Der gute Michel ist zurück! Als Frontmann von Untergangskommando und Wilde Zeiten hat dieser mit Songs wie „Punk und Polizei“, „Weg an Meer“, „Liebesrief“, „Spur im Schnee“, „Nazi Alter“ und, und, und einiges an guten Songs herausgebracht. Auch mit Michel unplugged hat er es geschafft, sowohl neue Songs als auch alte Klassiker in ein ganz neues Gewand zu bringen und alte Hits mit neuen Songs zu vereinen. Doch nach dem Ende von Wilde Zeiten wurde es etwas ruhiger. Mit der Wochenendgesellschaft hatte er ein Akustik Projekt am Start und auch als Michel vom Bodensee betrat er für kurze Zeit andere Bühnen. Nun kommt Michel mit einem weiteren Unplugged-Album um die Ecke. „Auf dem Weg ans Meer“ heißt die Veröffentlichung, die es bisher als Download gibt und Michel wieder als Solo Künstler präsentiert, der punkige und aussagekräftige Songs halt auch ganz anders rüberbringen kann. Leise aber doch irgendwie mit einer guten Portion Wucht und auch Wut. „Weg ans Meer“ … eine kleine Perle im Akustik Punk. „Weg zum Interview“ … Wir fragen Michel und er hat sicher einiges zu erzählen.
Hey Michel. Schön, dass du dir Zeit fürs Tough Magazine nimmst. Wobei erwischen wir dich gerade?
Michel: Hallo Ihr Lieben! Ich beantworte gerade Euer Interview! :-)
Du bist ja schon seit einigen Jahren in der Punk-Szene fest verankert. Untergangskommando, Wilde Zeiten, Michel unplugged, Wochenendgesellschaft, aber auch Michel vom Bodensee, manche behaupten auch was von Kellergeistern ?. Wo befindet sich Michel derzeit musikalisch? Eher im Punk, Akustik oder doch vielleicht Schlagerbereich?
Michel: Mein Musikgeschmack ist tatsächlich vielseitig! Im letzten Jahr habe ich hauptsächlich Songs für mein Rock-Schlager-Projekt Michel vom Bodensee geschrieben. Dabei sind einige Stücke entstanden, die eindeutig Punkrock sind. Ich hatte Lust, parallel zum Bodensee-Projekt einfach mal wieder mit Westerngitarre und Punklieder-singend loszuziehen, das verlernt man ja nicht (vermutlich)!
Da ich schon seit der Untergangskommando Zeit deine musikalische Karriere verfolge, würde ich dein Schaffen in verschiedenen Phasen einteilen. Untergangskommando, Wilde Zeiten, akustische Sachen. Was nimmst du aus den einzelnen Bandphasen für dich mit?
Michel: Durch den hohen Alkohol-Kunsum nimmt man fast nichts aus solchen Phasen mit! Hahaha! :-) Doch, ich erinnere mich gut! Für mich hat sich das alles sehr ähnlich angefühlt, ähnlicher Stil, ähnliche Songs, das heißt ja auch ähnliches Publikum, ähnliches Lebensgefühl!
Hast du noch Kontakt zu deinen alten Bandkollegen?
Michel: Nicht zu allen, aber ja, habe ich!
Wie wichtig sind die Songs aus den jeweiligen Schaffensphasen heute?
Michel: Ich habe aus jeder Zeit Lieblingslieder. Aber mir fallen zum Glück irgendwie jedes Jahr einige neue ein, so daß ich nie gezwungen war, in alten Songs festzustecken. Ich spiele sie gerne, aber im Grunde ist mir wurscht, aus welcher Epoche ein Lied stammt, wenn´s funktioniert und Spaß macht! Ich cover auch sehr gerne, mir ist nämlich eigentlich auch egal, wer ein Lied geschrieben hat, wichtig ob es mich berührt, und ich Freude habe, es zu singen!
Aus der Untergangskommando Zeit ist unter anderem der Song „Punk & Polizei“. Du hast diesen auch mit Wilde Zeiten und auch mit der Wochenendgesellschaft gespielt bzw. neu aufgenommen. Welche Version dieser Nummer ist für dich die wichtigste?
Michel: Das Lied bleibt immer das Lied! Als Komponist finde ich alle 3 gut, als Interpret die erste, da war´s eben jungfräulich, noch nicht so abgenutzt.
Was empfindest du, wenn solche Songs anderen Bands (wie zum Beispiel WIZO) zugeordnet wurden?
Michel: Das ist doch ne große Ehre, wenn einer Deiner Songs einer so bekannten Band zugeordnet wird! Ich fand das lustig!
Sowohl zur Untergangskommando als auch zur Wilde Zeiten – Zeit kam der Toten Hosen Vergleich. Für dich eher nervig oder eher eine Wertschätzung?
Michel: Beides! Anfangs habe ich wirklich kaum ne eigene Linie gehabt, alles von Campino nachgemacht, da war es für mich natürlich nervig, verglichen zu werden. Später wurde ich mehr ich selbst, da fand ich´s dann eher geil! Immerhin ist das ein vergleich mit den besten und erfolgreichsten Künstlern Deutschlands, das macht sich doch ganz gut, oder? :-) :-) :-)
„Aggressionspotential“ ist auch eine ältere Nummer. Wo bekommst du denn in der heutigen Zeit ein erhöhtes Aggressionspotential?
Michel: Garnicht mehr! Ich rege mich nur noch im Strassenverkehr auf, wenn man nicht überholen kann, und Leute 30 statt 50, oder 70 statt 100 fahren, ohne Rücksicht auf die anderen hintendran, die dadurch komplett ausgebremst werden! Das kann Dich am Tag ne Stunde Zeit kosten, das finde ich absolut assozial!
Mit Wilde Zeiten hast du vier Punkrock Alben, eine Best Of, einige Singles sowie Live Veröffentlichungen hinter dir. Auch mit „Für immer Mainz“ etc. wart ihr sehr erfolgreich. Was vermisst du an dieser Zeit?
Michel: Ich vermisse nichts daran! Ich genieße es aber, das erlebt zu haben! Da ich danach ja nicht aufgehört habe, Musik zu machen, habe ich natürlich auch kein Vakuum, in dem ich rumhänge und an das schöne Gestern denke!
„Nazi Alter“ vom dritten Album („Aufgeräumt wird später“) wurde von YouTube genommen. Wie wichtig ist dieser Song in der heutigen Zeit?
Michel: Ich finde, wir sollten bei all unseren Kämpfen gegen Rechts nicht aus dem Auge verlieren, daß das nicht der einzige Feind ist. Außerdem halte ich´s inzwischen auch für schlauer, FÜR eine menschlichere, sozialere Welt zu kämpfen, statt GEGEN eine Auswahl der potentiellen Feinde davon. Das würde unsre Schlagkraft vervielfachen, und manchen Widersacher von selbst auf unsere Seite ziehen. Inspiration und Vormachen ist besser als Verschleiß durch Vernichtung von möglichen Feinden.
Mit „Uns kann nichts mehr passieren“ habt ihr damals eine Nummer veröffentlicht, die gerade zur heutigen Zeit mit Coronavirus etc. unglaublich passen würde. Könntest du dir hier ein Re-Release vorstellen?
Michel: Re-Release glaube ich nicht! :-) Das Lied gibts doch, auch auf youtube! Außerdem finde ich die Aufnahme von Wilde Zeiten echt gut gelungen!
Wenn du selbst die Alben von Wilde Zeiten und vom Untergangskommando anhörst: Welche Songs findest du persönlich am wichtigsten und welche hätten deiner Meinung nach mehr Beachtung verdient?
Michel: Ob ein Lied wieviel Beachtung verdient, das kann nur der Hörer beantworten, nicht der Schreiber! :-) Eigentlich haben wir immer nur Songs aufgenommen, von denen wir überzeugt waren, daher waren alle wichtig! Mir gefallen auch heute noch zu viele ganz gut, das wäre zu lang, sie aufzuzählen! :-)
Kommen wir zum aktuellen Album. Beschreib uns das Cover. Ein Frosch, Zeitungsartikel. Was steckt dahinter?
Michel: Du hast das Meer vergessen! :-) Meine Frau und ich haben 5 solche Stofffrösche, sie reisen meistens mit, wenn wir irgendwo hinfahren! Statt ein weiteres albernes Bild von mir selber aufs Cover zu packen, fand ich den Frosch Lukas hier ästhetischer!
Er hat übrigens einen nach original-Foto-Vorlage handgestrickten Campino-Pulli an! :-)
Was würdest du denn gerne mal in einem Zeitungsartikel über dich und deine Musik lesen?
Michel: „Er hat es endlich geschafft, GUT zu unterhalten!“ :-) :-) :-)
Du hast wieder einigen Klassiker wie „Orkan über Frankfurt“, „Weg ans Meer“ etc. neu interpretiert und einige neue Songs hinzugefügt. Welche Nummern sind für dich die wichtigsten auf dem aktuellen Werk?
Michel: Ich möchte auf dieser CD zurück blicken, und auch akuell sein, den Kreis schließen, so stelle ich mir auch die kommenden unplugged Konzerte vor. Ich möchte, daß die Leute einen Michel erleben können, der Lieder singt, die sie schon länger begleiten, die sie mitsingen können. Gleichzeitig aber nicht im Gestern rumhängen, sondern frisch und aktuell sein. Das ist auch die Idee dieses Albums.
Wie sind die neuen Songs entstanden? Genauso so wie WILDE ZEITEN / UNTERGANGSKOMMANDO Songs oder ist es für dich etwas anderes, wenn du Unplugged Songs schreibst?
Michel: Es ist genau das gleiche Verfahren! Ich habe schon immer meine Songs an der Westerngitarre geschrieben, bevor ich sie meinen Bandkollegen vorgespielt habe! Also gab´s fast jedes Lied von mir sowieso immer erst unplugged. Das ist bis heute gleich geblieben. Manchmal ist ein Song dann einfach zu langsam oder zu ruhig für ne Bandversion, dann bleibt er unplugged, andere wiederum schaffen es durch die Bandkollegen-Prüfung! :-)
In „Zeit, dass wir aufstehen“ singst du über Medien, Wahlplakate, Lüge und Betrug. Was denkst du: Wie kann man mit solchen Songs Menschen zum Aufstehen bewegen?
Michel: Garnicht! Ich glaube, zum Nachdenken bringen ist alles, was so ein Song kann! Zum Handeln bewegt man ausschließlich durch Vormachen, nie durch rumsingen, oder?
„Bini is my Punkrockgirl“ ist eine Ramones ähnliche unplugged Nummer. Auch ein Hammer Stück und sicher autobiografisch? Erzähl uns die Geschichte von Bini!
Michel: Das klingt nach nem Roman: Die Geschichte von Bini! Bini lebte auf einem verlassenen Schloss in den schottischen Highlands! … :-) Bini ist meine Frau, und als mir kürzlich dieser Refrain einfiel, dachte ich schlichtweg; Bini passt! Sie musste sich erst daran gewöhnen, im Lied genannt zu werden, hat sich aber daran gewöhnt! Ich habe sie vor über 20 Jahren in Friedrichshafen bei einem Untergangskommando-Auftritt kennen gelernt, wir sind seit 2007 verheiratet! :-)
„Wenn wir uns sehen“ ist definitiv ein Song der etwas mehr Beachtung verdient. Welchen Hintergrund hat „Wenn wir uns sehen“?
Michel: Das ist einer meiner Lieblingslieder auf dem Album! Erklären kann ich dazu eigentlich nix, steht ja alles genau im Text!
Mit „Weg ans Meer“ und „Ozean“ beendest du dein Unplugged Album. Wo wird denn für die Leute, die dich schon länger begleiten denn nun die Reise hinführen? Vielleicht wieder was lautes?
Michel: Ich kann mir gut vorstellen, 2021 wieder ein lautes Bandprojekt anzugehen. Vorher möchte ich aber gerne so wie TV Smith mit der Gitarre durch die Clubs ziehen, und unplugged singen, das ist das nächste, was ansteht. Hoffentlich ist Corona bald durch, dann könnte es im Herbst so weit sein!
Comebacks schließen viele Künstler aus aber manche kommen trotzdem wieder (Manchmal kommen sie wieder) Was bedeutet dir „Manchmal kommen sie wieder“ auf Untergangskommando bzw. Wilde Zeiten? Vielleicht nur für ein Jubiläum?
Michel: Ich bin kein Freund davon, rückwärts zu gehen. Und da mir als Songwriter immernoch regelmäßig neue Lieder in den Sinn kommen, finde ich es viel viel besser, diese ins Heute statt ins Gestern zu investieren!
Was bedeuten dir die folgenden Begriffe?
Punk Rock 2020
Michel: Gibts das noch? Erwarten wir zuviel?
Michel Unplugged
Michel: Ein Lagerfeuer-Musiker mit schönen Melodien und eigenständigen Texten.
Michel vom Bodensee
Michel: Einer der vermutlich verrücktesten und punkigsten Schlagersänger Deutschlands.
Corona Krise
Michel: Schlimm, wird vorüber gehen!
Kellergeister
Michel: Tolle Band! Uns gibts nach wie vor, und wir sind auch im Moment nicht gerade faul!
You never Walk alone
Michel: Ein Lied, was mich sehr berührt, und das ich sehr gerne singe!
Tough Magazine
Michel: Magazine wie Eures sind für uns Musiker eine extrem große und oft unterschätzte Unterstützung! Danke!
Bitte entscheide dich (mit Begründung).
„Hol dir die Pest“ Vs. „5 Sterne Punks“
Michel: Beide klasse, finde ich!
„Weg ans Meer“ Vs. „Mondlichtperlen“
Michel: Sehr ähnlich im Ansatz! Die Mondlichtperlen ist etwas unsauberer gespielt und gesungen, aber sehr emotional. Die Weg ans Meer ist reduzierter, absichtlich sehr puristisch und direkt, ohne Schnörkel!
Michel 2020 Vs Michel 1995
Michel: Der von 2020 ist ein Ergebnis von dem von 1995! Beide können sich gut leiden!
Fußball Vs. Punkrock
Michel: Das ist doch bedingt ähnlich! Das Gemeinschaftsgefühl und zusammen rumgrölen gibts in beiden Bereichen!
Comeback Vs Neustart
Michel: Neustart! Das hat mehr Power und zwingt Dich, was zu tun, statt Dich auf irgendwas auszuruhen!
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch!
Michel: Ich danke Euch sehr für das Interview, vor allem auch überhaupt für das Interresse an so nem 51 Jährigen alten Punkrocker! Das freut mich sehr! Bleibt so neugierig und fleißig! Beste Grüße aus dem Bodensee! Euer Michel
Wir vom Tough Magazine möchten uns an dieser Stelle bei Michel bedanken. Wir hoffen, diesen auch bald wieder live zu sehen. Ob mit Band, rein akustisch oder auch mit einem neuen Experiment überlassen wir ihm. Freuen tun wir uns auf jeden Fall, dass dieser es mit „Weg ans Meer“ mal wieder geschafft hat, Redaktionsmitglieder vom Tough Magazine in die alte Zeit zurück zu holen. Danke dafür!
Interview von Thorsten im März 2020
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