Über die japanische Kawaii-Metal Band Babymetal wurde bereits ausgiebig geschrieben, debattiert und oft heftig gestritten. Ein Rückblick ins Jahr 2013: Zu dieser Zeit sahen einige eingefleischte Metaller Babymetal reflexartig als den Untergang ihrer geliebten Szene. Einige waren entrüstet, andere begeistert. Kaum eine Gruppe spaltete die Metal-Gemeinschaft so stark seit der Crossover-Welle der 90er Jahre.
Allein der Name der Band war ein heiß diskutierter Auslöser. Hinzu kam die Anime-Ästhetik – eine Mischung aus Schulmädchen-Gothic-Lolita-Look, japanischer Folklore, theatralischer Choreographie und einem brachialen Mix aus harten Metalkomponenten im Hintergrund und zuckersüßem J-Pop im Zentrum, der beispielsweise Schokoladenkonsum (!) thematisierte. Überraschend? Definitiv. Doch war Babymetal überhaupt eine Band oder eher ein vollständig durchorganisiertes J-Pop-Projekt? Diese Frage bleibt an dieser Stelle unbeantwortet. Und ganz ehrlich, nach zehn Jahren, kann man sagen, dass sich Babymetal und der Kawaii-Metal definitiv etabliert haben. Neben unzähligen Kollaborationen mit Musikerikonen der Szene ebneten Babymetal ganz nebenher auch den Weg für Bands wie Passcode, Ironbunny, Nemophila usw. Und öffneten garantiert auch den Blick über den musikalischen Genre Tellerrand hinaus.
Im Kölner Palladium in Mülheim war es nach langer Zeit wieder soweit: Babymetal machte nach einer kurzen Tour mit Lordi und Sabaton und im Rahmen ihrer Welttournee 2023/24 Halt. Ein großes Ereignis für die Fans, denn der Raum mit über 4000 Plätzen war restlos ausverkauft. Das Publikum war genau so wie es zu erwarten war: Bunt, vielfältig und nicht nur in der Metal-Szene zuhause.
Bevor der Hauptact auf die Bühne trat, präsentierte sich Wargasm UK als Warm-Up-Opener. Diese Band vereint Elektro, Punk und Metal nicht nur gekonnt, sondern brilliert regelrecht! Die Performance von Wargasm UK war beeindruckend und klanglich treibend. Überwältigend gut als Support Act. Der gewagte Look von Sängerin/Bassistin Milky Way bleibt in Erinnerung, verleiht der Band jedoch eine umso wichtigere Symbolik: Neben Sänger Sam verkörpert Milky Way damit großartig und selbstbewusst den Riot-Grrrl-Vibe. Die Londoner sind seit ihrem Debüt 2018 ohnehin ein Geheimtipp, und wir empfehlen dringend, ihre kommenden Auftritte zu besuchen!
Die Stimmung im Saal war grandios und voller Vorfreude, und als Su-Metal, Momometal und Moametal – begleitet von den weitgehend im Hintergrund stehenden Musikern der Kami-Band – endlich die Bühne betraten, war das Publikum nicht mehr zu halten. Es folgte eine einzigartige Show: Die Choreographie, die Bühnenoutfits, der Sound – eine bizarren, aber stimmigen Mischung. Die Choreographie allein war wie Theater, perfekt auf den Sound abgestimmt und visuell beeindruckend, und die Energie sowie Kondition der Tänzerinnen waren bewundernswert. Die folkloristischen Leinwandprojektionen waren atemberaubend (bei ‚Metali!!‘ flimmerte Tom Morello als Kollaborationspartner auf dem Bildschirm) Besonders schön war, dass die Tänzerinnen/Sängerinnen, allen voran Su-Metal, oft Blickkontakt und Interaktion mit dem Publikum suchten – eine persönliche Note, die hoffentlich diejenigen Spaßbremsen besänftigte, die die Band als reine Kunstfigur abstempelten.
Der Sound war solide und klar. Nach 12 Songs und einer knappen, kurzweiligen Stunde war die Show vorbei – typisch für Babymetal. Alles in allem eine klare Empfehlung für all jene, die sich bisher nicht mit Babymetal auseinandergesetzt oder schlichtweg nur verpasst haben: Nutzt die Gelegenheit und besucht eines ihrer seltenen Konzerte. Denn Babymetal macht einfach Spaß und ist ein visuelles und akustisches Fest für die Sinne. Punkt
Nachbericht und Bilder von Mike Schmitz.
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