Der zweite und finale Tag des Impericon Festivals 2025 brach an, und er versprach, noch intensiver zu werden als der Vortag. Mit 17 Bands und fast 12 Stunden pausenloser harter Musik auf zwei Bühnen war der Samstag prall gefüllt. Welche Höhepunkte wir an diesem Tag erleben durften und unser abschließendes Fazit zum Festival findet ihr in diesem Bericht.
Turbulenter Start und frühe Eindrücke
Pünktlich um 12:00 Uhr läuteten Defects auf der Wildcat Stage den Tag ein. Nachdem wir die Metalcore-Newcomer bei Rock im Park leider verpasst hatten, war die Vorfreude groß – und wir wurden nicht enttäuscht! Defects lieferten eine solide Performance ab und waren der ideale Auftakt für diesen jungen Festivaltag.
Direkt im Anschluss ging es für uns mit Guilt Trip weiter. Allerdings mussten wir feststellen, dass es für aggressiven Hardcore und Violent Dancing doch noch etwas zu früh für uns war. Die zahlreichen Fans der Band schien das aber nicht zu stören.
Das Festivalgelände: Potenzial in der Halle
Diese kurze Verschnaufpause wollen wir nutzen, um euch vom Ambiente des Impericon Festivals zu berichten. Nun ja, „Ambiente“ ist vielleicht etwas hoch gegriffen. Der wichtigste Teil des Festivalgeländes ist zweifellos die Halle:Eins der Leipziger Messe. In der über 19.000 m² großen Halle befindet sich die imposante Doppelbühne mit Monster- und Wildcat-Stage, zwei große Tribünen, einige Essens- und Getränkestände sowie die Verkaufsstände für Festival- und Bandmerch. Vor den Bühnen setzte das Impericon Festival auf ein offenes Wellenbrecher-System mit drei Abschnitten und zwei Tribünen hinter dem dritten Bereich, gegenüber den Bühnen. Es war also problemlos möglich bei den Lieblingsbands in der ersten Welle zu feiern und anschließend ohne Umwege zur benachbarten Bühne oder in die zweite und dritte Welle zu wechseln.
Wie bereits erwähnt, bot die Halle wenig echtes Flair; sie wirkte größtenteils leer. Besonders betroffen waren die Bereiche rechts der Bühnen und hinter den Tribünen. Rechts gab es immerhin einen Getränkestand, das Monster Tattoo Zelt und ein, zwei kleinere Essensstände – alles etwas weit verteilt und verloren in der riesigen Halle. Hinter den Tribünen wurde es jedoch richtig karg; hier gab es außer einem winzigen Pommes-Stand absolut nichts.
Unser Vorschlag an das Impericon Team: Ihr seid doch ein Merchandising-Händler! Warum nicht einen Art Outlet-Store mit euren Produkten im hinteren Bereich einrichten? Das würde den Festivalgänger*innen eine willkommene Nebenbeschäftigung bescheren und perfekt zur Marke passen. Immerhin gab es auf der rechten Seite der Halle etwas mehr zu erleben: einen großen Stand mit Band-Merch, einen Stand für Festival-Merch und einen kleinen Stand mit ausgewählten Band-Shirts und Hoodies aus dem Impericon Sortiment. Außerdem gab es Cocktail- und weitere Getränkestände. Kein schlechtes Angebot, aber insgesamt ist in der Halle definitiv noch mehr Potenzial vorhanden.
Beindruckende Frontfrauen und Diversität
Nach unserem Rundgang geht es direkt zurück vor die Bühnen, denn Delilah Bon stand auf dem Programm. Unverblümt und sehr direkt wurde hier musikalisch der Feminismus zelebriert und das Patriarchat an den Pranger gestellt. Auch wenn ich einige Aussagen und Standpunkte etwas arg drüber fand, war es stark, dass hier ein deutliches Zeichen für Frauenrechte und gegen sexuelle Gewalt gesetzt wurde!
Mit einer Frontfrau ging es auch bei der nächsten Band, As Everything Unfolds, weiter. Die Gruppe wusste vom ersten Song an zu überzeugen. Moderner Post-Hardcore/Metalcore wie aus dem Bilderbuch, mit einer tollen Lichtshow und einer unglaublich talentierten Sängerin mit gewaltiger Bühnenpräsenz. Für uns war das ein erstes kleines Highlight an diesem Samstag.
Etwas, das uns auf dem Impericon Festival sehr positiv auffiel, war der große Frauenanteil im Publikum. Wir würden hier tatsächlich sehr gute 40–50% schätzen. Wir finden das wirklich großartig und freuen uns sehr, dass sich unsere Szene hier in die richtige Richtung entwickelt. Wir würden uns aber wünschen, auch im Line-up noch mehr Diversität zu sehen; dieses war besonders am Freitag fast vollständig männlich. Dennoch scheint Impericon hier offensichtlich vieles richtig zu machen. Wir sagen: Weiter so!
Mittagstief und explosionsartiges Erwachen
Nach einer dringend nötigen Verschnaufpause ging es für uns mit etwas ruhigerer Musik von Boston Manor weiter. Für uns war der Alternative Rock der Briten allerdings etwas zu ruhig, um uns aus unserem Nachmittagstief zu reißen. Die Band kam beim Publikum aber sehr gut an, und so langsam füllte es sich auch vor den Bühnen.
Auch den Pop-Punkern von Trophy Eyes gelang es im Anschluss nicht so recht, uns wieder richtig in Schwung zu bringen. Auch vor der Bühne war hier leider nicht so viel los. Vielleicht ist das eine Band, die in einem kleineren Club besser funktioniert. Sollte sich uns die Gelegenheit bieten, werden wir das für euch ausprobieren und berichten.
Mit Letlive war dann endlich Schluss mit der Mittagsmüdigkeit! Ohne jemals zuvor von der Band gehört zu haben, beschlossen wir, uns ein Plätzchen ganz vorne an der Bühne zu sichern und uns überraschen zu lassen. Ein Fan nebenan grinste nur und meinte, wir sollten uns auf eine völlig verrückte Show einstellen, Sänger Jason Aalon Butler würde regelmäßig die komplette Bühne zerlegen. Und holy shit, das war absolut keine Übertreibung! Das erste Opfer des ekstatischen Frontmanns wurde ein Mikrofonständer, gefolgt vom Drum-Riser, dessen Platzierung ihm wohl nicht gefiel. Im Laufe der Show wurden Monitorboxen kurzerhand zu einem Parcours für immer waghalsigere Sprünge umfunktioniert. Doch neben der verrückten Performance wusste Butler auch gesanglich auf voller Linie zu überzeugen. Die Musik der Kalifornier ist unglaublich energiegeladen und voller Emotionen. Wir waren jedenfalls komplett begeistert von Letlive – einer unserer absoluten Höhepunkte auf dem Impericon Festival!
Brutale Moshpits und kulinarisches Leckereien
Zum Verarbeiten des soeben Erlebten blieb keine Zeit, denn es ging direkt zum nächsten Höhepunkt: Paleface Swiss luden zum Tanz. Oder doch eher zu einem brutalen, 40-minütigen Dauermoshpit! Ich habe schon viel Gutes über die Schweizer gehört, aber es selbst zu erleben ist etwas anderes. Wie keine andere Deathcore-Band verstehen es die Band, eine unglaublich hochwertige Licht- und Pyro-Show mit brutaler Musik zu verbinden. Der wachsende Erfolg der Band liegt vermutlich auch zu keinem kleinem Teil an Marc „Zelli“ Zellweger, dem überraschend charismatischen Frontmann und Sänger der Truppe. Der mit seinen Ansagen die Crowd buchstäblich zum explodieren brachte. Diese Show war für viele scheinbar ein Pflichttermin im Programm, denn es war richtig, richtig voll vor der Bühne.
Leider mussten wir Imminence zugunsten einer Stärkung auslassen. Das gibt mir jetzt aber die ideale Gelegenheit, euch vom Essens- und Getränkeangebot zu berichten. Neben einigen kleineren Imbissständen mit Pommes und Pizza in der Halle gab es eine große Auswahl an Speis und Trank im Außenbereich zwischen Halle 1 und Halle 3. Das Festivalteam sorgte hier für ein breites Angebot an Gerichten, mit und ohne Fleisch. Neben Klassikern wie Steakbrötchen, Burger und Handbrot gab es auch vegetarisches Gyros und einen Foodtruck mit veganem Döner, vor dem sich fast durchgehend lange Schlangen bildeten. Bei den Getränken gab es neben dem Üblichen noch sehr leckere Erdbeerbowle und eisgekühlte Energydrinks. Letztere natürlich vom Festivalsponsor Monster Energy. Die Preise für Verpflegung bewegten sich leider in einem, für Festivals in 2025 üblichen, hohen Bereich mit 7,00 € für ein Steakbrötchen, 12,00 € für einen Vöner und 5,50 € für ein Bier (0,4l). Trinkwasser gab es kostenlos an den Waschbecken der zahlreichen WCs oder für 3,50 € an den Buden.
Von Punk-Party bis zu den Headlinern
Doch genug über Essen geredet. Mit Polaris ging es weiter, und hier gab es direkt ordentlich was auf die Ohren. Wie entschieden uns dazu das Konzert altersgerecht von der Tribüne aus zu verfolgen. Allerdings konnten wir das Spektakel dort nicht so richtig genießen, weil hier mit großen Stroboskopen auf der Bühne etwas übertrieben wurde und die Show deswegen wirklich unangenehm grell war. Musikalisch gab es bei Polaris aber überhaupt nichts zu meckern, selbst auf den Tribünen wurde kräftig headgebangt und gefeiert.
Um 19:00 Uhr gab es dann Punk-Party pur mit den Donots. Die 1994 gegründete Band gehört mittlerweile zweifelsfrei zur Crème de la Crème der deutschen Punk-Szene, und das haben sie auch in Leipzig an diesem Wochenende wieder eindrucksvoll bewiesen. Das war eine Show, die einfach nur Spaß gemacht hat. Die Ankündigung des ersten Headliners gab es dann noch oben drauf, allerdings ließen die Donots das Publikum in Form eines beeindruckenden Circle Pits auch ordentlich dafür arbeiten. Wer hier angekündigt wurde, verrate ich euch am Schluss.
Vorher geht es aber mit The Ghost Inside weiter, gefolgt von Motionless in White, die auf dem Impericon Festival ein wirklich beeindruckendes Bühnenbild mit großen LED-Screens zu bieten hatten. Auch musikalisch haben mich Motionless in White wirklich positiv überrascht. Besonders die neueren Songs der Band konnten live wirklich überzeugen.
Beendet wurde das Festival von A Day To Remember als Headliner der Wildcat und Bullet For My Valentine auf der Monster Stage. A Day To Remember konnten mich musikalisch leider nicht so recht überzeugen. Doch den wohl meistgememten Breakdown der Welt wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen: Beim Song „Mr. Highway’s Thinking About The End“ und der legendären Zeile „Disrespect your surroundings“ verwandelte sich das gesamte Publikum schlagartig in einen einzigen kochenden Moshpit – und es war einfach nur großartig, dabei gewesen zu sein. Beeindruckend war es auch, wie textsicher die Crowd während des gesamten Sets war.
Ebenso textsicher ging es auch bei Bullet For My Valentine weiter. Das galt insbesondere beim Song „Tears Don’t Fall“, der wohl für viele, mich eingeschlossen, zum Gänsehautmoment wurde. Leider klangen Bullet For My Valentine an diesem Samstag etwas dünn, da Leadgitarrist Michael Paget krankheitsbedingt kurzfristig ausgefallen war und die Band das Festival als Trio headlinen musste. Dennoch war die Show der Metalcore-Legenden ein würdiger Abschluss für die Geburtstagsausgabe des Impericon Festivals.
Unser Fazit zum Impericon Festival 2025:
Als großes Indoor-Festival ist das Impericon Festival in Deutschland wirklich etwas Besonderes. Die Messehalle bietet dabei große Vorteile: Klimatisierung, Schutz vor der Witterung, gleiche Bedingungen für jede Band, Sitzmöglichkeiten an den Bühnen und eine top Verkehrsanbindung. Allerdings kam für uns zu keinem Zeitpunkt echtes Festivalfeeling auf; eher fühlte es sich wie eine sehr lange Clubshow mit zu vielen Vorbands an. Auch die Anzahl und die Spielzeiten der Bands sind für uns ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist es großartig, so viele verschiedene Bands in kurzer Zeit erleben zu können, ohne Leerlaufzeiten auf die nächste Band warten zu müssen. Andererseits wäre es schön, wenn die ein oder andere Band vielleicht doch ein paar Minuten länger spielen würde. Auch das Fehlen von Umbaupausen und die Dauerbeschallung machen das Festival ziemlich anstrengend und sorgen zwangsläufig dafür, dass man einige Bands zugunsten von Pausen verpassen muss.
Negativ aufgefallen sind uns auch die Verfügbarkeit von Band- und Festivalmerch. Am Freitag wollten wir ca. 15 Minuten nach der Show von Bury Tomorrow Merch kaufen und mussten feststellen, dass der Band-Merch nahezu vollständig abgebaut war. Beim nächsten Mal wissen wir das und werden tagsüber einkaufen und die Sachen im Auto unterbringen. Wer nicht mit dem Auto da ist und den Merch nicht den ganzen Tag herumtragen will, hat hier allerdings das Nachsehen. Ärgerlich war auch, dass viele Designs beim Festival-Merch ebenfalls bereits Freitagabend ausverkauft waren und dann am Samstag nicht mehr verfügbar waren. Hier würden wir uns wünschen, dass ein Kontingent für Samstag zurückgehalten wird, um auch Tageskartenbesitzern noch die Möglichkeit zu geben, die begehrten Designs zu ergattern.
Ich würde trotz aller Kritik wiederkommen. Das großartige Line-up und der Komfort, den die Halle bietet, gibt es so sonst einfach nirgendwo und macht das Impericon Festival zu einem der spannendsten Festivals in Deutschland. Auch das Publikum ist der Wahnsinn; bei wirklich jeder Band brodelte die Crowd und versprühte scheinbar unerschöpfliche Energie. Genau dieses Feeling macht das Festival aus und ist aus meiner Sicht das Beste am ganzen Event.
Ach ja, und bevor ich es vergesse: Als ersten Headliner für 2026 wurden niemand Geringeres als Rise Against angekündigt! Tickets für 2026 gibt es auch schon, und das zu einem wirklich fairen Preis. Also wartet nicht und macht euch nächstes Jahr unbedingt selber mal ein Bild von Deutschlands einzigem Sommerfestival mit Klimaanlage!
Nachbericht und Fotos von Johannes Scharf.
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