Dey Hard: Sebastian Dey im „Die Kaum Unglaublichen“-Interview

Wie lange lagert ein Wein, bis er richtig gut ist? Ganz schwer zu sagen. Und wie lange dauert es bei Menschen, bis sie erwachsen sind? 18 Jahre? Na, nicht immer. Auch schwer zu sagen. Was jedoch passiert, wenn man Wein trinkt und 18 Jahre zurück denkt… Nun, davon kann Sebastian Dey ein Lied singen. Aber nicht nur eins – sondern genau dreizehn Stück. Tatsächlich hat Sebastian beim Weintrinken in dieser langweiligen Corona Zeit, einen Schatz gefunden, der ab dem 18.02.2021 zu hören sein wird. DIE KAUM UNGLAUBLICHEN hieß die Band, in der Sebastian vor seinem Solo-Album und dem neuen DEY HARD-Projekt aktiv war. Was man nicht weiß ist, dass die Jungs 2006 ein Album aufgenommen haben, das aber niemals veröffentlicht wurde. Eigentlich kaum glaublich, da es den ein oder anderen unglaublichen Moment auf der Veröffentlichung „Gar nicht mal so gut“ gibt. 2006 von dem Toten Hosen Produzenten John Caffrey aufgenommen, für gut befunden, aber dann trotzdem in der Schublade verschwunden. Für uns ein Grund nachzufragen und für euch ein Grund nachzuhören. Die Kaum Unglaublichen erscheint am 18.02.21 via Dackelton Records auf den digitalen Plattformen. Viel Spaß mit dem Album und natürlich mit dem Interview.

Hey Sebastian, schön dass du dir die Zeit nimmst. Wobei erwischen wir dich gerade?
Sebastian: Ich danke Euch fürs Interesse:) Ich bin dabei Videos für DKU zu schneiden. Dazu musste ich im Vorfeld viele alte Weggefährten abklappern um an die ganzen Videokassetten zu kommen. Und mein Kumpel Kevin Kerndel ( Einer der Hauptverantwortlichen hinter dem Olgas Rock Festival) digitalisiert mir diese alten Schätze. Das macht mega Spass.

Gerade hast du mit deiner Band DEY HARD und „Analog“ ein starkes Album abgeliefert. Wie war für dich die Zeit nach dem Release?
Sebastian: Es war sehr cool, aber auch etwas unbefriedigend. Cool wegen des großen positiven Feedbacks auf das Album, aber eben auch unbefriedigend weil mann die tolle Aufmerksamkeit nicht durch Konzerte zementieren konnte.

Wie waren die Reaktionen von Fans, Freunden und Presse. Was hat dich gefreut was überrascht?
Sebastian: Reaktionen waren durchgehend positiv. Wir haben auch Leute erreicht, die sonst eher auf andere Musik stehen. Ihr könnt uns ja mal googlen, da findet ihr einiges an Reviews:)

Oft gehen Bands mit einem neuen Album auf Tour. Was war denn bei euch angedacht?
Sebastian: Wir hatten schon einige Festivals vor der Brust. Olgas Rock, Esel Rock, Harten Hund Festival usw. aber das ist alles ausgefallen. Wir haben dann online Konzerte gespielt. Zuletzt eine Tresor Session, die ich nur empfehlen kann. super Sound Qualität.

Wie seid ihr mit der Lockdown-Zeit umgegangen? Schon neue Songs geschrieben?
Sebastian: Proben war anfangs noch möglich, aber jetzt sehen wir uns vorerst (DEY HARD) nur über vidtel. Wir haben am 24.12.2020 einen neuen Song an den Start gebracht und unsere Fans dazu aufgerufen, schöne Filmbeiträge zu senden und da haben sich super viele Leute dran beteiligt, das war sehr schön. Der Song heisst „Alles schon gemacht“. Guckt mal rein.

Du hast in der Zeit scheinbar etwas aufgeräumt. Die Kaum Unglaublichen ist eine Band, die es nicht mehr gibt, aber jetzt ein Album auf den Markt wirft, das lange in der Schublade verschwunden war. Erzähl mal etwas über die Band aus deiner damaligen Sicht und aus der Heutigen.
Sebastian: Das war eine sehr prägende Zeit für mich. Wir haben deutschen Fun Punk gemacht und hatten echt große Pläne. Wir haben im selben Bunker wie Sonderschule geprobt, haben als Vorgruppe von Wir sind Helden gespielt, hatte viele hübsche weibliche Fans und ich dachte damals wir werden bald dicke Rockstars.

Hast du noch Kontakt zu den einzelnen Bandmitgliedern?
Sebastian: Ich hatte lange keinen Kontakt. Aber im Rahmen des DKU releases habe ich alle, die je in der Band waren angerufen. Und das allein war es schon wert. Einige haben auch Kinder, so wie ich. Und der Austausch regt die Erinnerungen an die gute alte Zeit wieder an.

Was war damals der Grund, die Band aufzulösen?
Sebastian: Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, würde ich unüberbrückbare Differenzen nennen. Die Albumproduktion wurde zu einer never enden Story. Das Besetzungs-Karussell hat sich zu oft gedreht. Zuletzt war von der Urbesetzung nur noch ich übrig und 2007 hatte ich dann auch keinen Bock mehr.

Das Album heißt „Gar nicht mal so gut“ und wurde 2005/06 aufgenommen. Mit prominenter Unterstützung. Wie kam es zum Kontakt mit Jon Caffrey?
Sebastian: Unser Trommler Sven hatte einen Freund, der zusammen mit Jon, das Monoposto Mastering Studio in Düsseldorf betrieben hat. Der hat eine CD weitergereicht. Ich weiß noch, das ich kurz vorher auf MTV eine Doku über die Hosen gesehen habe, in der Jon vorgestellt wurde. Als er uns dann zu sich ins Studio eingeladen hat war das total surreal.

Woran erinnerst du dich ganz gut aus dieser Zeit. Welche Anekdote, die „Gar nicht mal so gut“ ist, sollten wir unbedingt erfahren?
Sebastian: Ich glaube, ich war gar nicht mal so gut. Ich habe mich damals zu Entscheidungen drängen lassen, die zum Rauswurf eines echt tollen Bandenmitgliedes führten. Das war der Sündenfall. Das Bandklima hat sich davon nie mehr erholt. Aber wir sind älter und reifer geworden, haben jetzt Verantwortung und Kinder und aus der Perspektive kann man sich wieder begegnen und mit dem, was gelaufen ist seinen Frieden machen. Sehr Lehrreich und mit positivem Ausgang.

Man kann das Album ohne weiteres in den Fun-Punk / Deutsch-Pop Sektor einordnen. Welche Einflüsse hattet ihr damals beim Schreiben der Songs?
Sebastian: Ich war in der Grundschule schon absoluter Ärzte Fan. das merkt man auch den Songs an. Aber durch die Anderen wurde mein Horizont enorm erweitre.

Als du das Album nach so langer Zeit gehört hast, welche Stücke haben dich am meisten gefreut? Was hat dich überrascht?
Sebastian: Ich hatte die Platte lange nicht mehr gehört. Ich hatte auch keinen CD Player mehr. Aber mein Freund Nico, der bei meinem Soloalbum Drums gespielt hat, hatte das Album auf Tour mit dabei. Das wurde dann zu unserm Soundtrack bei unserer Deutschland Tour 2015. Aber mehr auch nicht. Die alten Videos haben mich wohl am meisten geflasht. Danach wollte ich die alten Leute einfach anrufen.

„Gar nicht mal so gut“ als Stück ist ein klassischer, selbstironischer Opener. Hier eine schöne Mischung deutsch/englisch, die gut ins Ohr geht. Was ist den aus diesem Stück autobiografisch?
Sebastian: Ich war ein totaler Loser in der Schule und hab mit den Mädchen Badminton gespielt. Wenn ich beim Fußball überhaupt gewählt wurden, dann als Torwart. Wird klar was ich meine oder :D

Eine rockige Nummer ist „Kaffee“. Mit welchem Promi hättest du damals gerne einen Kaffee getrunken und wen würdest du heute gerne einladen wollen und warum?
Sebastian: Kaffee war immer der Hit und stammt aus Dirks Feder. Ich persönlich habe seit kurzem wieder jemanden, mit dem ich sehr gerne Kaffe trinken geh, da brauche ich keine Promis. Aber der eigentliche Kaffetrinker in der Band war und ist Dirk. Der verfeinert stetig seine Kaffe Kompetenz. Der braucht aber auch keine Promis und würde mit jedem Kaffe trinke. Einzige Bedingung ist, es darf kein Arschloch sein.

„Miststück“ war eine Single und ist sicher auch heute ein Tanzflächenkandidat. Eine zeitlose Nummer zu der du sicher eine Anekdote erzählen kannst, oder?
Sebastian: Als wir den Song veröffentlichten, hatten Revolverheld geraden einen ähnlichen Song mit Miststück im Refrain rausgebracht. dadurch wirkte unser Song beinahe wie eine offensichtliche Kopie. Das fand ich damals voll kacke. Das wird heute keinem mehr auffallen und das ist wiederum voll gut:)

„Frau Schmidt“. Zuerst dachte ich, es ist die Lehrerin der Schröders. Aber anscheinend ist deine Frau Schmidt eine andere. Auch eine Gute-Laune-Nummer. Erzähl was über Frau Schmidt.
Sebastian: Es ging um die alles kontrollierenden Nachbarn, neben denen wir damals wohnten. Die haben super genervt und sich immer beschwert wenn die Mittagsruhe nicht eingehalten wurde. Mittlerweile leben die aber alle nicht mehr.

Auch „Mond“ war eine Single. Eine Powerballade, die mir gut gefällt. Wie stehst du heute zu dem Song?
Sebastian: Ich fand ihn zwischendurch voll doof. gerade textlich. Er handelt halt vom Mond. eben nur vom Mond. keine 2. Ebene ( Lach). Ich habe diesen Song mit Dirk geschrieben, als wir Anfang 20 waren. davor waren meine Songs alle auf englisch. Wir mussten uns das deutsche Songdichting hart erarbeiten. die platte muss man zeitlich einsortieren und kann sich nicht unbedingt nach heutigen Maßstäben beurteilen. Wir hatten mit Doppelreimen nicht viel am Hut.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich das Album frisch empfinde. Viele Songs funktionieren auch heute noch. Habt ihr an der Produktion noch was verändert oder ist es tatsächlich genau so in die Schublade gewandert?
Sebastian: Wir haben erst überlegt, ob wir da noch mal ran gehen wollen, haben uns dann aber bewusst dagegen entschieden. Weil es sonst nicht mehr so authentisch gewesen wäre. oder?

Hattest du auch überlegt, die Sachen neu zu arrangieren, um ein neues DEY HARD Album damit zu füllen?
Sebastian: Nein, das ist undenkbar. Die Wiederaufbereitung und der Kontakt zu all den alten Leuten ist halt auch das schöne an der Sache :)

Könntest du dir vorstellen, das Album mit deinen alten Bandkollegen in irgendeiner Form zu präsentieren?
Sebastian: Nein, das ist überhaupt nicht angedacht. der Reiz besteht für uns darin, das die Band nicht mehr existiert und so für immer jung und frisch bleibt und trotzdem jetzt ihr erstes Album veröffentlicht. Das ist doch voll abgefahren :)

Du veröffentlichst auch einige Videos dazu. Erzähl etwas zu dieser Aktion.
Sebastian: Ich habe damals ständig gefilmt oder jemanden damit beauftragt zu filmen. Es war damals undenkbar, dass es so was wie Youtube mal geben würde. Aber jetzt macht sich das super bezahlt. und ich kann mit super viel authentischem Filmmaterial arbeiten, als hätte ich es damals geahnt.

Welche Nummern könntest du dir vorstellen, heute ins Programm mit DEY HARD zu nehmen?
Sebastian: Da gibts einige. gar nicht mal so gut, Paranoia, Kaffe,Lächerlich… aber meine Jungs von Dey Hard müssen das auch wollen und das sehe ich z.Z. nicht. Und Konzerte sind auch noch in weiter ferne. Wer aber etwas nostalgisches Live-Feeling haben möchte, sollte mal den Dey Hard-Youtube Kanal im Auge behalten, denn da werden diese ganzen alten Videos zu sehen sein. Vielleicht findet sich der ein oder andere auf den videos ja sogar wieder:)

Bitte vervollständige die folgenden Sätze:
Sebastian Dey kann…
Sebastian: …seine Fehler eingestehen und Dinge, die in der Vergangenheit Kacke gelaufen sind, versuchen richtig zu stellen.

Wahnsinn, 2021…
Sebastian: …bekommen wir hoffentlich wieder mehr Vernunft in Querdenker-Gehirne. Fuck Querdenker und Aluminium! Man höre dazu gerne Paranoia ;)

In der Jury von DSDS…
Sebastian: …findet nicht in meiner Blase statt.

Schubladendenker können…
Sebastian: …sich nicht vorstellen, was alles auf dem Schreibtisch liegt, geschweige wie es draußen vor dem Haus aussieht ;) Neue Töne von Dackeln kennen keine Schubladen.

DEY HARD…
Sebastian: …wird noch einiges von siech hören lassen. 2022 kommt ein neues Album und zu „Analog“ wollen wir noch weitere Videos produzieren.

DIE KAUM UNGLAUBLICHEN…
Sebastian: …haben nach langer Zeit nun doch ihr debut Album veröffentlicht und das ist voll befriedigend für uns.

„Gar nicht mal so gut“ ist…
Sebastian: …jeder irgendwo und das ist doch schön menschlich.

Mit dem Tough Magazine…
Sebastian: …verbinde ich tolle Möglichkeiten und nette Gespräche:)

Danke für das Interview. Die letzten Worte gehören dir.
Sebastian: Ja dann möchte ich gerne noch mal alle namentlich nennen, die damals bei DKU dabei waren. Danke für die tolle Zeit:)
Schlagzeug: Sven Stein, Gereon Basso, Benjamin Koch, Nico Atzeni
Bass: Sebo Deutsch, Nils -Eric Sellmann, Jan Clemens
Gitarre: Dirk Kaulbarsch, Simon Freutel
Gesang: Sebastian Dey
Produzent: Jon Caffery
Die Erste, nie ungehörte Scheibe, von der Band, die nicht mehr da ist. Die Kaum Unglaublichen, jetzt auf allen digitalen Plattformen und mit geilen originalen Videos auf Dey Hards Youtube Kanal.

Wir bedanken uns bei Sebastian Dey für das ausführliche Interview im Januar 2021. Sehr erfreut waren wir, dass wir das Album schon einige Zeit vor Release hören durften. Unsere Meinung zum Album: Gute Musik muss man nicht lagern. Auch wenn das Album ein paar Jähren auf dem Buckel hat, klingen viele Songs frisch. Man erkennt, dass Sebastian ach schon vor 15 Jahren gute Songs schreiben konnte und auch wenn manche Stellen etwas unausgereift klingen, ist es schade, dass die Band damals das Album nicht veröffentlicht hat. Ein schönes Debüt, dass jetzt mit Unterstützung der Dackelton Mannschaft doch noch auf die Welt gebracht wird. Da geben wir gerne etwas Geburtshilfe und raten euch LeserInnen, mal reinzuhören. Macht Spaß und ist gute Unterhaltung.

Dieser Artikel wurde am: 12. Februar 2021 veröffentlicht.

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