Kokomo – Totem Youth

Nichts für schwache Nerven – „Totem Youth“ reiht sich als sechstes Album der Band Kokomo aus Duisburg ein und verspricht uns bösartig-abgefahrene Erzählungen aus einer Welt irgendwo zwischen Friedhof und ´Fanatsy Art´. Abgefahren deshalb, weil sich die sechs Songtitel zunächst, auf eben diese Weise lesen lassen. Sieht man sich zusätzlich dazu noch die Länge der einzelnen Tracks an, kann man sich recht schnell denken dass hier eine Bombe auf einen zu kommt. Es beginnt mit dem Track „Sterben am Fluss“, der sich mit Zehneinhalb Minuten wohl ganz gut für Selbiges eignen könnte. Weiter geht es mit vier Songs, die in englischer Sprache betitelt sind, bevor im sechsten Track nicht der Sensenmann, sondern „Der Vogelmann“ vor einem steht, was ich fast schon bekelmmender finde. Alle Songs dauern mindestens fünf Minuten und noch viel mehr – Es sind ja auch nur sechs Stück, wodurch eine Album-Länge durchaus erreicht wird! Cover und Artworks kommen etwas harmloser daher, durchaus die Gedankengänge anregend, daher irgendwie passend, wobei mich zumindest schon deutlich andere Bilder durchschleichen, während ich mir „Totem Youth“ anhöre.

Kokomo, eine Instrumental-Band, die mit musikalischer Gewalt als Sprache, Geschichten erzählt! Man könnte die einzelnen Alben, und auch dieses hier, ebenso als Hörbücher empfinden, die Songtitel jedenfalls bieten einen Raum dafür an, den Rest sollte die eigene Fantasie erledigen. Der Hörgenuss erinnert mich immer wieder an die Momente, die ich in Seminaren rund um Karlheinz Stockhausen, so bereits erlebt habe: Die Musik bricht wie ein Gewitter über dich herein und dein Kopf ist dem hilflos ausgeliefert. Hier haben wir es allerdings nicht mit Elektroakustik zu tun, sondern mit einer klassischen Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung, die in einer ´Power Metal´-Manier gekommen ist, um Drachen zu töten. Letztendlich ist es aber noch etwas mehr – Streicher, Klaviatur und ambiente Sounds verleihen dem Ganzen einen Feinschliff. Wie erwähnt, das Ganze findet ohne Gesang statt, lediglich in
der zweiten Hälfte des vorletzten Tracks, „Melodic Rock Night“, vernehme ich ein paar klagende, menschliche Worte. Diese fügen sich aber im Prinzip nahtlos ins Gesamtbild ein und bevor man realisiert hat, dass da jetzt doch jemand singt, ist es wieder vorbei. Danach, zum Schluss, steht man noch gute neun Minuten dem erwähnten ´Vogelmann´ gegenüber.

Ja! – Man sollte sich einmal dafür öffnen, eine durch langsames Tempo zusammengedrückte, brennende Stahlmauer an Musik, durch sich durch zu jagen! Und dieses Erlebnis können Kokomo in astreiner Qualität anbieten. Man sollte Zeit und Ruhe mitbringen und es sich gemütlich machen, erst dann kann sich das Album als Gesamtwerk, denke ich, richtig entfalten – eben als würde man ein Buch lesen oder einen Film ansehen.

Die Band ist offenbar seit 2008 schon aktiv, das erste Album wurde laut Discogs im darauffolgenden Jahr released. Vierzehntausend Likes für das Facebook-Profil einer Duisburger Band und keiner meiner „Freunde“ ist dabei. Wo waren die Typen bisher nur? Okay, ich selber bin wohl in einer eher anderen Ecke der musikalischen Landschaft verortet, dennoch „gefällt es mir“, Metal-Musik ´mal so zu hören! Kein Shouting, kein Growling, kein Heil Satan – Kann zwar alles auch super sein, aber wer´s nicht immer braucht, sollte sich mal die Geschichte der „Totem Youth“ reinziehen.

Eine Sache aber, möchte ich hier nicht unerwähnt lassen: Unabhängig vom Genre, bin ich so etwas wie ein Fan von gemischtsprachigen Songtiteln auf einem Album, und dann gerne nicht zu übertrieben – Wenn die meisten Songs deutschsprachig sind, finde ich eine kleine Prise Englisch (oder andersrum) sehr geil. Das fiel mir dann noch ein, als ich „Hold Me Closer, Unknown Dancer“ und „Narcosis“ neben „Sterben am Fluss“ las.

Review von Kilian

Dieser Artikel wurde am: 7. Februar 2020 veröffentlicht.

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