Mit „Kapitel 11: Barrikaden“ ist das neue Album der Punkrock-Band Kärbholz erschienen. Wir haben uns mit Adrian, dem Gitarristen, über die neuen Songs, ein Jubiläum und weitere spannende Themen unterhalten.
Moin, wo erwischen wir euch und wie geht es euch?
Adrian: Moin! Ein regnerischer Dienstag Vormittag, es sind nur noch ein paar Tage bis zum Release des neuen Albums, wir treffen uns nachher zum Proben für die anstehenden Konzerte. Uns geht es sehr gut.
Euer neues Album steht in den Startlöchern. Wie sind die letzten 2-3 Wochen vor dem Release? Kann man das beschreiben?
Adrian: Aufregend. So eine Album-Produktion ist ein langer Prozess. Vom Songwriting über die Aufnahmen bis zum tatsächlichen Release vergehen viele Monate…wir sind so froh, dass wir das Album nun sehr bald in Gänze präsentieren können. Dazu kommen die anstehenden Konzerte. Durch die Situation der letzten Jahre können wir nicht gerade behaupten, wir wären gerade eine routinierte Liveband. Wir haben lange nicht mehr gespielt und freuen uns wahnsinnig darauf. Aber ein bisschen üben müssen wir noch.
„Kapitel 11: Barrikaden“ – wieso nicht nur „Barrikaden“? Ich habe bei „Kontra.“ auch nach dem „Punkt“ gefragt.
Adrian: Es ist die elfte „Studio-Platte“. Vielleicht ist es aber auch ganz anders…
Wie schnell stand der Albumtitel fest? Gab es auch andere Songs aus titelgebendes Wort zur Auswahl? Zum Beispiel „Raubtier“ oder „Ja zum Leben“?
Adrian: Ja, Raubtier stand tatsächlich zur Debatte. Schön mit so nem grimmigen Wolf oder so vorne drauf. Das wäre natürlich für einige Leute zuträglich gewesen, die sagen…ey, blödes Cover. Das kann man sich ja gar nicht tätowieren lassen. Wir haben uns aber schnell für BARRIKADEN entschieden. Da steckt viel mehr drin. Der Begriff steht für uns weniger für den wütenden Mop und Straßensperren. Vielmehr geht es uns um die eigenen Grenzen, um eigene Einschränkungen und festgefahrene gesellschaftliche „Ordnungen“. Ein schönes Beispiel, an das man bei dem Wort Barrikaden nicht direkt denkt: Eine Freundin ist im Vorstand eines Unternehmens. Eine klassische Männerdomäne, in der sie sich als Frau doppelt behaupten muss. Als sie den Song gehört hat sagte sie…ja, dies sind die Barrikaden, die sie in dem Text sieht und ja, genau das kann auch eine Barrikade sein, die wir meinen und die es einzureißen gilt. Und so profan die Erklärung für KAPITEL 11 vielleicht ist…Wir gehen schon sorgsam mit Sprache um und ich finde Vielschichtigkeit total spannend. Worte und Sätze zu benutzen, die hinter dem Offensichtlichen eine tiefere Bedeutung haben können.
Könnt ihr die Entstehung des Albums/der Songs Revue passieren lassen? Es waren ja doch spannende Jahre zuletzt. Wie sah das bei euch aus?
Adrian: Nach der langen Zeit, in der wir nicht richtig Band sein konnten, haben wir uns eine gruppenbildende Maßnahme überlegt: Wir produzieren das Album bei uns im Proberaum. Normalerweise bist du mal eine Zeit gemeinsam im Studio und dann macht jeder sein Gewerk. So aber hatte jeder von uns die Möglichkeit, so viel Zeit wie möglich dabei und zusammen zu sein. Wir waren darüber hinaus in einer eher blöden Situation: Henning hatte sich am Knie verletzt, musste operiert werden und konnte mehrere Monate kein Schlagzeug spielen. Wir konnten also nicht, wie gewohnt, die Songs gemeinsam live im Proberaum erarbeiten. Wir sind einen gänzlich anderen Weg gegangen: Alex ist für einige Wochen bei mir eingezogen und wir haben meine Akustik-Demos der Songs in ein lautes Gewand gepackt. Wir hatten hier alle gemeinsam wirklich geile Tage und Nächte und haben an den Songs gearbeitet, wenn auch auf andere Art als üblich. Und ich wollte eh schon immer mal in einer WG wohnen…super! Eike kam dazu, auch in die WG, und wir haben die Songs finalisiert und mit den Aufnahmen hier bei uns im Proberaum begonnen. Ein paar Gitarrenspuren haben wir bei Alex im Studio aufgenommen, ansonsten haben wir das alles hier bei uns gemacht…wie eine große Familie. Und was soll ich sagen…die gruppenbildende Maßnahme hat gefruchtet. Wir waren wieder eine Band. Mit Leib und Seele! Das Schlagzeug haben wir dann ganz am Ende der Produktion bei Eike in Hamburg aufgenommen. Das Chamäleon Studio hat einen schönen großen Raum, der fantastisch klingt…das musste dann schon sein. Ich glaube, einige Aspekte dieser unüblichen Aufnahmesituation werden wir wohl in Zukunft wieder so machen. Da haben wir aus der Not eine Tugend gemacht.
Wie viele Songs sind hinten rüber gefallen?
Adrian: Ungefähr 11 schätze ich. Vielleicht machen wir ja irgendwann noch was daraus. Da sind noch ein paar starke Nummern dabei finde ich.
Mit dem neuen Album geht es auch auf Tour. Wie heiß seid ihr auf die Konzerte? Was dürfen die Fans erwarten?
Adrian: Wir sind gerade intensiv am Proben und bauen eine schöne Setlist zusammen. Wir wollen natürlich viele neue Songs präsentieren, haben einige Evergreens, wo uns die Leute steinigen würden, wenn wir sie nicht spielen würden…da wird es einen schönen Mix aus Alt und Neu geben…ziemlich tanzbar würde ich behaupten…es darf geschubst werden! Wir sind einfach froh, dass wir wieder Band sein können. Klar, Studio und Proberaum…das ist auch schön. Aber was wirklich fetzt ist eben Live spielen. ENDLICH WIEDER!! Wir sind ja keine ewig gestrigen…aber ein bisschen verwehren wir uns schon gegen vielen, neumodischen Schnickschnack. Erwartet keine LED-Wände, Wasserfontänen oder einen halbnackten Torben, der von der Decke schwebt. Vielmehr haben wir eine schöne Art gefunden, das Cover in die Realität/auf die Bühne zu bringen. Heißt: Wir haben in Handarbeit ein feines Bühnenset gebaut. Ich glaube, das wird super aussehen. Und dann gibts nur noch eines..musikalisch eins in den Nacken. Darum gehts doch!
Darf man sich eventuell auch mal wieder auf einen Live-Mitschnitt freuen? (Thema 20 Jahre Kärbholz)
Adrian: Wir schauen mal. Explizit geplant ist das gerade nicht. Aber wir sind da ja immer ganz spontan und umtriebig…
Apropos: wie zelebriert ihr euer Jubiläum? 2003-2023. Eigentlich ja eine absolut wahnsinnige Erfolgsstory – vier Freunde vom Land auf der großen Bühne!
Adrian: Die Meinungen zu unserem Gründungsjahr gehen etwas auseinander. Und da wir uns gerne jünger fühlen, als wir sind, haben wir uns dazu entschlossen, dieses auf 2005 festzulegen. Ab da gab es Kärbholz als solches erst. Von daher haben wir uns hier noch zwei Jahre Zeit erkauft, um uns etwas Schönes zu überlegen. Aber ja! Rückblickend ist das schon eine ganz schön krasse Geschichte. Vier Kumpels, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hatten, nix wollten und jetzt immer noch zusammen Musik machen…und das gar nicht so unerfolgreich. Wir hatten die Tage noch ein Interview mit jemandem, der uns bis jetzt gar nicht groß auf dem Schirm hatte. Er fand aber das Album super, rieb sich aber an diesen Plattitüden bezüglich unserer besungenen Freundschaft. Als wir ihm aber dann mal gesagt haben, dass wir tatsächlich alle im selben Kaff wohnen und seit 25 Jahren zusammen abhängen und das aus unserer Sicht alles andere als platte Hymnen an die Freundschaft sind…da war er doch recht…erstaunt, mag man sagen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum uns nach !18! Jahren immer noch Leute zuhören…wir haben nie über Dinge gesungen, von denen wir keine Ahnung haben oder die uns nichts bedeuten.
Okay, spontan auf 3 – was fällt euch bei folgenden Wörtern ein:
Tourbus
Adrian: Stinkt wie die Sau. Geile Partys.
Support-Band
Adrian: Dieses mal: Doppelbock. Super Jungs. Wir suchen uns Support Bands zu 70 Prozent danach aus, ob man mit denen Spaß haben kann.
Orange-Transparent-Vinyl
Adrian: Sieht absolut KILLER aus!! Mein Lieblings Shirt als Kind war orange.
Gekreuzte Äxte
Adrian: Beim ersten Konzert durch Zufall übereinander gehangen, von da an unser Logo. Ein Geniestreich und das meist tätowierte Werkzeug in Deutschland.
Musikvideos
Adrian: Hard Work! Aber auch eine geile Herausforderung. KALT!!!!!!!
Mal keine „echte“ Ballade auf dem Album
Adrian: Los! Schubst Euch!
Vielen Dank für die Zeit, die letzten Worte gehören natürlich euch!
Adrian: Vielen Dank ebenso! Was sollen wir sagen? Hört mal in die Platte rein und besucht uns auf Tour. Würde uns sehr freuen!
Interview von Florian P. im März 2023
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