Friedemann: Das große „Uhr vs. Zeit“-Interview

Am 16.05.2014 erscheint mit „Uhr vs. Zeit“ die erste Solo-Platte vom COR-Frontmann Friedemann! Wir sprachen mit dem Musiker über die Songs, die Entstehung und private Dinge!

Hallo Friedemann, wo erreichen wir dich gerade?

Friedemann: Ich komme grad vom Hof, hab die Tiere (Geflügel, Kühe, Schafe etc.) gefüttert und war mit den Hunden und meiner Familie noch ne Runde spazieren.

Deine erste Solo-Platte „Uhr vs. Zeit“ erscheint am 16.05.2014! Was hat dich dazu bewegt, die Scheibe aufzunehmen? Wann kam die Idee?

Friedemann: Ich hatte in den letzten Jahren schwere gesundheitliche Probleme und in der Genesungsphase plötzlich den Luxus von Zeit. Ich wollte schon immer mal so eine Platte machen und habe dann einfach angefangen Gitarre zu spielen und meine Texte zu vertonen. Eine schöne, sehr intensive Zeit mit der Erfahrung, dass man seine Träume verwirklichen kann.

Auf der CD sind sehr viele persönliche Titel zu hören. Ist es dir wichtig, mal all das heraus zu lassen, was dir auf dem Herzen liegt?

Friedemann: Das lag an der oben beschriebenen Situation. In Zeiten von Krankheit, Schmerz und Unsicherheit, befasst man sich automatisch mehr mit sich selbst. Man findet andere Seiten an sich und wenn man sonst sehr von seiner Physis lebt und plötzlich schwach und klein ist, kommt man schon ins grübeln. Ich als Musiker hab dann die Chance diesen Weg in Lieder zu packen. Das habe ich getan, es hat mir sehr geholfen und man hört diese Zeit meines Lebens in jedem Lied. Übrigens ist die Grundstimmung der Platte sehr positiv, denn das Leben ist schön.

Friedemann – Daneben

Bei den meisten Liedern hört man neben deinem Gesang nur die Gitarre. Nach dem Motto: „Der Mann und die Gitarre“ – nackt, ehrlich, offen?

Friedemann: Und schonungslos. Bei meiner Hauptband COR lassen wir es ja sehr krachen und ich habe manchmal wenn ich die Songs live singe das Gefühl, dass vieles durch Lärm verdeckt und deshalb nicht mehr so direkt ist, als ob man Ansagen aus einem Versteck macht. So allein zu singen war teilweise wirklich hart, weil der Hörer sofort Zugriff auf jeden Teil des Liedes und somit auch auf mein Inneres hat. Das durchzuziehen war schon sehr….hm, speziell.

Wen möchtest du mit den Songs erreichen und welche Botschaft willst du unterbringen?

Friedemann: Mit all meiner Musik möchte ich die erreichen, die Musik lieben und leidenschaftlich hören, so wie ich. Die übers Leben nachdenken und über den Tellerrand schauen. Es gibt so viele Brüder und Schwestern im Geist und man trifft auf Tour immer wieder neue, wichtige Menschen. Ich beschreibe in meinen Liedern das Leben und meine Sicht darauf, d.h. nicht, dass ich den Stein der Weisen gefunden habe und oft diskutieren die Hörer auch mit mir. Das ist wichtig für mich und so bekomme ich auch etwas zurück und mein Leben wird wiederum durch mir eigentlich völlig fremde Menschen und ihre Gedanken und Ideen beeinflusst.

Kannst du uns einen kleinen Einblick in die Songs geben?

Friedemann: Auf der Platte sind 13 Songs, ein bisschen Blues, ein bisschen Songwriterkram und eine kleine Portion Punk. Ein wenig schräg, sehr roh und knarzig. Mit musikalischer Unterstützung von meinen COR Bandkollegen, Conny Ochs, Kay Lutter von In Extremo u.a. Viele Stücke nur ich und Gitarre, dazu ein wenig Akkordeon, Bass, Percussion und Schlagzeug. Etwas weniger ist manchmal mehr. Hier die Songs im einzelnen:

„Stille“ – Ein Gedicht von Eva Strittmatter. Ein starker, leiser Text. Ich hätte ihn gern geschrieben.

„Vogel“ – Der Mensch prügelt die Hand die ihn nährt und leben lässt – er zerstört seine Heimat, die Erde. Wann beginnen wir zu sehen, zu denken und zu handeln?

„Nichts können“ – Einfach mal anfangen ohne Plan und Auffangnetz. Die Würze vieler schöner Tage.

„Daneben“ – Ein Lied über die Liebe, über das große Glück gemeinsam durch ein eigenwilliges Leben zu gehen.

„Nackenbrecher“ – Es gilt aus dem vorgeschrieben Lebensalltagregelwerk auszubrechen, am besten mit einem Lied auf den Lippen.

„Conny“ – Man trifft jemanden und es fühlt sich so vertraut, so verbunden an. Momente die unendlich Kraft geben.

„Freiheit“ – Sich auf der großen Suche immer wieder selbst im Wege stehen. Doch die Erkenntnis kann der Beginn der Veränderung sein.

„Sklaven“ – Die Freiheit verkaufen. Da gibt’s nichts weiter zu sagen!

„Anders gedacht“ – Nur wer etwas wirklich Wertvolles von sich gibt, wird auch etwas wirklich Wertvolles erhalten.

„Dankeschön“ – In eine Krise getrieben, in ein tiefes Loch gefallen und plötzlich die guten Möglichkeiten erkannt. Ode an ein entspannteres Leben. Dankeschön!

„Süden“ – Eine gute Zeit verbringen. An einem guten Ort. Mit guten Leuten. Mit guter Musik. Gibt’s was besseres?

„Uhr vs. Zeit“ – Es gibt immer die Möglichkeit den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Sogar wenn man der kleinste Teil des großen Ganzen ist.

„Was“ – Warum diese Platte? Ein Lied gibt die Antwort auf die entscheidende Frage.

Friedemann – Vogel (feat. Conny Ochs)

Ich kann mir vorstellen, dass die meisten Menschen, die dich das erste Mal sehen, denken, dass du der harte, unbeugsame und rebellische Typ bist! Was überwiegt bei dir – eher die eben genannten Tage oder doch die ruhigen, in denen du viel nachdenkst und dich zurückziehst?

Friedemann: Ich bin klassisch zweigeteilt und bei mir schwankt die Stimmung (leider) manchmal im Stundentakt. Aber über die Jahre bin ich doch etwas stiller geworden, nehme viele Dinge etwas gelassener, was nicht heißt, dass ich aufgegeben habe. Ich habe aber für viele Lebensprobleme Lösungsansätze gefunden oder einfach auch gelernt Wut und Hass in Aktivität und Lebenslust zu kanalisieren. Ich bin gern mal still, aber auch gern mal richtig laut!

Zu den Titeln „Vogel“ und „Daneben“ hast du bereits Videos veröffentlicht. Wieso gerade die Songs?

Friedemann: Das hat sich so ergeben. Ich hätte auch zu jedem Song gern einen kleinen Film gemacht, dass scheitert aber am Geld. Und zwei Freunde von mir haben sich genau diese Lieder ausgesucht, wir haben Ideen besprochen und dann einfach gedreht. Dazu kommt noch ein Video zu „Nichts können alles machen“, an dem arbeiten wir gerade.

Was bedeuten dir die Begriffe Familie, Freunde und Freiheit?

Friedemann: Familie ist extrem wichtig und wir tun alles, um als Familie gut zu funktionieren und ein schönes, entspanntes Leben zu führen. Dafür investiere ich sehr viel und gehe (was sonst sehr selten vorkommt) viele Kompromisse ein. Für Freunde gilt das selbe. Wir als Familie pflegen unsere Freundschaften, haben ein sehr offenes Haus mit viel Besuch, Feiern und gelebter Freundschaft. Freiheit? Vor ein paar Jahren hätte ich dir schnell was schickes geantwortet, bin aber im letzten Jahr schwer ins grübeln gekommen. Klar, wir leben in einem Land mit ziemlich hoher persönlicher Freiheit, aber andererseits habe ich das Gefühl, dass wir uns mit Besitz und Konsumwünschen sehr stark einschränken. In vielen von uns steckt die Gier nach Dingen, die wir eigentlich nicht benötigen, von denen wir aber glauben, dass wir sie unbedingt brauchen. Dafür schuften wir dann wie verrückt, nehmen Kredite auf, schliessen Verträge ab,verschulden uns. Und so gerät man schnell in eine Zwickmühle, weil wir mit Lebenszeit und Lebensqualität dafür bezahlen. Außerdem frage ich mich immer, was ich bereit bin für meine Freiheit zu geben. Wir als Familie, leben ziemlich bescheiden und haben trotzdem alles was wir brauchen und sind glücklich. Vielleicht liegt in persönlichem Glück und Zufriedenheit die eigentliche, wahre Freiheit. Außerdem versuche ich nach dem Grundsatz von Rosa Luxemburg zu leben: Freiheit ist auch die Freiheit der Andersdenkenden. Wenn man sich dahingehend manchmal selbst überwindet (was nicht einfach ist) kann es ein gutes Gefühl sein. Und in richtiger Weg.

Vielen Dank, das war es von unserer Seite aus! Was möchtest du unseren Lesern noch sagen?

Friedemann: Seit gut zueinander!

Interview von Florian Puschke im Mai 2014

Dieser Artikel wurde am: 13. Mai 2014 veröffentlicht.

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