„Cradle the Rage“: Martialischer Titel, ebensolche Pose auf dem Cover-Artwork. Obwohl der abgebildete Lederjackenmessias mit verrücktem Heiligenschein und scheinbar elektrisierenden Händen vielleicht eine etwas zu dick aufgetragene Inszenierung gewählt hat. Der Rahmen der Erwartungshaltung ist schon einmal genau umrissen: Defintiv düster, heavy,möglicherweise eine ironische Persiflage des Genres, was das „Too much“ des Artworks erklären würde.
Doch schon bei den ersten Takten von „To close to call“ stellt sich angenehme Irritation ein: Das klingt nicht nach Dragonforce, das groovt wie Golden Earings oder Foreigner. Die elf Songs auf „Cradle the Rage“ entpuppen sich als Powerballaden, die alle handwerklich sehr solide gemacht sind, wodurch sich aber auch eine gewisse Vorhersehbarkeit und Routine einstellt. Als Kind der späten 80er und 90er zitiert James Toseland, Sänger und Kopf einer selbstbetitelten Band, von AC/DC, über Bon Jovi bis hin zu bereits genannten Golden Earing scheinbar alle seine Helden. Die Leidenschaft für Musik, so erfährt man aus der Pressenotiz, brenne schon seit seiner Jugend in dem Briten, bis 2001 widmete er sich aber voll und ganz seiner anderen Passion, dem Motocross. Nach zwei Superbike-Titeln und dem verletzungsbedingten Karriere-Ende kommt also nun sein zweites Talent zum Tragen.
In diesem Licht betrachtet schleicht sich beim Hören der Texte viel zu oft ein Gedanke ein: Midlife Crisis! Bei „Stranger Things“ denkt man unwillkürlich an Begebenheiten einer Ü30-Party, die besser im Dunkeln bleiben sollten, in „Burned Fingers“ bekennt sich der Kopf der Band zu seinem unverbesserlichen Drang, alles was er anfasst bis zum bitteren Ende durchzustehen, und in „We’ll stop at nothing“ dem siebten Song des Albums wird einem die Länge der Platte schmerzlich bewusst, denn bevor Toseland stoppen, spielen sie lieber noch vier Songs, die den ersten sieben sehr ähneln.
Dennoch finden Nostalgiker und Liebhaber von gutem, altem Gitarrenrock bestimmt Gefallen an den groovig-souligen Balladen mit satter Intrumentierung.
Review von Michaela
Toseland – Puppet On A Chain
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