Three Minute Record: Sänger Sammy im Interview
Im März ist das Debütalbum der Essener Punkrock-Band Three Minute Record erschienen. Redakteur Florian Stoffelen traf Sänger Sammy zu einem kleinen Plausch!

Hi Sammy, auf euer Facebook Seite nennt ihr euch „Vier Jungs die Mitten im Leben stehen und neben Job, Familie und Midlifecrisis immer noch Rock’n Roll im Herzen haben“. Klingt nach älteren Herren mit Bauchansatz, die in irgendeinem Proberaum ihrer Jugend hinter her laufen. Hand aufs Herz wer seit ihr wirklich?
Sammy: Laut meiner Kinder, SIND wir ältere Herren! Und das mit Ende 30/Anfang 40 (lacht). Aber eigentlich haben wir ja damals, in ihrem Alter, nicht anders gedacht. Das schöne allerdings ist, dass wir unserer Jugend nicht hinterher rennen müssen, da wir bereits sehr viel erlebt haben. Ich habe meine erste Tour gemacht da war ich 16! Sven und ich sind zusammen aufgewachsen und haben unsere erste Band in der Schulzeit gegründet und von da an hat die Musik immer eine wesentliche Rolle in unserm Leben gespielt. Von Europa-, bis hin zu einer 6wöchigen USA-Tour, hatte ich das Glück schon mit Anfang 20 viele Dinge erleben zu dürfen und Freundschaften zu schließen die bis heute Bestand haben.

Also wenn wir etwas nicht machen müssen, ist es der Jugend hinterher zu laufen. Das ist im Übrigen mit Kindern auch nicht möglich, die zeigen dir schon auf wenn Du zu „peinlich“ wirst! (lacht)

Ihr alle wart bereits vorher in anderen Bands aktiv und habt die Jugendzentren dieser Republik gerockt, jetzt habt ihr euer erstes Album „Into the Wild“ rausgebracht. Habt ihr immer noch nicht genug davon, oder ist das so ein „to old to stop, to young to die – Ding“ ?
Sammy: Vor 4-5 Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich/wir nochmal eine Album aufnehmen, geschweige denn veröffentlichen würden. Wir hatten uns gerade mit der alten Band aufgelöst um mehr Zeit für die Familie zu haben. Nach einem Jahr komplett ohne eigene Songs zu schreiben und zusammen mit Freuden als Band zu verwirklichen, hat es dann doch wieder in den Fingern gejuckt. Das scheint David gespürt zu haben und besuchte mich damals. Wir hörten alte Songs und ein paar neue Bands, die er aufgetan hat, von denen er meinte, dass sie mir gefallen könnten. Und was soll ich sagen – 2 Tage später saßen wir im Proberaum und haben an unserem ersten Song gebastelt. Das war übrigens „Young and Wild“, der auch auf dem Album ist.

Wie würdest du euren Sound beschreiben, im Gegensatz zu den Vorgängerprojekten ist es doch ein etwas weniger punkig, dafür deutlich rockiger geworden – meiner Meinung nach!
Sammy: Genau so würde ich ihn beschreiben. Etwas weniger punkig, dafür deutlich rockiger! Ich denke, dass ist auch so eine Begleiterscheinung des erwachseneren Songwriting. Heute muss nicht mehr alles „knallen“ und jeder Song zum mitgrölen sein. Wie gesagt, als wir die Songs geschrieben haben sind wir davon ausgegangen eventuell hier und da mal eine Show zu spielen, weil wir noch immer Spaß am musizieren haben. Musikalisch gesehen haben wir eine relative große Bandbreite an Einflüssen. Dies geschieht ganz unbewusst. Man setzte sich nicht hin und sagt „so, der nächste Song muss so oder so klingen“.

Ich höre, gerade nach eigenen Konzerten, sehr gerne ruhigere Töne. Mellow-Jazz oder auch Klassik. Das ist natürlich nicht 1:1 zu hören auf unserem Album, aber dennoch trägt es seinen Teil dazu bei. Was wir natürlich nicht verleugnen können und wollen, ist, das die Musik von Bruce Springsteen uns stark prägt. Hat es immer schon! Es gibt ganz wenige Künstler die einen ein Leben lang „begleiten“ und deren Songs oftmals wie Erinnerungen klingen wenn man sie hört.

Auf eurer Facebook Seite schreibt ihr, das ihr einfach nur Bock habt zusammen Musik zu machen, fernab von allen Karriereambitionen (grob zusammengefasst), wie passt es dann zusammen das ihr ein Video zu „Into the wild“ gedreht habt? Wie kam es zu dem Dreh?
Sammy: Im Prinzip hat bei uns von Anfang an alles wie ein Puzzle zusammen gepasst. Nachdem für David und mich klar war, dass wir wieder eine Band starten, mussten wir nicht lange überlegen wer dabei sein soll. Sven hatte mich schon ein Jahr zuvor gefragt ob wir nicht mal wieder ein Projekt zusammen machen wollen, und David kannte da noch jemanden von früher der perfekt passen würden: Nico.

Ähnlich war es auch beim Video. Vor gut einem Jahr haben wir die Anfrage bekommen auf einer Hochzeit zu spielen. Da wir ja nun nicht die typische Hochzeitskapelle sind, war das schon eine interessante Geschichte für uns. Der Bräutigam hat uns ein paar Mal im Proberaum besucht, da er auf seiner Hochzeitsfeier seine Braut überraschen wollte indem er 2 Songs mitspielt. Wir haben uns mit ihm angefreundet und eines Tages kam von ihm die Idee zu dem Video. Da er im Bereich der Fotografie arbeitet, und dementsprechend Zugang zu dem Equipment hatte und es schon lange ein Traum von ihm war mal ein Video zu produzieren, kam es dazu.

Wo wollt ihr mit 3MR denn überhaupt so hin?
Sammy: Um es mal poetisch auszudrücken: wohin der Wind uns trägt! Wie gesagt, dass schöne ist, dass wir absolut zwanglos die Band laufen lassen. Wir freuen uns über jede Show die wir spielen. Sollten wir allerdings ein paar Wochen keine Konzerte spielen, ist das auch absolut o.k., da die Band, anderes als in jüngeren Jahren, nicht der Mittelpunkt unserer Leben ist. Den Platz nimmt, konkurrenzlos, die Familie ein!

Ganz ehrlich: was bis jetzt passiert ist, hat unsere Vorstellungen schon übertroffen! Wir wollten einfach mal wieder im Proberaum sitzen, in die Saiten hauen und ein Bierchen trinken. Nun halten wir ein Album in den Händen mit unseren Songs – wir teilen die Bühne mit Helden unserer Jugend und guten Freunden die wir über die Jahre kennenlernen durften. Wir nehmen alles mit was kommt und genießen eine gute Zeit ohne drüber nachzudenken wie lange das so weiter geht oder was morgen kommt.

three-minute-record (2)

Da mir wirklich alle Songs vom Album sehr gut gefallen bist du jetzt gefragt, welcher Song ist deine persönliches Highlight bzw liegt dir besonders am Herzen?
Sammy: Das ist schwer zu sagen. Es gibt einige Songs die mir in ganz unterschiedlicher Art und Weise viel bedeuten. Über „Stronghold“ freue ich mich auch sehr. Gerade so eine Midtempo-Nummer ist schwer im Studio so umzusetzen, dass er noch kraftvoll genug, jedoch nicht zu hart klingt. „The Mine“ wurde geschrieben als Ode an unseren schönen Ruhrpott und die Männer, die diese Region geprägt haben. Dann ist soviel mehr mit dem Song passiert. Beef Bonanza von den Bones singt die 2. Strophe und der aufstrebende Comedian Markus Krebs, Gewinner des Comedy-Preises, hat sich für diesen Song als Einlaufsong für sein neues Programm „Hocker-Rocker“ entschieden. Müsste ich jedoch einen Song des Albums nennen, der uns repräsentieren soll, wäre das vermutlich „Into the Wild“. Vom Songwriting, sowie vom Text her ist dieser Song wohl der kompletteste.

Der Chorus von 3MR lautet „I’ve learned more from a three minute record, than I ever learned in school!“. Ist das ein Tipp den du auch deinen Kinder geben würdest?
Sammy: Auf jeden Fall! Allerdings darf man auch diese Textzeile, die wir, wie wohl fast jeder weiß von einem Springsteen-Song „geliehen“ haben, nicht eindimensional betrachten. Eine klassische Schulbildung ersetzt ein Song natürlich nicht! Aber, und das ist wohl eher der Sinn dahinter, wäre zumindest mein Leben ohne diese „3 Minutenplatte“ komplett anders gelaufen. Das schöne an der Alternativen Musikszene, sei es Punk, Oi, Hardcore oder was auch immer, ist ja, dass es nicht nur um die Musik geht, sondern vor allem die Texte von Bedeutung sind. Das ist ja das große Manko der populären Musik und deren Konsumenten. Für die meisten ist Musik kein Ausdruck einer Lebenseinstellung, was sehr schade ist.

Dank der alternativen Musik und deren Szene habe ich Menschen auf der ganzen Welt kennenlernen dürfen und bin an Orte gereist, die ich ohne diese Passion niemals gesehen hätte. Die schulische Ausbildung vermittelt dir viel Theorie, die unabdingbar ist, aber ohne eigene Erfahrung im Leben gesammelt zu haben ist diese so gut wie wertlos. Das ist es was ich versuche meinen Kindern zu vermitteln: die Welt mit offenen Augen und, in diesem Fall, Ohren wahrzunehmen und zu hinterfragen. In meinem Fall hat dieses hinterfragen mit Ideologien, die ich aus Hardcore/Punkrocksongs kannte, angefangen.

Ihr habt euch auf „Into the Wild“ zwei prominente Gastmusiker ins Studio geholt. Wer hat euch denn da unterstützt?
Sammy: Beef Bonanza, seines Zeichens Sänger der schwedischen Combo The Bones, hatte ich ja schon erwähnt. Auch das ist eine dieser langjährigen Freundschaften durch die Musik. Wir sind mit meiner alten Band 2004 zusammen mit den Bones getourt und seitdem hatten wir, über die Jahre, immer den Kontakt gehalten und als ich angefragt habe ob er Lust hätte bei einem Song Vocals beizusteuern war er sofort dabei.

Da wir auf dem Album zu einigen Songs etwas Orgel und Piano haben wollten, war von Anfang an klar, nur kann dies leider keiner von uns adäquat. Chris von den Broilers lernten wir eine Weile zuvor kennen. Er, Andy und Ron waren auf einer Show von Sondaschule, die wir supportet haben und in deren Folge die Nacht in diversen Bars in D´dorf durchzecht wurde. Von da an ist man sich mehr oder weniger regemäßig über den Weg gelaufen und da wir die Jungs als sehr nette, bodenständige Kerle kennengelernt haben, dachten wir uns fragen wir einfach mal ober Lust hätte dem einen oder anderen Song den letzten Schliff zu geben. Das er sich die Mühe gemacht und Zeit genommen hat, neben dem Nummer 1 Album das Broilers gerade released haben, auf fast jedem Song dabei zu sein freut uns sehr. Auch an dieser Stelle nochmal vielen Dank Chris.

Auch hier ist der rote Faden, der sich durch unsere Bandgeschichte zieht, zu erkennen: Es hat alles, zur richtigen Zeit, gepasst.

Interview im März 2014 von Florian Stoffelen

Three Minute Record – Into the Wild

Fotos: Claus Pütz

Dieser Artikel wurde am: 7. Juni 2014 veröffentlicht.

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