Rettet die Garage Saarbrücken: Das Interview-Special
Als Online-Magazin, das aus Leidenschaft zur Musik betrieben wird, freut man sich vor allem über neue Bands, neue Platten der Lieblingsbands, aber auch auf Konzerte, Interviews mit Bands sowie Treffen und Erfahrungsaustausch mit Veranstaltern. Doch seit März 2020 ist das ein wenig anders. Es kam plötzlich – aber heftig. Stillstand. Lockdown. Keine Konzerte. Alles Ruhig… deutlich zu ruhig. Vielleicht wie in einem schlechten Film aber ganz sicher wie nach einem K.O. Schlag. Und irgendwie riecht es nach einem sehr ruhigen und sehr kalten Festivalsommer. Weiterhin freuen wir uns derzeit immer noch über neue Bands, neue Musik der Lieblingsbands und über … ach ja, maximal Onlinekonzerte. Clubkonzerte – verlegt oder abgesagt! Festival-Termine ganz abgesagt! Nicht nur ein kalter Festivalsommer – ein kalter Konzertsommer steht uns bevor! In den letzten Wochen haben wir viele Infos von Musiker und auch von Veranstaltern erhalten, wie schwierig die Situation denn gerade ist. Wird aus Corona etwa ein K.O.Rona für Veranstalter oder gar für Clubs? Einige stemmen sich dagegen und bringen online Konzerte, spezielle Shirts oder starten diverse Kampagnen. Eine davon in der Garage Saarbrücken. Mit einer tollen Startnext Aktion gehen die Veranstalter in die Offensive und bieten zum fairen Preis Artikel wie „Supporter-Klamotten“ oder auch „Wall of Fame“ aber auch sehr coole Aktionen wie „Ein Prost auf euch“, „DJ Sucks“ oder „Goldene Gästelisten“ bis zum Mieten der Locations an. Wir hatten die Gelegenheit, mit einem der Veranstalter, Mario Strasser (Saarevent GmbH), zu sprechen. Seid gespannt auf die Antworten zu Fragen, die natürlich auch das „Wie, wann, wo und ob es weitergeht“ beinhalten. Unterstützen ist angesagt, damit es später vielleicht heißt „Von wegen K.O.Rona“. In Saarbrücken vielleicht sogar schon ganz bald „Lyoner statt Corona“. Wer weiß!? Wer vielleicht Bock auf die Garage hat, dem sei folgende Link ans Herz gelegt: www.startnext.com/rettet-die-garage-saarbruecken. Lyoner statt Corona … Also wir sind dabei. Viel Spaß mit dem Interview.

Hallo Mario, schön dass du dir die Zeit nimmst und wir hier in der Garage stehen. Wie geht es dir?
Mario: Also privat geht es mir gut. Ich habe so viel Zeit wie selten zuvor. Aber beruflich ist es natürlich eher schwierig gerade.

Du arbeitest ja für die Firma Saarevent. Erzähl kurz den Lesern was Saarevent denn macht.
Mario: Saarevent ist der Hallenbetreiber von der Garage und vom Kleinen Klub. Zudem sind wir ein lokaler Veranstalter. Natürlich primär in der Garage und im Kleinen Klub. Aber auch in der Saarlandhalle, in der Kongresshalle und auch im E-Werk. Wir machen um die 150 Konzerte im Jahr plus die ganzen Diskogeschichten.

Als Teil von Saarevent sind für euch gerade die Zeiten härter als zuvor. Wie läuft ein Tag bei Saarevent nun ab im Vergleich zu vor einem Jahr?
Mario: (lacht) Wir haben leider sehr viel Zeit im Moment. Wir sind seit Anfang März in Kurzarbeit. Seitdem passiert kaum etwas. Wir sind hauptsächlich mit den Verlege-Geschichten beschäftigt. Zudem betreuen wir unser Ticketing Account und unsere Social – Media – Kanäle. Gerade weil derzeit viele Fragen auf uns zukommen. Hauptsächlich Fragen zum Verlegen von Veranstalten. Ansonsten ist, bis auf die Kampagne, die wir jetzt gestartet haben, leider nicht so viel zu machen.

Das Coronavirus als Erkrankung nicht nur für die Menschen an für sich, sondern auch für Veranstalter. Am 20.03 gab es mit den Ausgangsbeschränkungen in Bayern und auch im Saarland schon den ersten Hinweis, was denn Veranstaltern bevor stehen könnte. Was habt ihr zu diesem Zeitpunkt vermutet, wohin die Reise gehen wird?
Mario: Tatsächlich haben wir sogar schon vor dem 20. März Events gestoppt. Bei uns war die bis dato letzte Veranstaltung am 11. März. Am 13.03 wäre die folgende gewesen. Das war damals John Allen im Kleinen Klub. Da erinnere ich mich noch genau dran, dass ich morgens noch mit John Allen telefoniert habe und wir kamen da schnell überein, dass es keinen Sinn macht, etwas zu machen. Da es Anzeichen gab, das ein Virus unterwegs ist, das Menschenleben gefährden könnte, haben wir uns entschlossen, dieses Konzert nicht stattfinden zu lassen. Natürlich war es nicht klar, wie lang die Reise dauern wird. Auch was es für ein Ausmaß annimmt. Und nun? Bis jetzt ist es leider immer noch nicht klar, ab wann es weiter geht.

Ab dem 26.04. gab es denn das Veranstaltungsverbot für Großveranstaltungen vorerst bis Ende August. Nun musstet ihr selber absagen / verschieben. Wie waren die ersten Tage nach dem 26.04. für Saarevent?
Mario: Ja, wie schon gesagt, wir hatten schon vorher abgesagt und verschoben. Es gab damals auch schon die Ansage, dass es Kontaktbeschränkungen geben wird und daher waren wir Mitte April schon drin in den ganzen Verlege-Angelegenheiten. Danach kam halt die Anweisung, dass Großveranstaltungen abgesagt sind, aber bis heute gibt es keine konkrete Aussage, was denn als Großveranstaltung zählt. Rechtlich gesehen ist es für uns daher auch schwierig, von uns aus etwas abzusagen. Da hängt schon ein guter Rattenschwanz dran mit Versicherung, Rückerstattungsanfragen etc. Sehr schwierig gerade.

Du sprichst es gerade an mit Versicherungen, etc. Hattet ihr auch Probleme mit Regresszahlungen etc. Gab es Künstler, die trotz abgesagtem Auftritt auch Geld haben wollten?
Mario: Im Moment ist es so, dass das Musikbusiness sehr gut zusammenhält. Sowohl Künstler als auch Agenturen verhalten sich im Moment sehr solidarisch. Das ist tatsächlich angenehm. Man sitzt in einem Boot und versucht, gemeinsam neue Termine zu finden. Es macht sicher keinen Sinn für Künstler, jetzt Regressansprüche zu stellen. Das passiert nicht.

Du hast dich bestimmt auf einige Künstler gefreut. Welche Absage hat die am meisten weh getan?
Mario: Was mich wirklich ein wenig nervt, sind die Open-Air-Geschichten. Hier hatten wir bisher sechs Termine für den Sommer geplant. Großveranstaltungen machen halt auch Spaß. Für Powerwolf wäre es sogar ein Heimspiel gewesen und ich hätte mich auch gefreut, die Dropkick Murphys hier vor der Kongresshalle zu sehen. Das tut schon weh, dass wir hier nicht genau wissen, wann und wie es weiter geht.

Oft sagt man ja, wenn etwas schlecht läuft, gibt es auch die Chance auf einen Neuanfang. Welche positiven Momente sind dir aus den letzten Monaten (gerade von gebuchten Bands) in Erinnerung geblieben?
Mario: Ganz wenig (lacht). Aber die Solidarität im Umgang miteinander hat mich schon beeindruckt. Das hat man anfangs auch in der Gesamtbevölkerung gesehen. Die Nachbarn waren für einander da. Man unterstützte sich etc. Das war schon beindruckend. Und hier im Business herrscht tatsächlich ein netter Ton und guter Umgang miteinander. Verbände und Institutionen, die sich sonst vielleicht eher als Konkurrenten sehen, arbeiten nun zusammen. Auch für die Kulturbranche. Das sehe ich schon als bemerkenswert an.

Es häufen sich ja nach der Corona-Krise sicher die Termine. Viele Veranstaltungen müssen nachgeholt werden. Habt ihr auch sowas überlegt, wie an manchen Tagen doppelt zu belegen, sprich: ein kleines Festival statt zwei einzelner Konzerte?
Mario: Das ist eher schwierig zu bewerkstelligen. Natürlich sind das Überlegungen, die getroffen werden müssen. Aber das ist schwieriger, zu managen. Was gemacht wird, ist, dass zum Beispiel in der Garage und in der Saarlandhalle, parallel Veranstaltungen laufen werden. Aber Garage und Kleiner Klub geht wegen dem Sound natürlich nicht.
Zwei Bands am gleichen Tag geht im Grunde genommen auch nicht, weil für diese Veranstaltungen zum großen Teil schon der Vorverkauf gestartet ist.

Man muss ja nicht nur „Wann?“ fragen, sondern auch das „Wie?“. Ihr habt sicher einen Termin im Auge ab wann ihr wieder Bands buchen könnt. Wie setzt ihr da Prioritäten, wenn jetzt Termine mehrfach vorgeschlagen werden?
Mario: Die Prioritäten setzen wir alle nicht anders als vorher auch. Die Agenturen, mit denen wir am meisten zusammenarbeiten, haben natürlich naturgemäß einen kleinen Vorrang. Aber am Ende des Tages kann man sagen „Wer zuerst kommt, der hat halt den Termin“.

Wie waren die Reaktionen der Menschen, die schon Karten gekauft haben. Gab es eher mehr Rückläufer oder behalten die Menschen die Karten?
Mario: Da waren die Reaktionen sehr unterschiedlich. Die meisten der Gäste sind, Gott sei Dank, sehr verständnisvoll und können natürlich nachvollziehen, dass wir im Moment in einer sehr ungeklärten Situation sind. Es gibt aber auch immer wieder Leute, denen es an Verständnis mangelt. Unangenehm sind die Menschen, die gar kein Verständnis zeigen. Zum Teil bekommen wir hier auch unverschämte Mails. Leider sind diese Personen immer etwas lauter. Wir müssen da immer wieder um Geduld bitten.

Ihr habt jetzt eine Startnext-Aktion am Start. Einige Dinge wie „Gästeliste“ werden sehr gut gebucht. Erzähl kurz, wie ihr auf die Idee kamt mit der Startnext-Kampagne?
Mario: Die „Gästeliste“ haben wir sogar, wegen der hohen Nachfrage, noch erhöht und jetzt sind wieder zwei dieser Gästelistenplätze zu bekommen. Also ranhalten, denn es sind die letzten beiden Plätze (lacht). Die ersten Gästelistenplätze gingen tatsächlich sehr schnell weg. Wir haben bei der Kampagne überlegt, was Sinn macht, und auch etwas gesucht, das lustig ist. Crowdfunding an für sich ist ja nichts neues. Seit der Krise haben das schon diverse Läden in Deutschland gemacht. Der Schlachthof in Wiesbaden zum Beispiel. Wir hatten am Anfang etwas abgewartet. Da wir nicht wissen, wie lange das jetzt so weiter geht, haben wir uns zu dem Startnext-Schritt entschlossen. Auch wenn wir Herbst und Frühjahr planen, wissen wir nicht, ob diese Planung in einigen Wochen noch Bestand hat. Also haben wir uns in die Liste der Venues eingereiht und sind gespannt auf das Startnext-Ergebnis.

Du sagts im Video zum Projekt, dass die Zielsumme so festgesetzt wurde. Wie lange hättet ihr mit diesem Budget denn Puffer, um weiter zu machen?
Mario: Das ist schwer zu sagen. Wir haben tatsächlich eine absolut dynamische Lage. Das Ganze verändert sich ständig und wir haben jetzt dieses genannte Budget festgelegt, da es uns im ersten Schritt weiterhilft. Es reicht sicherlich nicht um ein ganzes Jahr zu überstehen, aber es gibt uns ein klein wenig Sicherheit, da wir ja auch 30% der Einnahmen an unsere Techniker etc. weitergeben.

Manche Dinge wie „goldenen Gästeliste“ oder auch „Wall of Fame“ sind natürlich ebenso wie die Shirts coole Sachen mit Gegenwert. Gab es auch Ideen von Seiten eurer gebuchten Bands, die sich beteiligen würden (Meet & Greet) oder kam sowas für euch nicht in Frage?
Mario: Tatsächlich kommt die „Wall of Fame“ super an. Sie kommt auch hier hin (siehe Bild mit Mario). Wie genau wissen wir noch nicht, aber den Platz haben wir schon reserviert.

Gab es auch Ideen das sich gebuchten Bands beteiligen würden (Meet & Greet) oder kam sowas für euch nicht in Frage?
Mario: Da haben wir auch ein wenig drüber nachgedacht, aber ich denke, die Bands brauchen ja auch selbst zum Teil Unterstützung. Diese zusätzlich mit ins Boot zu holen, würde die Geschichte auch noch deutlich komplizierter gestalten. Was wäre zum Beispiel, wenn jemand ein „Meet & Greet“ mit einer Band bucht und dann wieder der Termin verlegt wird?

Ab wann plant ihr denn wieder loszulegen? Kannst du schon ein Wunsch-Datum nennen?
Mario: Da würde ich gerne ein Datum nennen aber nein, bisher wissen wir nichts. Natürlich sind wir da von der Regierung, Experten etc. abhängig.

Könntet ihr euch auch vorstellen., Großveranstaltungen (Dropkick, Broilers) mit der Hälfte bzw. ein Viertel der Zuschauer durchzuziehen?
Mario: Das sind tatsächlich Überlegungen, die gemacht werden und auf die es auch hinauslaufen könnte. Aber wenn man ehrlich ist, ist es auch schwierig, da man Leute auf einem Konzert ja nicht dazu zwingen kann, Abstand zu halten. Tatsächlich steht die Option mit weniger Besuchern aber im Raum.

Könntet ihr euch bis zum Restart etwas vorstellen wie Konzert-Streams?
Mario: Ein Stream an für sich ist für einen Veranstalter sicher nicht rentabel. Es ist aber witzig. Ein nettes Gimmick, das gemacht wird, um präsent zu bleiben. Aber ob man dafür eine Firma aus der Kurzarbeit holen möchte …? Wir überlegen hier, aber es ist nichts geplant.

Gab es die Überlegung auch im Saarland von eurer Seite aus Autokino Konzerte zu machen?
Mario: Die Überlegung gab es auch. Aber auch das ist ein Gimmick. Aber mal schauen, ob wir da noch was bekannt geben können.

Die „Wall of Fame“ wird neu in der Garage sein. Habt ihr sonst noch Dinge geplant, die bisher immer liegen geblieben sind? Vielleicht Umgestaltung etc.?
Mario: Die Lichttechniker sind gerade dabei, das Konzertsetup etwas anders zu gestalten. Hier wird dran geschraubt.

Wie denkst du werden die ersten Konzerte ablaufen, wenn wieder alles offen ist. Eher demütig? Totale Eskalation oder irgendwie dazwischen? Begründe deine Antwort.
Mario: Ich hoffe auf die totale Eskalation (lacht). Aber da muss man abwarten. Wenn es zu früh losgeht, ist vielleicht auch noch die Furcht in den Köpfen drin oder die Frage, ob man sich denn anstecken könnte. Vielleicht hemmt das die Leute dann noch. Es wird sicher spannend werden.

Du hast ja viel Kontakte zu Künstlern hörst viele Bands. Welche Songs würdest du auswählen wollen, die die derzeitige Situation am besten beschreiben?
Mario: Mad World (lacht) oder Fear of the Dark (lacht wieder).

Welche Aussage hat dich in der kompletten Krise am meisten bewegt (positiv / negativ)?
Mario: Ui, da gab es ganz am Anfang der Krise eine Nachricht bei Facebook. Ein Mann, der direkt nach Staatshilfen gefragt hat. Er wollte uns tatsächlich Geld überweisen und hat Hilfe angeboten. Das hat mich echt gefreut. Sogar ein wenig gerührt. Schön, dass es solche Menschen gibt.

Welche Worte würdest du denn Gästen der Garage mitgeben wollen?
Mario: Toll wäre es, wenn die Leute die Startnext – Kampagne unterstützen. Aber auch Geduld hilft immens weiter. Freuen tun wir uns über Leute, die ihre Tickets behalten und uns Zeit geben. Geduld ist eine der wichtigsten Tugenden in der jetzigen Situation. Danke an euch alle und Danke für das Interview.

Und auch wir bedanken uns. Bei Mario Strasser (Saarevent GmbH) von für den netten Plausch in der leeren Garage, die hoffentlich bald wieder gefüllt sein wird. Hoffentlich dann mit ganz vielen Namen an der „Wall of Fame“ und einem Start, der die Corona Krise vergessen macht. Lyoner statt Corona halt. Den Wiederbeginn werden wir uns jedenfalls schmecken lassen. Auch drücken wir die Daumen für die Startnext-Kampagne und wir drücken bestimmt auch die Buttons und beteiligen uns an der Aktion. Ihr auch?
Wem der Link fehlt, dem sei hier nochmal auf die Sprünge geholfen: www.startnext.com/rettet-die-garage-saarbruecken
Wie schön wäre es, wenn die „Wall of Fame“ ins Guiness Buch der Rekorder käme? Natürlich mit dem Weltrekord „Meisten Namen an einer Wand“ ?

Spezial und Interview von Thorsten

Dieser Artikel wurde am: 16. Mai 2020 veröffentlicht.

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