Am vergangenen Samstag war Hannah auf dem wohl emotionalsten Konzert, das sie jemals besucht hat. Es war der Abschied von Miles Beneath, deren Zeit scheinbar einfach nicht kommen wollte. Dieser Abend und die Musik, die dahinter steht, hat sie dazu bewogen nicht nur ein Albumreview, sondern ein Review über eine Band zu schreiben…
Ich habe die Jungs vor zwei Jahren auf dem Knockdown Festival kennenlernen und interviewen dürfen. Damals waren alle so Grund auf motiviert, dass für mich klar war: „Die Jungs musst du im Auge behalten“. Ich weiß noch wie überwältigt der damalige Gitarrist Felix von der Tatsache war, dass da auf einmal Leute standen, die Fotos und Autogramme von der Band wollten. So bodenständig wie sie sind, wollten sie nichts weiter tun, als ihre Lieder spielen. Ihnen war egal was sie dafür in kauf nehmen mussten – die Jungs verband die Musik. Das merkte man sofort, wenn sie die Bühne betraten.
Interview: Miles Beneath (Dezember 2015)
Auch gestern war es so. Ich stand weiter hinten im Raum, an eine Säule gelehnt und beobachtete sie beim Aufbau. Sie waren angespannt und man konnte in ihren Gesichtern lesen „Hier und heute – das ist das letzte Mal.“
Heute noch höre ich Chris, den Vocalist der Band, wie er im Interview sagte, dass das ihre letzte Chance sei und dass sie alles daran setzen würden, dass es funktioniere. Diese Aussage ging mir während der Veranstaltung und auch während der Heimfahrt nicht aus dem Kopf. Immer wieder sah ich uns vor der Schwarzwaldhalle in Karlsruhe sitzen und über die Zukunft reden. Während der letzten 4 Jahre sind Miles Beneath immer wieder mit namenhaften Acts unterwegs gewesen und haben Touren gespielt von denen andere Künstler nur träumen können. Die Jungs hatten ihren eigenen Stil, den ihnen keiner nachmachen konnte. Sie waren nicht die 0815-Metalcore-Party-Boyband-Combo, die nur für einen kurzen Hype und eine Menge Teenie-Fans gut sind, ihre Texte haben eine Message, eine Bedeutung, Tiefe.
Miles Beneath – Ajna
Mit ihrem ersten Album hätte das auch jeder erkennen sollen, wäre es nicht einfach in der Schreibtischschublade einer Plattenfirma verschwunden. Ich wollte schon eine ganze Weile ein Review zu ihrem Album „Illusions“ schreiben, aber kaum ein Journalist hat überhaupt eine Info zum Release bekommen. Dabei habe ich angefangen mich zu fragen, wie vielen Bands es genauso geht. Wie viele aufgeben, weil ihnen die Plattform nicht geboten wird und Labels sie klein halten, da man sich nicht die Mühe machen will, mit ihnen ein Image aufzubauen. Falls der Artikel von Bands in einer ähnlichen Situation gelesen wird, würde ich gerne von euch hören.
Nun, da ich das Album endlich in meinen Fingern halte, muss ich euch, liebe Miles Beneath Dudes , diesen letzten Gefallen erweisen und wenigstens ein Review verfassen, das Hand und Fuß hat:
„Illusions“ handelt vom Leben und allem was dazwischen passiert. Es ist ein Statement gegen alles was wir nicht sehen und wahrhaben wollen, spricht unsere Ängste an und gibt uns doch Hoffnung.
Ich hatte das Glück die Jungs das erste Mal bei einer Show zu sehen, wo alles stimmte: Licht, Ton, Stimmung. Als ich das Album auf der Rückfahrt anmachte, sah ich das alles wieder vor mir. Das Erste was ich wahrnahm, war die unglaubliche Power die Rob am Schlagzeug aufbringt. Bei den meisten Bands nehme ich das Schlagzeug kaum noch wahr, aber Rob und Miles Beneath schaffen es, dass ich mich auf das Schlagzeug konzentrieren will. Nachdem Chris einsetzte, konnte ich seine Bühnenpräsens spüren und bekam die selbe Gänsehaut wie damals. Gleichzeitig bringt Joel mit seinem Gesang eine ehrliche Tiefe mit, die mir einen Klos im Hals beschert hat. Nicht vergessen darf man die Gitarristen Phil und Nick, die den Liedern erst mit ihren harten und manchmal doch so melodischen Riffs das verleihen, was diese Lieder zu Unikaten macht. Das Album ist nach dem markantesten Track benannt: für „Illusions“ haben sich die Jungs Kevin Ratajczak von Eskimo Callboy gekrallt und einen Song rausgehauen, der mich sprachlos macht. Bei dem Track ist die Harmonie zwischen Gesang, Shouts und Riffs geradezu perfekt und kann locker mit Liedern von bekannten Bands mithalten. Auch das Musikvideo dazu ist ein Meisterwerk. „Catching Fire“ ist ein Lied, dass ich – bis auf die ruhige Passage – auch auf einem Parkway Drive Album erwarten könnte. Anders als es ein Kollege ausdrückte, finde ich nicht, dass die Tracklist aus einfallslosen Namen besteht, auch suche ich den beschriebenen seelenlosen Metalcore vergeblich. Natürlich spreche ich hier die Tracks an, die mir persönlich am besten gefallen. Selbstverständlich hat das Album Ecken und Kanten – aber ist es nicht genau das, was diese Erstlingswerke so besonders machen?
Es gibt noch zwei Tracks, die angesprochen werden müssen: das erste Lied namens „Spheres“ hat mich letztendlich dazu gebracht diesen Artikel zu verfassen: „Don´t be afraid to share thoughts!“ Es ist egal ob Miles Beneath besteht oder nicht, dieses Album wird in dem einen oder anderen CD Regal überdauern und wenn sonst niemand seine Gedanken zu den Liedern teilen will, dann tue ich es eben. Zum Schluss ist noch „Now or Never“ anzusprechen. Damals habt ihr mir erzählt, dass euch dieses Lied besonders am Herzen liege, weil es genau darum gehe – Jetzt oder Nie. Ihr hattet viele Jetzts, die euch niemand mehr nehmen kann und das Nie habt ihr damit erfolgreich überwunden. Auch wenn ihr euch gegen eine Zukunft für Miles Beneath entschieden habt, habt ihr eine unglaubliche Vergangenheit mit tollen Geschichten für eure Enkel.
Aus zuverlässigen Quellen weiß ich, dass es das Album noch bei der Band zu erwerben gibt. Der Preis liegt dabei weit unter dem eigentlichen Wert des Albums. Verzichtet ausnahmsweise mal auf die bequeme Streams oder digitale Varianten – daran verdienen alle anderen, aber nicht die, die es eigentlich bekommen sollten. Wer weiß, vielleicht starten die Jungs in einer anderen Konstellation und mit neuem Namen doch noch durch und dann ärgert ihr euch, dass ihr das erste Meisterwerk der Künstler nicht euer Eigen nennen dürft…
Bericht von Hannah
Miles Beneath – Illusions
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