„Custom Dystopia“: Die Bitch Queens im Interview

Bitch Queens im Interview. Death Punk lebt. Aus der Schweiz prügeln uns die BITCH QUEENS mit Custom Dystopia eine ordentliche Granate um die Ohren. Als wir nach den Bierchen, die wir auf dieses Album getrunken haben, wieder nüchtern waren, haben wir mal bei den BITCH QUEENS angeklopft. Natürlich waren die netten König(innen) gerne bereit, uns einige Fragen zu beantworten. Seid gespannt. Aber nur nüchtern lesen 😊!

Hey ihr Lieben, schön dass ihr euch die Zeit fürs Interview nimmt. Wobei erwischen wir euch gerade?
Bitch Queens: Ich sitz grad in unserem eigenen Studio und mach Promo für’s neue Album.Wie ihr seht – alles schön DIY bei uns – eigenes Studio, eigenes Label, eigener Store, eigene Promo etc…

Für Leute, die euch noch nicht kennen. Stellt die BITCH QUEENS einmal in wenigen Sätzen vor.
Bitch Queens: Seit 2008 sind wir mehr oder weniger unter dem Namen und in der Besetzung unterwegs. Davor waren wir eine miese Punk-Band, welche noch die Instrumente richtig lernen musste. Der Sound der BITCH QUEENS ist irgendwo zwischen Death-Punk und High Energy Rock. So sind die musikalischen Einflüsse durchaus unterschiedlich: die Dead Boys treffen auf Turbonegro und die Stooges auf die Hellacopters.

Wenn man eure neue Platte hört, bekommt man (ebenso wie auch bei den Vorgänger Alben) mal ein ordentliches Grinsen ins Gesicht, wenn man denn Fan von Bands wie Turbonegro ist. Wie ordnet ihr eure Band zu diesen Genre-Größen ein?
Bitch Queens: Klar, der Vergleich liegt auf der Hand und das ist auch absolut cool für uns – wer aber etwas von unserem Genre versteht, sollte ziemlich schnell merken, dass wir uns auch bei einigen Anderen bedient haben. Wir sind mit der späten 90er Skandinavien-Szene gross geworden und haben uns dann Schritt für Schritt zurück gearbeitet. Dank den Hellacopters oder Turbonegro hab ich unzählige ältere Bands kennen und schätzen gelernt. So ist das doch bei allen. Irgendwo startet das Ganze und dann geht’s ab ins „Rabit Hole“.

Eure neue Veröffentlichung trägt den Titel „Custom Dystopia“. Was versteckt sich hinter diesem Albumtitel?
Bitch Queens: Eine perfekt für dich zugeschnittene, düstere Zukunftsaussicht. Ist es nicht so, als würd sich manchmal die Welt genau so anfühlen, als wäre sie perfekt so konzipiert und angepasst dir persönlich maximal auf den Sack zu gehen? Das ist Custom Dystopia – ihr seid alle mit drin, alle anders haha Harry unser Drummer schreibt die Lyrics und da es momentan, auch neben Corona, nicht grad rosig aussieht auf der Welt, kamen diese ziemlich düster und zynisch aufs Papier. Da passt Custom Dystopia als Titel perfekt.

Beschreibt etwas das Songwriting. Was war anders, was war wie immer im Vergleich zu „City of Glass“ von 2019?
Bitch Queens: Eigentlich wollten wir kein Album machen – gar keins mehr. Das Hörverhalten der Menschen hat sich verändert und alle hauen sich nur noch Singles rein. Dann kam Corona, dann kam Langeweile und plötzlich hatten wir so viele Songs, dass wir nachgaben und doch nochmals einen Longplayer aufnahmen. Im Vergleich zu City Of Class entstand die neue Scheibe aber über längere Zeit. Wir haben uns immer wieder für ein Wochenende ins Studio zurückgezogen und 2-3 Songs aufgenommen. Dadurch wurde die Platte einiges vielseitiger, weil wir immer mal wieder Lust auf was Neues hatten. Songs wie FU Emily, Sugar Balls oder Con Man Contraband wären 2019 nicht möglich gewesen. Es wirkte geradezu befreiend.

Sicher kommen die ersten Reviews aber auch Anmerkungen von Verwandten, Freunden. Welche Rückmeldungen sind für euch die wichtigsten?
Bitch Queens: Ich hab da so 2-3 Leute meines Vertrauens. Auch Personen, welche mit unserem Genre nichts anfangen können. Das gibt einen frischen Blick auf die Songs. Vor allem ist dann gut zu sehen, welche Lieder bei allen hängen bleiben oder total abfallen. Das hilft dann bei der Entscheidung, welche als Singles taugen. Grundsätzlich ist es aber grad das Schöne an einer DIY Band weit weg vom Business, dass es uns auch recht egal sein kann, was die Leute denken. Woran ich mich gar nicht orientiere ist die „Punk-Rock Polizei“ in irgendwelchen Facebookforen. Da hängen Typen über 40 ab, die keinen Ton selber spielen können, aber alle ganz genau wissen, was cool ist und was nicht. Das hat Punk-Rock nun 15 Jahre Langeweile beschert. Ich bin froh, dass nun etwas junge und frische Ideen wieder Platz finden!

Welches Feedback zum Album hat euch (bisher) überrascht?
Bitch Queens: Ich war am meisten überrascht, dass ein Song wie FU Emily auf so viel positives Feedback stösst. Ich hatte den Song 5 Jahre auf meinem Iphone als mieses Demo und hab mich nie getraut, es der Band zu zeigen. Ich dachte das sei viel zu viel Pop und geht nicht als Bitch Queens. Es geht eben doch und das öffnet für mich im Songwritting einige Türen. Auch live machen das Harry und ich ganz alleine auf der Bühne. Da wären wir vor 3 Jahren noch viel zu ängstlich gewesen, sowas durchzuziehen.

Wir haben auf dem Album zwölf Brecher in einer halben Stunde Spielzeit. Volle Energie. Wie werden BITCH QUEEN Songs aufgenommen?
Bitch Queens: Früher waren die Basics alle Live eingespielt. Auf dieser Platte haben wir einzeln aufgenommen. Uns ist aber wichtig, dass der Vibe eines Songs rüberkommt. Da muss man sich, so allein im Aufnahmeraum, auch manchmal erst in Stimmung bringen. Dafür ist es vom Klangbild die vielseitigste Platte von uns. Wir hatten endlich mal Zeit diverse Amps und Pedale auszuprobieren. Das war extrem spannend & lehrreich!

Kommen wir zu den Songs. „Burn It Down“ als Opener ist natürlich schon sehr vielsagend. Inwieweit beschreibt euch der Song?
Bitch Queens: Der beschreibt nicht uns, der beschreibt die momentane Situation. Es ist höchste Zeit, das Ruder wieder rumzureissen, bevor alles den Bach runter geht. Wir sind da aber nicht ganz so optimistisch, dass das noch klappen wird.

Und was trifft von diesem Song gar nicht auf euch zu?
Bitch Queens: Alles in dem Song trifft auf alle zu. Jeder von uns ist Teil der Sache und muss jetzt den Allerwertesten hochbekommen. Ansonsten gibt’s neben einem politischen auch eine ökologische Katastrophe.

Auch „Con Man Contraband“ überzeugt mich sehr. Was ist der Hintergrund dieser Nummer?
Bitch Queens: Täglich wirst du mit irgendwelchen Dingen berieselt, die du – und zwar genau du – kaufen sollst, jetzt brauchst und du dich nur damit besser fühlen wirst – maximaler Konsum ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei verdienen sich paar Wenige mit fiesesten Methoden eine goldene Nase und der Grossteil wackelt da unkritisch wie Lemminge hinterher. Wir müssen lernen wieder mit weniger auszukommen und dafür auf Qualität und vertretbare Firmen zu setzen. Übrigens gibt es zu dem Song auch ein Musikvideo, das sicherlich viel Spass macht zu schauen!

„The Apocalypse“ beschreibt unter anderem „White man in the Sky“ und die freie Welt, die brennt. Was hat euch zu dieser Nummer inspiriert?
Bitch Queens: Mit etwas Aussenblick und Realismus wird langsam klar, dass wir komplett im Arsch sind. Da müssen wir auch nicht viel schönreden. Wir scheitern grad glorreich an den wichtigsten Zukunftsfragen. Eventuell kratzen wir nochmals die Kurve in letzter Sekunde (und es gilt bis dahin, alles zu versuchen) oder sonst wird’s ziemlich ungemütlich. Aber wir Menschen nehmen uns so oder so viel zu wichtig. Am Ende werden wir ein kleiner Furz im Universum gewesen sein, an den sich ziemlich sicher niemand mehr erinnern wird.

„The Worst Thing“ startet mal phänomenal. Sicher hat dieses Lied eine Geschichte. Was ist denn das Schlechteste was man euch antun kann?
Bitch Queens: Das Lied hat keine konkrete Geschichte, geht aber um toxische Beziehungen und von denen gibt es genügend als Inspiration. Ich bin absoluter Befürworter von Beziehungen, aber wie oft leben zwei Menschen noch jahrelang in einer merkwürdigen Abhängigkeit zusammen, obwohl sie sich nur runterziehen. Das ist das Schlimmste was man tun kann. Mit Manipulation und Kontrolle wird das nichts – nie.

Zu „FU Emily“ muss man nicht viele Worte verlieren. Auch ein Hit. Wer versteckt sich hinter dieser „Emily“?
Bitch Queens: Jeder und jede hat eine Emily oder ein Emil oder whatever in seinem Umfeld. Eine Person in der Familie, die einem heftigst auf den Zeiger geht, aber halt doch dazugehört. Diese merkwürdige Hassliebe, die schon jedem Menschen begegnet ist. Oder anders gesagt: „You know I love you, cause your family, but fuck you Emily“.

„This Is How We Roll In 2020“ scheint autobiografisch zu sein. Ein Lied auch für die Corona-Krise? Beschreibt die Entstehungsgeschichte der Nummer?
Bitch Queens: Das ist ein klassischer Corona-Song mit vielen ironischen Textpassagen. Das war einer der Ersten der für die neue Platte entstanden ist. Da geht plötzlich nichts mehr und das mussten wir irgendwie verarbeiten. Jede heute existierende Band wird wohl in irgendeiner Form einen solchen Song veröffentlichen in den nächsten 12 Monaten haha…

Wir haben jetzt einige Nummern besprochen. Welche Stücke sind für euch die wichtigsten auf dieser Veröffentlichung und warum?
Bitch Queens: Für mich sind das Burn It Down, Con Man Contraband und FU Emily. Burn It Down bringt alles was wir als Bitch Queens aus dem Death-Punk Genre beherrschen auf den Punkt. Con Man und FU Emily sind super frisch und öffnen uns ganz neue Möglichkeiten im Songwriting.

Als CD ist „Custom Dystopia“ nicht erhältlich. Wie kam es zur Entscheidung, dass ihr diesmal nur als LP und digital veröffentlicht?
Bitch Queens: CDs haben aus unserer Sicht keine Zukunft. Klar – es klammern sich noch ein paar mit aller Kraft daran fest. Aber mal ehrlich – wer von euch hat noch einen CD Player? Vinyl hingegen macht Sinn und gibt dem Album seine Wertigkeit zurück. Mit fixer Reihenfolge und grossem Artwork kannst du da Musik auch wieder entschleunigt geniessen. Wir waren immer eine Band, die versucht hat, mit der Zeit mitzugehen. Da ist so eine Entscheidung nur konsequent. Ihr könnt uns übrigens auch gerne jeder Zeit einem Mail schreiben. Dann bekommt ihr die mp3 Files gratis und könnt euch eure CD selber brennen!

Corona hat sicher nicht nur das Album (This Is How We Roll In 2020), sondern auch euer Bandleben beeinflusst. Was habt ihr aus dieser Zeit mitgenommen?
Bitch Queens: Wir sind als Band noch effizienter geworden dank Online Meeting und Songwriting am Computer. Zudem sind wir anscheinend als Gefüge so gefestigt, dass wir auch ohne grösseren Schaden durch eine solche Krise kommen. Das ist doch schon mal beruhigend, oder? Die Bitch Queens sind auch schon länger mehr als eine Band. Wir sind alle sehr eng befreundet. Das hat Familien-Charakter bei uns.

Nach der Platte ist… Was haben die BITCH QUEENS im Jahr 2021 aber auch im kommenden Jahr vor?
Bitch Queens: Wir versuchen nun so viele Shows zu spielen wie wir können. Was mit Ü30 und Jobs recht anspruchsvoll ist zu koordinieren. Zudem kommen nächstes Jahr sicher noch eine Split mit Scumbag Millionaire und eine EP raus. Ah UND unser bandeigenes Bitch Fest wird es wieder geben am 17. September – also schön rot im Kalender markieren!

Kommen wir zum Schluss des Interviews zu Gedankenblitzen. Was bedeuten euch die folgenden Begriffe?
Basel
Bitch Queens: Wie jede Homebase – ganz cool und anstrengend zu gleich.

Song des Jahres
Bitch Queens: Amyl & The Sniffers – Guided By Angels

KISS
Bitch Queens: Bester Bandname ever

Shotgun
Bitch Queens: Waffen sind scheisse, immer.

L.O.V.E.
Bitch Queens: Braucht jede und jeder…

Dinosaurier
Bitch Queens: T.Rex

Interviews in Corona Zeiten
Bitch Queens: Zu viele wiederkehrende Corona-Fragen

Tough Magazine?
Bitch Queens: Top

Bitte entscheidet euch mit Begründung.
Große Bühne Vs. kleine Clubs
Bitch Queens: Kleine Clubs – Grosse spielen wir fast nie haha…

Hellacopters Vs. Backyard Babies
Bitch Queens: Hellacopters! Eindeutig! – waren schon immer die bessere Band, mit besseren Songs und coolerer Attitüde.

Mick Jagger Vs. Keith Richards
Bitch Queens: Beide cool.

City Of Class Vs. Custom Dystopia
Bitch Queens: Beide cool.

Iggy Pop Vs. Joey Ramone
Bitch Queens: Iggy – hatte Stooges immer nen Ticken lieber als Ramones.

Bitch Queens 2020 Vs Bitch Queens 2008
Bitch Queens: Party: Bitch Queens 2008, Songwriting: Bitch Queens 2020

Wir bedanken uns bei euch für die Zeit, die ihr euch genommen habt? Natürlich gehören die letzten Worte euch. Also los :)…
Bitch Queens: Vielen Dank euch! Hoffentlich sehen wir uns mal auf Tour. Geht an kleine Konzerte liebe Leute und unterstützt underground Clubs und Bands. Jetzt mehr denn je! :-* Tatsächlich haben wir uns sehr gefreut, dass die BITCH QUEENS sich die Zeit genommen haben.

Vier Jungs die Rock n Roll im Blut haben. Und eine Scheibe im Gepäck, die im Winter das Eis von den Scheiben kratzt. Wer mehr wissen möchte, der schaut mal vorbei unter: facebook.com/ B1tchQueens. Wir wünschen nur das Beste und freuen uns auf weitere Projekte von mit den BITCH QUEENS.

Interview von Thorsten im November 2021

Foto: Dominik Asche


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Dieser Artikel wurde am: 8. Dezember 2021 veröffentlicht.

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