Tourauftakt in Nürnberg und direkt ausverkauft. Der Stadionpark war voll, die Stimmung leicht kribbelig, als sich gegen 20:15 Uhr langsam die Bühne erhellte. Ein angenehm kühler Sommertag neigte sich dem Ende zu und die ersten Akkorde erklangen.
Zum Intro standen Vincent (Gesang, Akustikgitarre) und Asita (Geige) im Fokus. Sie eröffnete den Abend mit gefühlvollem Geigenspiel, während Vincent zur Akustikgitarre den ersten Song „Kein Tag ohne Dich“ anstimmte. Der Übergang zum zweiten Song verlief fast nahtlos. Ab der ersten Zeile sang das Publikum mit: laut, präsent, textsicher und das sollte sich über das gesamte Konzert hinweg nicht ändern.
Die Bühne war in einer wellenförmigen U-Struktur gestaltet, unterstützt von farbintensiven Lichteffekten und Videos, die bei bestimmten Songs, etwa „Indigo“, im Hintergrund liefen. Ein besonderes visuelles Element war ein großer, leuchtender Mond, der zu Beginn noch unsichtbar blieb und erst zu einzelnen Songs gezielt abgesenkt wurde. Dabei positionierte er sich oft exakt über dem Schlagzeug, direkt im Hintergrund der davorstehenden Bandmitglieder, sodass ihre Silhouetten im Lichtschein besonders atmosphärisch zur Geltung kamen. Manchmal hing der Mond auch weiter oben leuchtend, ruhig, fast träumerisch und verlieh der Szenerie eine besondere Tiefe, ohne aufdringlich zu wirken.
Ein emotionaler Moment entstand bei Vincents Ansage zu „Indigo“. Er erzählte, wie der Song von einer Zeit handelt, in der sie frisch den Führerschein gemacht hatten, mit einem geerbten Auto als Clique durch die Landschaft fuhren. Ohne Ziel, ohne Plan, einfach raus. Langeweile und Monotonie bestimmten damals den Alltag, genau das, was man als Teenager oft unbedingt loswerden will. Und doch beschreibt der Song das unerwartete Vermissen genau dieser scheinbar bedeutungslosen Zeit. Eine leise, ehrliche Sehnsucht, die sich auch im Publikum spürbar übertrug.
Zur Band gehören neben Vincent seine beiden Cousins Moritz (Bass, Gesang) und Robin (Keyboard, Gesang) sowie Leon (Drums, Gesang). Asita wechselte im Lauf des Abends immer wieder zwischen Geige und E-Gitarre, mal war sie präsent, mal nicht auf der Bühne, je nach Songstruktur.
Vor dem Song „Draußen ist Krieg“ folgte ein deutliches Statement: Kein Platz für Diskriminierung, Rassismus oder Ausgrenzung und explizit auch nicht für die AfD. Die klare Haltung wurde vom Publikum mit Applaus und Jubel gefeiert.
Offensichtliches Highlight für viele und auch mich war das Piano inmitten der Menge. Vincent spielte dort „1.000 Nächte“ als ersten Song und die Moritz, Robin sowie Leon Sangen mit, während die Fans eng die Gruppe umringten: leise, aufmerksam und mit Gänsehautmomenten. Auch „Zorn & Liebe“ sang Vincent wieder mit und Robin übernahm das Instrument. Anschließend folgten weitere Songs in dieser intimen Umgebung, diese waren „Alaska“ sowie der Song „Ich glaub ich will heut nicht mehr gehen“, den Provinz ursprünglich mit Nina Chuba aufgenommen hatte.
Nach diesen vier Songs kehrten alle wieder auf die große Bühne zurück und spielten mit unveränderter Dynamik weiter. Als Zugabe spielten sie „Tanz für mich“ und erweiterten die Zugabe mit mehreren Durchgängen. Während auf anderen Konzerten gerne gepogt wird, wurde hier eher gewalzt: tänzelnd, dicht gedrängt, aber nie aggressiv. Die Energie der Menge war ausgelassen, aber warm.
Den Abend eröffnete das britische Duo IDER, das von einem Schlagzeuger und einer Bassistin unterstützt wurde. Gleich zu Beginn überraschte mich der Auftritt mit einem kraftvollen Drumeinstieg, der sich nicht nur in den ersten Minuten, sondern über das gesamte Set hinweg als tragende, dynamische Ebene erwies. Die beiden Frontfrauen wechselten zwischen Gitarre undKeyboard, ihre mehrstimmigen Vocals fügten sich in einen teils träumerischen, manchmal aber auch stark dominierenden, Sound der perfekt auf den Abend einstimmte, ohne dabei an Präsenz zu verlieren.
Ein gelungener Tourstart. Provinz haben gezeigt, dass sie nicht nur musikalisch, sondern auch in Haltung und Nähe zum Publikum genau dastehen, wo deutschsprachiger Indie-Pop 2025 sein sollte.
Noch offene Tourtermine:
12.07.2025 Dortmund Westfalenpark
01.08.2025 Wien Arena Wien
02.08.2025 Wien Arena Wien (Zusatzshow)
08.08.2025 Hamburg Trabrennbahn Bahrenfeld
09.08.2025 Braunschweig BraWo Bühne
15.08.2025 Lingen EmslandArena Open‑Air-Platz
16.08.2025 Rostock IGA Park
22.08.2025 Ravensburg Freigelände Oberschwabenhalle
23.08.2025 Köln Galopprennbahn
29.08.2025 Freiburg Münsterplatz
30.08.2025 Ladenburg / Heidelberg Festwiese
31.08.2025 Bielefeld Ravensberger Park
13.09.2025 Berlin Parkbühne Wuhlheide
Nachbericht von Lukas Pförtsch.
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