Beständigkeit made in Hamburg: Pyogenesis
Es gibt Sachen, die eigentlich nie so richtig auffallen, da sie immer da sind. Und die auch ihren Wert haben. Dies gilt sowohl für das alltägliche Leben, aber auch für die Musik.

Es gibt Rock-Bands, die einen ewig lange begleiten und die man natürlich als Fan immer im Auge hat und die aber auch für den Nicht-Fan aufgrund ihrer Beständigkeit gehört und akzeptiert werden.

Betrachtet man die internationale Musik Szene, so lassen sich bestimmt einige Bands herausfiltern, deren Beständigkeit zum Teil beinahe schon Kult ist. ZZ Top, KISS, Alice Cooper und wie sie alle heißen. Doch auch in Deutschland gibt es solche Bands, die eigentlich schon seit langer Zeit dazu gehören und Songs geschrieben haben, die beinahe so beständig sind, wie die Bands selber.

Klar, fallen einem die Toten Hosen, Ärzte usw. ein aber auch eine Band aus Schwaben, deren Bandleader mittlerweile ein erfolgreicher Plattenproduzent ist, sollte dazu gezählt werden.

Pyogenesis – ursprünglich aus Stuttgart … nun in Hamburg angesiedelt.

Nun, warum gerade Pyogenesis wird sich der ein oder andre fragen?!

Das besondere an dieser Band ist, das sie Songs geschrieben haben, die sicherlich mehrere Generationen schon gehört haben, aber auch dass sie eine der Bands sind, die ein durchaus erwähnenswertes Spektrum an Musikstilen auf ihren Platten veröffentlicht haben.

Ist die Discografie, der seit 1991 bestehenden Band, doch bestückt mit Alben unterschiedlichster Richtung.

So finden wir in Pyogenesis-Alben unter anderem Metal (ja sogar Anleihen an Death Metal) in dem Alben Sweet X Rated Nothing“ (das im Jahr 2019 schon 25 jähriges Jubiläum feiert), Pop-Punk, Punk-Pop oder wie auch immer (jedenfalls gute Musik), aus dem Jahre 1997 mit der (für mich Einstiegsscheibe) Unpop“ aber auch Indie Rock (im Nachfolgalbum Mono“).

Pyogenesis – Drive Me Down

In dem Werk „She makes me whish I had a gun“ (absolut genialer Albumtitel) finden sich, durch den dort gespielten Punk, der einen hohen Melodic-Anteil aufweist, Fans von Social Distortion, vielleicht auch Millencolin etc. wieder aber auch die Ramones werden durch Songs wie „Punk Rock is her Life gewürdigt.

Nach einer sehr langen Pause von über 10 Jahren präsentierte uns Flo von Schwarz aber neuen Stoff und mit dem Album A Century In The Curse Of Time“ 8 neue Songs, die zum Teil länger und sperriger wurden und nun auch in Richtung Bands wie Type O’Negative schielen. Doch auch hier blieb der Punkrock an Bord und Flo steuert diesen Zug deutlich in Richtung Weiterentwicklung.

Der Kurs wird auch mit dem Zeppelincover von „A Kingdom to Disappear“ beibehalten. Eine Scheibe, die ebenfalls weniger als 10 Stücke enthält, die aber allesamt nicht unbedingt einer Schublade zugeordnet werden können.

Eben wie Pyogenesis als Ganzes.

Ich jedenfalls bin sehr optimistisch, auch in Zukunft, weitere Sachen von Pyogenesis hören zu dürfen, denn anhand der Cover der letzten Alben, wird sicherlich das nächste Werk auch wieder (zur Vervollständigung der Trilogie) ein ähnliches Motiv haben.

Vielleicht tippen wir drauf, was denn da kommen mag…!?

Eines weiß ich sicher: Da es Pyogenesis Songs sind, wird es bestimmt mehr werden als ein Fahrrad. Eher was mit ordentlich Dampf!

Pyogenesis – Blue Smiley’s Plan

Wer gerne den Dampf sehen möchte, den Pyogenesis auf der Bühne an den Mann bringen, der sollte die folgenden Termine nicht verpassen.

22.12.18 – Erfurt
29.12.18 – Burbach bei Siegen
18.-20-07.2019 – Rock Am Stück

Um die Band herum sollte noch erwähnt werden, das ehemalige Bandmitglieder von Pyogenesis auch mit Liquido Karriere gemacht haben und ihr Frontmann, Flo von Schwarz, über Hamburg Records eine Firma managt, die unter anderem ZSK, Platten veröffentlicht, aber auch in vielen anderen Bereichen aktiv ist.


Wir konnten uns mit Flo von Schwarz unterhalten und dabei herausgekommen ist ein sehr interessantes Interview.

Lieber Flo, wir freuen uns auf das Interview. Wobei erwischen wir dich gerade?
Flo: Ich bin gerade im Auto auf dem Weg nach Hannover ins Studio. Ich mische gerade die neue Detectors Platte. Ich bin da bis zum 19. Dezember aktiv.

Hamburg Records, Manager, Musiker. Wie sieht der Tag von Flo von Schwarz aus?
Flo: Ja, mein Tag ist sehr unterschiedlich. Ich habe keinen geregelten Arbeitstag. Jeder Tag ist anders dadurch, wie du schon sagst, ich ne Firma habe, Musiker bin. Zudem Manager. Ich habe unterschiedliche Arbeitstage. Im Studio, auf Tour, im Büro.

Mit Pyogenesis bist du ins Business eingestiegen. Was bedeutet dir die Band und was ist geplant?
Flo: Die Band bedeutet mit natürlich sehr viel. Wir haben uns 1991 gegründet und die Band hat mir erlaubt finanziell unabhängig zu werden. Ich habe dadurch auch meine Firma Hamburg Records aufbauen können. Das war für mich sehr wichtig. Heute ist es so, dass die Firma mir erlaubt, meinen Lebensstandard zu halten, auch wenn ich mit der Band auf Tour bin. Es ist so genau richtig für mich. Ich möchte nicht Platten schreiben müssen, um dadurch meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich möchte auch nicht auf Tour fahren müssen. So wie es jetzt ist, ist die Band ein Hobby und macht Spaß.

Pyogenesis – Don’t You Say Maybe

Nach sehr langer Pause habt ihr wieder zwei Alben herausgebracht und wart auf Tour. Die lange Pause aus heutiger Sicht. Eher positiv oder eher negativ?
Flo: Für die Band war das ambivalent. Wir haben 120 Shows im Jahr gespielt. Das bedeutet 150-170 Tage, mit Reisetagen, im Jahr weg von zu Hause. Ich weiß nicht, ob wir das so hätten weiter machen können. Auf der anderen Seite ist es so, dass ich die Pause genutzt habe, um Hamburg Records zu gründen und aufzubauen. Und als ich dann das Gefühl hatte, ich bin wieder bereit für Pyogenesis da habe ich wieder langsam angefangen, wieder Songs zu schreiben. Es hat einfach wieder in den Fingern gejuckt. Das die zwei Platten jetzt so schnell hintereinander kamen liegt daran, dass wir ausschließlich mit Spaß und ohne Druck bei der Band dabei sind.

Eure Songs und Alben glänzen vor allem dadurch, dass ihr viele Musikstile im Repertoire habt. Welche Pyogenesis Platte bedeutet dir persönlich am meisten?
Flo: Also mir gefallen die letzten beiden Alben am besten, weil diese die komplette Discografie ein bisschen einklammern, Dazu ein homogenes Soundgewand mit den Trademarks von Pyogenesis und auch Melancholie.

Welche Pyogenesis Songs dürfen auf keinem Konzert fehlen?
Flo: Wir spielen auf jedem Konzert „Don’t You Say Maybe“ vom 2002er Album „She makes me whish i had a gun“. Auch immer „I have seen my soul“ vom 2017er Album oder auch „This Won’t Last Forever“ vom 2015er Album “A Century In The Curse Of Time”. “Undead” von 1995 spielen wir auch auf jeder Show. Es gibt also schon so ein paar Anker-Songs, die wir immer spielen und je nachdem was für eine Veranstaltung das ist und wo diese ist, bauen wir den Rest der Setliste drum herum.

Pyogenesis – Undead

Mit „Africa“ habt ihr einem tollen Hit ein noch besseres Gewand gegeben. Es ist schon lange her, aber ein Pyogenesis Cover Album. Kann es sowas geben oder prinzipiell undenkbar?
Flo: Ne das kann ich mir nicht vorstellen. Ein Cover Album eher nicht. Auch aus heutiger Sicht würde ich Africa nicht mehr covern. Auch wenn ich denke das es super geworden ist. Aber sind wir mal ehrlich. Entweder fällt es dir selber ein oder eben nicht. Also ich meine unser Cover ist ja doch recht weit weg vom original so dass ich hier an dieser Stelle auch einen eigenen Song draus machen könnte. Ich empfinde Covern ein wenig als anbiedern. Ja, es kann schon witzig sein, wenn man es mal einstreut aber ein Cover Album kann ich mir aus heutiger Sicht wirklich nicht vorstellen. Man weiß aber auch nie, was kommt. Irgendwann vielleicht doch. Und da bin ich dann mal gespannt, was für Songs drauf sind (lacht).

Ebenso wie Cover setzen Bands auf Unplugged-Veröffentlichungen. Wie stehst du dazu?
Flo: Ja das finde ich OK, wenn es dir Verarbeitung des eigenen Materials ist. Für Pyogenesis habe ich es aber auch nicht auf dem Zettel. Vielleicht als Bonus Material für echte Fans. Ich finde es an dieser Stelle dann aber wichtig, dass diese Akustik Sachen auch Neuerungen mit sich bringen. Da muss ein Aha Effekt rein.

Mit ZSK hast du eine sehr erfolgreiche Band unter Vertrag. „Hallo Hoffnung“ ist ordentlich durchgestartet. Wie erklärst du dir den Erfolg und worin siehst du das besondere an ZSK?
Flo: Also ich arbeite mit den Jungs seit 2002 zusammen. Die Band ist immer konstant am Ball geblieben. Trotz der Pause von 4 Jahren. Sie stehen für Inhalte, Gute Songs. Gute Melodien, gute Texte. Songs, die Menschen ansprechen.

Pyogenesis – New Helvetia

Auf „Hallo Hoffnung“ hören wir die Textzeile „Es müsste immer Musik da sein“. Was muss für Flo von Schwarz immer da sein und was brauchst du gar nicht?
Flo: Für mich muss immer etwas da sein, auf das ich mich freuen kann. Etwas das in der Zukunft liegt. Das kann eine Tour sein, ein Festival, eine Reise, ein Treffen mit jemanden, den ich länger nicht gesehen habe oder einfach nur das Treffen mit Freunden am Wochenende. Irgendetwas, auf das ich mich freuen kann. Das brauche ich. Was ich nicht brauche sind Nervereien, Anspannungen, Ungeduld.

Du bist als Manager unterwegs und hast viel Kontakt mit Musikern. Was war deine verrückteste Anfrage nach einem Plattenvertrag?
Flo: (lacht) Ja, da gab es was. Bei uns waren mal drei Typen, die mit Gasmasken und Overalls bei uns ins Büro kam. Die wollten mich dann persönlich sprechen und haben dabei ihr Demo abgegeben. Das war so ne Mischung aus Metal und Techno. Man konnte die kaum verstehen, da sie die Gasmasken nicht abgenommen haben (lacht) Das war obskur. Und als die dann weg waren haben wir aus dem Fenster gekuckt und gesehen, wie die mit einem ganz alten VW, aus dem Bierdosen gefallen sind, weg gefahren sind. Ich erinnere mich leider nicht mehr an den Namen der Band, aber das war wirklich skurril. (lacht)

Von Stuttgart nach Hamburg. Wie kam es zu diesem Schritt und wenn du in Stuttgart geblieben wärest. Hätte es ein Stuttgart Records gegeben oder wärest du ein komplett anderer Flo?
Flo: In Stuttgart ist die Musikbranche überschaubar. Es gibt da einen großen Anteil an Hip-Hop. Zu der zeit war Stuttgart sehr stark Hip-Hop geprägt. Als ich da nach Hamburg gezogen bin, war Hamburg einfach attraktiver. Warner, East West, Motor, Polydor, Universal usw. aber auch Bands wie Tocotronic. Auch kleinere Firmen sind dort ansässig. Der Kiez, St. Pauli. Jeden Tag ein Konzert, das mich interessiert. Danach trifft man sich, tauscht sich aus in den Kneipen des Viertels. Auch das Netzwerk ist deutlich besser. Das war für mich wichtig, dort zu sein und auch Teil dieses Netzwerks zu werden. Mit Hamburg Records ist das ja jetzt der Fall.

Pyogenesis – Every Man For Himself…And God Against All

Lieber Flo, Bitte entscheide dich:
Hamburg Vs Stuttgart:
Flo: Ja klar Hamburg. Aber ich vermisse die Sonne in Stuttgart. Auch den Bodensee, die schwäbische Alp, das Allgäu. Eigentlich all die schönen Naherholungsgebiete. Das gibt es hier halt nicht.

Millerntor Vs Volkspark Stadion:
Flo: Millerntor. Ganz klar. Ich habe lange auf St. Pauli gewohnt. Der Hamburger Berg, der goldenen Handschuh. auch bekannt von Heinz Strunk. Mehr geht nicht. Mein Herz schlägt für St Pauli.

Streaming Vs CDs:
Flo: Streaming. Ich besitze keinen CD-Player mehr. Auch wenn ich es schön finde, eine CD in der Hand zu haben. Aber ich habe viel von meinen analogen Tonträgern entsorgt.

Live Vs Studio:
Flo: Ich glaube Studio. Mir macht es Spaß, aus Songs noch Details rauszukitzeln und zu erleben, wie Songs entstehen. Wie durch Kleinigkeiten das Gesicht eines Songs verändert werden kann. Auf der anderen Seite ist natürlich der Applaus des Publikums das Brot des Künstlers.

Was bedeuten dir die folgenden Begriffe?
Selbstständig sein:
Flo: Oh, ist mir ganz wichtig. Wäre ich nicht frei in der Gestaltung meiner Arbeit und auch meines Lebens, dann wäre es schwierig. Ich hätte Probleme mit dem 9 to 5.

Menschenrechte:
Flo: Natürlich für uns alle extrem wichtig. Die Basis eines jeden Miteinanders.

Pyogenisis 2019:
Flo: Ja wir arbeiten am neuen Album. Ich weiß nicht, ob das nächstes Jahr kommt. Wir werden ein paar Festivals spielen und freuen uns auf 2019.

Tough Magazine:
Flo: Schön, dass es euch gibt und schön, dass ihr euch die Zeit für mich nimmt.

Danke für dieses Interview. Die letzten Worte gehören dir!
Flo: (lacht) Es gibt nichts Gutes außer man tut es (Erich Kästner). Vielen Dank.

Story und Interview von Thorsten im Dezember 2018

Dieser Artikel wurde am: 13. Dezember 2018 veröffentlicht.

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