Mit „Gaijin“ erscheint am 30.03.2018 das neue Album von KMPFSPRT – wir haben uns mit Gitarrist David über die darauf enthaltenen Songs, die Veränderungen und weitere, spannende Themen unterhalten!
KMPFSPRT gibt es nun seit 2010. 2012 die erste Veröffentlichung mit „Das ist doch kein Name für ne Band“ als EP. Nun liegt mit Gaijin der Nachfolger der 2016 erschienenen Intervention vor. Dazwischen eine Pause. Warum habt ihr diese Pause eingelegt?
David: Wir hatten einfach das Gefühl, nach Jahren konstant auf Tour, einmal einen Schritt zurück gehen und den Akku aufladen zu müssen. Wir haben in den Jahren zuvor wirklich ein brutales Pensum abgespult, mit teilweise 80 Konzerten im Jahr – und das neben normalen Vollzeitjobs – da braucht man ab und zu mal eine kleine Pause. Wir wollten aber auch die Zeit effektiv nutzen und mehr Energie ins Schreiben von GAIJIN stecken, da uns das Album wirklich sehr wichtig ist, und wir das nicht irgendwie „nebenbei“ auf Tour machen wollten.
Zum neuen Album: Direkt besticht das Cover der CD. Schwarz, die drei Kreuze und eine dunkle Gestalt. Sind KMPFSPRT nachdenklicher geworden? Oder dunkler?
David: Dunkler auf jeden Fall, ja. Wenn man sich das Album anguckt, und die Songs hört, kann man eigentlich zu keinem anderen Schluss kommen. Wir hatten zum einen nach dem doch recht poppigen „Intervention“ wieder verstärkt das Bedürfnis, Songs zu schreiben, bei denen man sich live zerreißt – wir haben mit dem Album aber auch auf die immer düsterer werdende Welt um uns herum reagiert. In einem Umfeld, in dem Nazis im Bundestag sitzen, und Rassisten jeglicher Couleur immer stärker werden, konnten wir einfach nicht mit einem Lächeln durchs Leben gehen. Die Songs auf „GAIJIN“ sind eine Reaktion darauf.
Mit dem Song „Trümmer“ startet ihr perfekt ins Album. Ein wütender Einstieg. Düster und drückend der Anfang und dann „Tanz. Tanz auf den Trümmern der Welt“. Wie stark liegt, eurer Meinung nach, die Welt in Trümmern?
David: Seit wir auf der Welt sind, dürfte diese noch nie so in Trümmern gelegen haben wie momentan: Der Rechtsruck in fast allen westlichen Ländern, das Wiederauferstehen besiegt geglaubter, faschistischer Argumente, Hunger, krieg, Terror, Ungleichheit, Ausbeutung, Unterdrückung, Vergewaltigung, Entmenschlichung, Entrechtung – es vergeht eigentlich kein Tag ohne Dinge dieser Art in den Schlagzeilen. Wie könnte man da als Punk-Band weggucken?
KMPFSPRT – Schwarz
Auch im Weiteren geht ihr auf die Gesellschaft und unsere Welt ein. Im Song „Kreuze“ singt ihr Und überall auf der Welt sind die Särge schon bestellt. Für mich ist dieser Song ein absolutes Highlight. Könnt ihr etwas zur Entstehung des Songs sagen?
David: „Kreuze“ reflektiert die Angst vor dem Terrorismus, und wie diese von Hetzern und Scharfmachern für ihre Zwecke instrumentalisiert wird. Ich erinnere mich an die ersten Tage nach dem Anschlag im Bataclan. Wir waren in Köln auf einem Konzert von MAN OVERBOARD, und auf einmal fiel uns auf, dass es aus dem Konzert-Raum nur einen Ausgang gibt – einen Gedanken, den wir nie vorher hatten. Sehr bedrückend und beängstigend. Auf einmal ist man selber da, wo viele Menschen, gerade im mittleren Osten, seit Jahrzehnten stehen: ein potenzielles Opfer von Terrorismus. Das war schon ein einschneidendes Erlebnis. Und zu sehen, wie rechte Demagogen darauf regierten, und wie so viele Menschen ihre Lügen übernahmen – das hat schon sehr weh getan. Daraufhin entstand der Song „Kreuze“.
In Münchhausen heißt es: „Wir haben STEINE, du die SCHERBEN.“ Der TON bestimmt bei euch die Musik. Wieviel TON STEINE SCHERBEN steckt denn in KMPFSPRT?
David: Haha, ja, gut erkannt, das ist tatsächlich kein Zufall, sondern eine Hommage, wie auch schon bei „Atheist“ mit dem „Wort zum Sonntag: Schade“. TON STEINE SCHERBEN waren für mich als 16jähriger Punker eine wichtige Band, die mich politisiert hat, mir gewisse Denkansätze mitgegeben hat, und damals ihrer Zeit auch einfach weit voraus war. Daher wollten wir einfach mal Danke sagen.
Wir haben drei Songs erwähnt. Was sind denn von euch die Favoriten auf dem Album? Welche Songs bedeuten euch am meisten?
David: Das würde bestimmt jeder von uns anders beantworten. Für meinen Teil sind es „Trümmer“, „Pauken und Trompeten“ und „Schwarz“. „Trümmer“ ist, im siebten Bandjahr, der härteste Song, den wir je geschrieben haben, der wiederlegt auch ein bisschen die These, dass Bands mit der Zeit immer softer und kommerzieller werden, daher mag ich den Song sehr. „Pauken und Trompen“ ist für mich dagegen einer der schönsten Pop-Momente, die wir je hatten, zumindest im Refrain, außerdem mag ich, dass Richard sich da sehr undeutschpunkig dem sehr deutschpunkigen Thema „Polizeigewalt“ angenommen hat. Und „Schwarz“ ist zu guter letzt der vielleicht durchdachteste, intelligenteste Song, den wir – musikalisch gesehen – bisher geschrieben haben, mit einem Text, den ich auch sehr mag, der irgendwie die Brücke zwischen persönlichen Depressionen und politischen Zuständen schlägt.
KMPFSPRT – Trümmer
Betrachtet man alle Veröffentlichungen, so finden wir jeweils die drei Kreuze. Wofür stehen diese?
David: Die Kreuze haben keine inhaltliche Bedeutung, sie sind eher ein optischer Aufhänger. Aber es darf natürlich jeder gerne eine Bedeutung reininterpretieren!
Ihr seid jetzt 8 Jahre mit der Band aktiv. Was hat sich in der Zeit für euch verändert? Proben? Studio? Tour? Steigt der Druck mit der Zeit oder wird es eher Alltag?
David: Tatsächlich beides irgendwie: Dinge werden alltäglicher, so wie das Aufnehmen eines Albums, da man sie einfach schon so oft gemacht hat – und trotzdem steigt gleichzeitig der Druck, da es von Album zu Album eine größere Erwartungshaltung an die Band gibt, von innen wie von außen. Das sind beides Dinge, die mir eigentlich nicht besonders gut gefallen. Werder will ich, dass meine Leidenschaft, die Musik, zur Routine wird, noch will ich mich von Meinungen oder Rezensionen beeinflussen lassen, in dem, was ich tue. Aber das ist natürlich nicht immer so einfach. Daher haben wir auch letztes Jahr einfach mal Pause gemacht. Ein bisschen aus dem ewigen Hamsterrad zwischen Touren und Aufnehmen ausbrechen, und sich wieder auf sich selbst besinnen. Es geht unter Strich doch einfach um die Liebe zur Musik, um die Kunst und den Spaß an der Sache – und nicht um Facebook-Likes, Verkaufszahlen und dergleichen.
Vom letzten Album zu diesem. Was hat sich (bei den Songs, Aufnahme, Entstehung) verändert?
David: Gar nicht so viel. Wir haben einen neuen Drummer, der neue Impulse beim Songwriting gegeben hat, aber ansonsten haben wir alles mehr oder weniger gemacht, wie immer: Erst zu Hause im stillen Kämmerlein geschrieben, dann mit der Band zusammen erarbeitet, Demos aufgenommen, ins Studio gegangen und mit Sebastian Blaschke, der auch schon „Intervention“ aufgenommen hat, das Album produziert. Der große Unterschied dürfte gewesen sein, dass wir im Sommer und Herbst nicht auf Tour waren und deshalb sehr viel Zeit und Energie ins Songwrtiting stecken konnten – was man „GAIJIN“ meiner Meinung nach auch anhört.
Tough-Tipp: CD-Review „KMPFSPRT – Gaijin“
Ihr habt schon 200 Konzerte gespielt. Von kleinen Clubs bis zu großen Hallen. Wo ist euer zuhause? Eher die große Bühne oder der kleine Club und warum ist das so?
David: Wir sind sowohl als Musik-Fans wie auch als Musiker in kleinen Clubs aufgewachsen, natürlich fühlen wir uns da nach wie vor am wohlsten. Die ganze Atmosphäre, das Chaos, die durch die Gegend fliegenden Menschen, der von der Decke tropfende Schweiß – besser geht’s einfach nicht. Wenn ich an Konzerte zurückdenke, die ich mit 18, 19 in kleinen Läden gesehen habe – HOT WATER MUSIC, die GET UP KIDS Ende der Neunziger – hatte das einfach eine Intensität, die identitätsstiftend war. Bis heute nehmen wir das Punk-Ding sehr ernst, auch im etwas gesetzteren Alter. Das wäre wahrscheinlich nicht der Fall, wenn wir nur anonymere Shows in 3000er-Hallen gesehen hätten. Aber, das will ich gar nicht leugnen, vor tausenden Menschen bei großen Festivals zu spielen, ist auch eine großartige, wenn auch ganz andere Erfahrung, die ich auch nicht missen möchte.
Welcher KMPFSPRT Song darf Live nie fehlen?
David: „Ich hör‘ die Single nicht“ – wenn alle Leute zusammen bei „Schrei nicht in das Break hinein“ mitsingen, krieg ich jedes Mal Gänsehaut.
KMPSPRT unplugged. Eine Vorstellung wert oder geht sowas bei eurer Musik gar nicht?
David: Das ginge schon, aber warum sollte man?
Was bedeuten euch die folgenden Worte:
-Vorbilder:
David: Gibt es. Leute wie Ian MacKaye oder Walter Schreifels. Die einem gesagt haben, dass man keine Vorbilder braucht, haha.
-Punkrock:
David: Wichtigster Faktor im Leben jedes Einzelnen bei KMPFSPRT. Ohne Punk wäre wird heute nicht hier. Ganz einfach.
-Vokale:
David: Kann man auch mal weglassen
-sportlich kämpfen:
David: Gedopt mit Bier!
-Fans:
David: Liebe pur. Stell dir ein Konzert ohne vor. Furchtbar.
Liebe KMPSPRT vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch.
David: Vielen Dank für das Interesse an unserer Band! FCKNZS!
Interview von Thorsten im März 2018
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