Am 19. Juli 2025 strömten über 10.000 Classic-Rock-Fans an den Brombachsee zum alljährlichen Lieder am See Festival. Headliner war niemand Geringeres als der Godfather of Shock Rock höchstpersönlich: Alice Cooper. Was dieses Festival von vielen anderen Open-Airs abhebt und welche Bands sonst noch auf der Bühne standen, erfahrt ihr in diesem Bericht!
Ein Tag am Strand
Das Gelände des Lieder am See unterscheidet sich deutlich von den meisten anderen Festivals. Hier steht die Bühne nicht auf einem Acker oder mitten in einer Stadt, sondern malerisch direkt am Sandstrand des Brombachsees. Die Promenade war gesäumt von Ständen mit einer breiten Auswahl an Speisen und Getränken – von Gyros über Linsensalat bis zum frisch gezapften Bier und eiskalten Aperol Spritz.
Das eigentliche Highlight ist jedoch das Festivalgelände selbst: Ein Großteil der Fläche vor der Bühne wird als Liege- und Picknickbereich genutzt. Hier kann man unter großen Bäumen oder direkt am Wasser entspannen, mit den Füßen im Sand und Classic Rock im Ohr. Wer es etwas direkter mag, stellt sich ganz klassisch vor die Bühne und genießt die Shows im Stehen. Da bekommt der Begriff „Festivalurlaub“ eine ganz neue Bedeutung.
Old but Gold
Für mich startete der Festivaltag mit Slade. Die Engländer stehen seit fast 60 Jahren auf der Bühne – allerdings ist Gitarrist Dave Hill inzwischen das einzige verbliebene Gründungsmitglied. Das recht hohe Alter der Bandmitglieder merkte man der Show leider deutlich an. Große Bühnenaction blieb aus, dafür gab’s aber eine erstaunlich dichte Sammlung an Songs aus der Kategorie: Songs, die jeder kennt und niemand weiß, von wem sie sind. Klassiker wie „Far Far Away“ und „My Oh My“ live zu hören war wirklich etwas Besonderes und tröstete dann auch über die sehr statische Show hinweg.
Deutlich dynamischer ging es anschließend mit Mother’s Finest weiter. Die Funk-Rock-Legenden aus Atlanta brachten mit ihrem energiegeladenen Sound Bewegung auf den Strand. Sängerin Joyce „Baby Jean“ Kennedy beeindruckte mit einer gewaltigen Stimme, die selbst mit 77 Jahren noch ihresgleichen sucht. Dazu eine Band, der man den Spaß an der Musik einfach ansieht. Eine Show ohne viel Tamtam, dafür mit viel Seele und Groove.
Gitarrengott und die jüngste Band im Lineup
Oft ist es auf Festivals so, dass die frühen Bands vor einem überschaubaren Publikum spielen. Nicht so beim Lieder am See: Schon ab 13:00 Uhr war es richtig voll vor der Bühne. Wirklich jede Band wurde hier gebührend gefeiert.
Genau so auch beim Auftritt von Michael Schenker, der auf seiner aktuellen Tour Klassiker aus seiner Zeit bei UFO präsentiert. Besonders hervor stach dabei Gastsänger Erik Grönwall, der mit starker Stimme und enormer Bühnenpräsenz überzeugte. Weniger überzeugt war ich von Michael Schenker selbst. Dafür, dass die Band seinen Namen trägt, war er mir zu wenig präsent. Gitarre spielen kann er aber zweifelsfrei, was er auch bei diversen Soli eindrucksvoll unter Beweis stellte.
Etwas später hieß es dann: „Wir freuen uns, mit 38 Jahren Bühnenerfahrung heute die jüngste Band im Line-up zu sein.“. Mit dieser Ansage eröffneten Fury in the Slaughterhouse ihr Show auf dem Lieder am See. Zwar traf ihre Musik nicht ganz meinen persönlichen Geschmack, doch das Publikum feierte die Hannoveraner mit großer Textsicherheit und viel Energie.
Grande Finale
Um 22:15 Uhr war es schließlich so weit: Alice Cooper betrat die Bühne. Wie kein anderer war er stilprägend für die Inszenierung und den Look von Rock- und Metal-Shows. Die perfekte Mischung aus schockierenden Showeinlagen und eingängiger Rockmusik sind sein Markenzeichen, und genau diese Mischung präsentierte er auch am Brombachsee.
Die Show begann mit dämonenähnlichen Gestalten auf einer als Geisterhaus dekorierten Bühne. Im Zentrum: ein großer Vorhang mit einem Zeitungsartikel über den Skandal um eine frühe Alice-Cooper-Show – ein augenzwinkerndes Spiel mit seiner eigenen Legende. Mit dem Fallen des Vorhangs erschien Cooper, bewaffnet mit einem Säbel, und lieferte eine ebenso musikalisch wie visuell beeindruckende Vorstellung ab. Mit Klassikern wie „Poison“, „No More Mr. Nice Guy“ und neueren Songs wie „Welcome to the Show“ begeisterte er das Publikum.
Mit dem Megahit „School’s Out“ und der Zugabe „Feed My Frankenstein“, beendete der Godfather of Shock Rock das Lieder am See Festival mit einem wahren Grande Finale.
Fazit
Meine einzigen zwei Kritikpunkte sind die, unter Umständen, sehr langen Wege von den Parkplätzen zum Festivalgelände und die extrem langen Schlangen am Einlass. Besonders bei Letzterem sollten die Veranstalter dringend nachbessern. Abgesehen davon war die Organisation aber hervorragend.
Das Festival lebt einfach von seiner großartigen Location, direkt am Strand des Brombachsees. Auf kaum einem anderen Festival lässt es sich so gut entspannen, während weltbekannte Bands die Bühne rocken. Es ist wirklich eine einzigartige Festival Experience, die ich jedem Fan von Classic Rock nur wärmstens empfehlen kann – auch und ganz besonders, wenn man sonst eher kein Festivalgänger ist.
Lineup 2025:
- Alice Cooper
- Fury in the Slaughterhouse
- Michael Schenker
- Mother’s Finest
- Slade
- Birth Control
Nachbericht und Fotos von Johannes Scharf
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