch erstmal schlau machen welche Optionen es überhaupt für uns gibt. Du fängst an zu recherchieren, musst dir die letzten bekanntesten Produktionen besorgen & genau anhören. In unserem Fall hatten wir Erfolg mit dem Dailyhero Recordings Studio. Da hat alles soundtechnisch, terminlich & menschlich gepasst. Wir sind sehr zufrieden mit diesem Ergebnis.

Toxpack – Bis zum letzten Ton

Was auch auffällt, sind die unglaublich vielen melodischen Refrains, gerade bei „Auf alte Tage“, „Die Letzten, die sich noch dagegen stellen“, „Komm mit mir“, „Nichts geht mehr“ und „Unbelehrbar“ – woher habt ihr die gezaubert?
Tommi: Wir haben das musikalisch ja schon immer irgendwie miteinander verbunden, also einen gewissen Grad an Härte mit einem Schuss Melodie gepaart. Für mich persönlich ist es wichtig dass Songs was rüberbringen und nicht einfach nur gefühllos runtergeleiert werden. Das ist für mich genauso wichtig, wie der Text eines Songs. Wie man auf die Melodien kommt kann ich Dir gar nicht sagen, die entstehen meist einfach in meinem Kopf. Glücklicherweise gefällt das meistens dann auch meinen Bandkollegen (lacht).

Kommen wir zu meinem „persönlichen“ absoluten Überhit auf dem Album – wie zum Geier schreibt man einen Song wie „Reden, Lästern, Lügen“?
Tommi: Das geht ganz schnell, wenn man persönlich enttäuscht wird. Ich hatte da leider im vergangenen Jahr ein paar unschöne Erlebnisse und habe versucht das Ganze in diesem Song zu verarbeiten. Zudem ist Neid & Missgunst ja leider auch allgegenwärtig und ich denke jeder da draußen hat die eine oder andere Situation diesbezüglich persönlich oder in seinem Umfeld schon erlebt. Der Mensch an sich hat halt ein großes Problem, er war schon immer neidisch auf das, was der andere hat.

„Nichts geht mehr“ handelt von einer Beziehung, die nicht aufrecht erhalten werden kann – handelt es sich hier um eine Geschichte, die einem von euch so passiert ist?
Tommi: “Nichts geht mehr” ist ein sehr persönlicher Song und ja, die Geschichte ist wahr und ist einem von uns passiert inmitten der Vorproduktion zu “Schall & Rausch”.

„In Trümmern“ ist ein Song, der sich mit dem Thema Krieg beschäftigt. Wie nah geht euch das, gerade, wenn man sieht, was zurzeit im Nahen Osten los ist?
Schulle: Wir machen uns selbst ernsthafte Gedanken und Sorgen was in Zukunft noch alles passieren wird. Wir wollen mit dem Finger nicht Richtung Osten zeigen, die Ursache ist ja nicht nur dort zu finden. Die großen Militär- & Weltmächte & deren Konzerne sind an dieser eingefahrenen, schlimmen Weltsituation schuld. Diese waschen ihre Hände in dem Blut unschuldiger Menschen. Dann kommen diese verblendeten Fanatiker, die mit ihrem Mittelalter-Glauben andere unterdrücken, ausbeuten oder ihnen durch feige, hinterhältige Anschläge sehr schlimmes Leid zufügen. Wir sollten uns alle bewusst sein, dass der nächste Weltkrieg schon längst begonnen hat und mit diesem Lied wollen wir ausdrücken: viel Zeit wird uns so nicht bleiben, wer kann diesen Wahnsinn noch stoppen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Gunnar und Stefan von Dritte Wahl zustande?
Tommi: Wir kennen uns schon länger von verschiedenen Shows oder Festivals und wir haben die Jungs auf ner Show in Berlin spontan gefragt, ob sie Bock hätten bei einer Nummer dabei zu sein. Erfreulicherweise hatten sie Bock und kurze Zeit später war Stefan auch schon bei uns im Studio in Berlin um seine Parts einzusingen. Gunnar hat seine Gesangsparts kurz davor in Münster aufgenommen und uns via Mail zukommen lassen. Herausgekommen ist am Ende eine der besten Nummern auf der Platte, wie ich finde.

Thema Authentizität: meiner Meinung nach klingen die Songs alle sehr ehrlich und so, als wurden private Dinge verarbeitet. Kann man das so sagen und wie wichtig ist euch das?
Schulle: Sehr wichtig! Ich mag im allgemeinen Songs mit persönlicher Note meistens lieber. Man kann sich da selbst gut hineinversetzen, man lebt diese Zeilen. Tommi hat ein gutes Händchen dafür, immer genau den Nerv zu treffen und es auch so passend niederzuschreiben. Dann kommt noch dazu, dass ich diesen Inhalt gesanglich emotional und charakterlich vermitteln kann, da ich selbst privat durch unsere enge Freundschaft alles mitbekommen habe.
Tommi: Ja es sind viele persönliche Dinge auf der Platte verarbeitet, das stimmt. Eigentlich so gut wie fast jeder Text, hat irgendeine persönliche Geschichte. Ich könnte mich auch nicht hinsetzen und mir irgendwelche Geschichten oder Texte einfach so ausdenken. Ich schreibe lieber das was ich tatsächlich erlebt habe und versuche damit die Sache persönlich zu verarbeiten.

Noch einige Fragen abseits zu eurer Musik: Welche Platten laufen zurzeit bei dir?
Schulle: Die letzten Tage laufen die aktuelle Alben von Kreator, Overkill und Obituary bei mir hoch und runter.
Tommi: Bei mir läuft derzeit tatsächlich gar keine Platte. Ich hab derzeit so viel Musik um den Ohren, dass ich froh bin mal keine hören zu müssen.

Mit welcher Band würdest du gerne mal auf Tour gehen oder bei welcher als Support spielen?
Schulle: Da gibt es einige. Motörhead, um diese mal als erstes hier hervorzuheben (was leider nicht mehr geht – RIP! Lemmy), waren schon immer ein Wunschtraum. Aber es gibt auch andere Bands, die ich sehr mag und die mich viele Jahre und glücklicherweise heute immer noch begleiten. Ich könnte jetzt anfangen aufzuzählen, aber die Liste wäre schon etwas länger. Um es aber kurz zu machen spinne ich mal ein bisschen rum und schreibe vier Bands hier auf: auf: AC/DC, Iron Maiden, Slayer, Kreator. Was aber durchaus realistischer wäre, wäre zusammen mit Rose Tattoo eine Deutschland-Tour zu machen. Das wäre ja mal was.
Tommi: Ich hätte mir wirklich auch gewünscht, dass wir mal mit Motörhead ne gemeinsame Sache machen. Aber das ist ja nun leider nicht mehr möglich. Rose Tattoo würde ich sofort zusagen, wenn da was gehen würde.

Was wird man bei dir im Kühlschrank immer finden?
Schulle: Milch & Käse.
Tommi: Milch, Butter, Senf. Komische Zusammenstellung, oder? (lacht)

Und was nicht?
Schulle: Kein Bier mehr. Irgendwie hab ich mir das abgewöhnt Bier in den Kühlschrank zu stellen, seitdem mein Sohn da ist. Das steht nun versteckt auf dem Balkon.
Tommi: Thunfisch

Vielen Dank für die Zeit, die letzten Worte gehören euch!
Schulle: Gerne. Danke fürs tolle „Schall & Rausch“ Review im Tough Magazine. Wir sehen uns hoffentlich auf Tour.
Tommi: Danke fürs Interesse an uns und ich hoffe die Platte gefällt den Leuten da draußen. Wir sehen uns auf Tour!

Interview von Florian Puschke im März 2017

Tipp: CD-Review „Toxpack – Schall & Rausch“

Dieser Artikel wurde am: 31. März 2017 veröffentlicht.

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