In zwanzig Jahren hat sich das Summer Breeze von der 1.000-Mann-starken Feier, damals noch im schwänsichen Abtsgmünd, zu einer der Top-Events in der europäischen Metal-Szene gemausert: 35.000 Metalheads pilgerten ab 15. August nach Dinkelsbühl, einem Jubiläumsprogramm entgegen gespickt mit alten Weggefährten und zahlreichen Überraschungen.
Party Hard – Preparty am Dienstag und Überraschungs-Gigs am Mittwoch
Während die Arbeiten am Bühnenareal noch auf Hochtouren laufen, bot der Campingplatz und die zugehörige Stage „Campsite Circus“ bereits das ein oder andere Schmankerl für Frühanreisende um zwischen gemütlichem Trichterbier und der geselligen Partie T-Rex-Flunkyball ein paar Entertainment-Highlights zu setzen. Zu schreddernden Gitarren streckten sich die Luchadore des Rock ’n ‚ Roll Wrestling Bash spektakulär nieder, bevor Boris the Butcher, der Anti-Held und Star des Ensembles den Ring in einem anarchischem Ausbruch dem Erdboden gleich macht. Nicht weniger Haut dafür umso mehr Glitter, Glam und Sex versprühten anschließen die Disco-Metaller Tragedy in ihrer ebenso berüchtigten wie berühmte Disco-Glam-Rock-Show.
Konzerthungrige kamen außerdem am Mittwoch schon in den Genuss der T-Stage, in diesem Jahr nicht in einem Zelt, sondern als weitere Open Air Bühne angelegt. Auf der „T-Party“ zu Ehren von Michael „T“ Trengert tummeln sich Bands, die dem ehemaligen Geschäftsführer und Macher des Summer Breeze mehr als freundschaftlich verbunden sind: Specialguest waren hier die Hardcore-Niederländer Born From Pain, die Blackmetaller Powerwolf und die unvermeidlichen Amon Amarth, die anlässlich des SB-Jubiläums nicht nur hier, sondern auch auf der Mainstage und als aus holzgeschnitzter Schrein am Eingang des Geländes zugegen waren.
Donnerstag – August Burns Red, Amon Amarth, Architects und Turbobier
Extreme Metal ist das Metier des Summer Breeze Line-Ups, dazwischen sorgen jedes Jahr herorragende Hardcore und Metalcore-Bands für die nötige Abwechslung. Am Donnerstag bringen While She Sleeps bereits kurz nach Mittag eine ansehnliche Menge mit Ihren Metalcore-Melodien zum springen. Massig Melodiöses haben auch White Chapel im Gepäck. Ebenso enorm scheint aber auch das Ego von Frontmann Phil Bozeman und der Deathcoreband aus Knoxville, Tennessee zu sein. Routiniert und ohne ein Wort ans Publikum reißen sie ihr Set herunter und verdrücken sich wieder in den Backstagebereich. Ganz anders August Burns Red: Die machen richtig Druck und verstehen es ab dem ersten Ton zu fesseln. Crowdsurfer-Surfer und brutale Circle Pits zeugen aber auch davon, dass das Festivalpublikum noch nicht mal ansatzweise seine Reserven verschossen hat. Da kann mitten im Circle-Pit-Sprint noch locker vom Bier genippt werden, ohne einen Tropfen zu verschütten. Frontmann Jake Luhrs hat sichtlich Freude an der ausflippenden Menge. Sein Bandshirt zollte außerdem einer aufstrebenden Band Tribut, die nur unwesentlich früher an diesem Donnerstag auf derselben Bühne stand: Miss May I, deren selbstbewusster Soundvision von Metalcore, über Death Metal bis hin zu Groove Metal reicht, deren Mischer aber noch nicht so ganz wach gewesen zu sein scheint. Ziemlich dumpf klang es bei dem Auftritt noch aus den Verstärkertürmen der Mainstage.
Weniger verspielt rissen In Extremo ihre Stunde kurz vor Mitternacht herunter, nachdem die eingangs erwähnten Amon Amarth ein Meer aus Haupthaar und Bärten zum Wogen brachten. Wie bei Wikingern üblich wurde das fast jährlich stattfindende Viking Feast mit Feuersäulen und Kampfgebrüll begangen. Die Drehbühnenkonstruktion, die die vorherige Zweiteilung der Mainstage obsolet machte, beschränkte die fünf Teutonen dieses Jahr allerdings in ihrem überbordenden Bühnenbild: Die Schweden spielten vor einem vergleichsweise mickrigen behörnten Germanenhelm.
Auf der T-Stage, auf der kein Raum und keine Zeit für kollossale Extravaganzen ist, schienen die Planer für Donnerstag auf die noch wachen Sinne der Festivalbesucher zu setzen: Hochkonzetrierter, politischer Metal-/Mathcore von Architects zuckte durch Gehörgänge, Synapsen und Oberschenkel, während von der Camel Stage, gemeinhin auch Funstage genannt die letzten Turbobier-Jünger herbeitorkelten. Die Wiener Drunk-Punks brachten das Blut der Feiermenge mit Mitgröhlrefrains und vermeintlichen Freibiergutscheinen in Wallung. Zuvor lieferten ihre Landsmänner Black Inhale ein astreines Set ab: Druckvoller, lauter, straighter Metal die nach ihrer ersten EP 2009 nun voll durchstartet.
Freitag – Sacred Reich, Crowbar, Hatebreed und Kreator
Die Exzesse zeigen ihre Spuren, sodass schweren Herzens und vor allem Kopfes auf den Auftritt von Skeleton Pit, als „Old School Thrash aus dem Schwabenland“ angekündigt und die Ostküsten-Thrasher Revocation verzichtet wurde. Sacred Reich entschädigten aber voll und ganz mit einem grandiosen Set heavy, hart und gleichzeitig hyperaktiv und strotzend vor Energie. Die alten Mannen aus Pheonix, brannten ein wahres Thrashfeuerwerk ab und kommentierten nebenbei noch die weltpolitsche Lage mit „No Freedom, no Justice. That’s the American Way“. Direkt danach haute Crowbar in die Seiten. Zäh wie Lava wummert es aus den Boxen, totale Entschleunigung unter den Metalheads, während auf der Mainstage das ultimative Kontrastprogramm startet: Hatebreed hauen ein Old School HC Set raus, dass es nur so kracht und pfeift. Vor zwanzig Jahren veröffentlichte die Gang um Frontmann Jamie Jasta ihr Debutalbum „Satisfaction is the Death of Desire“, das sie mit viel Bock und Rotzigkeit den Dinkelsbühler Hardcore Kids servierten.
Statt den Selbstbeweihräucherungen von Kreator-Frontmann Mille Petrozza zu folgen, überließ ich lieber der Trve-Fraktion das Battlefield, schenkte mir die Show der deutschen Thrasher und lieber noch einen ein.
Als der massive „Thunderstorm“ dann beim Auftritt von Children of Bodom die Regenschleusen öffnete, konnte man ohnehin nichts weiter tun, als der äußerlichen Kälte eine gewisse innerliche Grundwärme entgegen zu setzen und sich tapfer an seinem Bier festzuhalten.
Samstag – Excrementory Grindfuckers, Knorkator, Heaven Shall Burn, Korn
Wenn man so wollte, könnte man dem Summer Breeze Line-Up eine gewisse Konvergenz vom Ernsthaft-Anspruchvollen hin zum Albern-Ironischen attestieren: Am Samstag brachte Mr. Hurley und seine Pulveraffen in grotesken Piratenkostümen bereits um 11 Uhr die kleine, aber feine Feiermeute zum Tanzbeinschwingen. Auf dem Pflichtermin der Frühaufsteher hauten im Anschluss die Grindcore-Bastarde der Excrematory Grindfuckers ein Potpourri der Stimmungshits raus: Das EAV-Cover „Fata Morgana“ lullte die schnell anwachsende Menge mit ungewöhnlich melodischen Klängen ein, um dann bei „Metal im Blut“ selbstironisch die Teufelshörner schwenken zu lassen.
Die selbsternannte meiste Band Deutschlands, Knoraktor, stieß ins selbe Horn und spielte das männlichste aller Metalsets in Begleitung der zauberhaften Damenkapelle aus Berlin. Witzigerweise gab’s bei dieser Darbietung zum ersten Mal Möpse im Publikum zu sehen. Frontmann Stumpen, ganz Vollprofi, ließ das ebenso kalt wie die beiden Rollicrowdsurfer, die über der Menge schwebten: Er hatte ja einen Auftrag, der hieß Unterhaltung und wenn er sich dafür zum Schwein machen musste. Charisma suchte man leider bei dem vorherigen Act vergeblich: Die Emil Bulls mussten bei ihrem Comeback schwer gegen ihr Image als Teenie-Rockband ankämpfen, lieferten aber mit Songs aus ihrem neuen Album „Kill Your Demons“ (VÖ 29.09.2017) einen soliden, erwachsenen Sound. Nur Sänger Christ verspielt Sympathie- um Sympathiepunkt, wenn er unbeholfen ungelenkte Ansagen macht, für die seine Ausstrahlung einfach nicht ausreicht.
Der Samstag gehörte neben der Spaßfraktion aber auch den alten Helden: Die Show der Ostküsten-Hardcore-Pose Terror riss vom ersten Ton an mit. 15 Jahre Bühnenerfahrung und kein Deut Routine bei Frontmann und Gründungsmitglied Scott Vogel zu spüren. Selbiges gilt auch für die unverwüstlichen Jungs von Heaven Shall Burn. Die Thüringer, die gefühlt schon ewig existieren, schon immer den gleichen Metalcore machen und als Pioniere der deutschen Szene geschätzt werden, sind endlich dort angekommen, wo sie hingehören: Heimlicher Headliner des Summer Breeze 2017, dessen Geschichte auch ihre Geschichte ist. Beim Festivaldebüt 1997 waren sie ebenfalls dabei. Das Jubiläum feierten die Herrschaften mit atemlosen Geballer und der gleichen Pyroshow, die bereits Amon Amarth und Kreator an den Vorabendden bemühten.
Selbstsam mutete es aber doch an, dass sich das Battlefield um die Mainstage danach merklich lehrte: Jonathan Davis und Korn schickten die verbliebenen Massen mit ihrer Setlist auf eine Zeitreise in die Neunziger. Die Begründer des Numetal sahen noch exakt so aus wie im Jahr 1996, performten als wäre die Zeit nie vergangen und reihten Hit an Hit wie Flashbacks. Ein würdiger Abschluss im Sinne von zwanzig Jahren Rock und Metal.
Bericht von Michaela
Die Einweisung zum Campingplatz war eine Frechheit. …während wir am Mittwoch Vormittag um halb 10 uhr nach ganz hinten gewunken und eingewiesen wurden , bekamen die , die am Spätmachmittag kamen, die schönen vorderen Plätze zugewiesen …das finde ich gar nicht in Ordnung, den wer zuerst kommt, malt zuerst. Da sind die alle blöd ,die sich Urlaub nehmen und zeitig da sind ….