Deutschlands erfolgreichsten Spielmänner melden sich zurück. Pünktlich zum 25. Bandjubiläum und 4 Jahre nach der letzten Scheibe „Quid Pro Quo“ (2016) gibt’s mit „Kompass zur Sonne“ das nunmehr 13. Studioalbum der größten Mittelater-Metal-Rocker In Extremo auf die Ohren.
Durch eine knarzende Basslinie wird der Reigen mit dem Opener „Troja“ eröffnet. Nach einem kurzen Intro präsentiert sich sofort der für In Extremo typische Mix aus altertümlichen und neumodischen Klangfarben. Tiefergelegte Gitarrenparts und treibende Drums treffen auf die, für mittelalterliche Musik, typische Sackpfeife, dazu der unverkennbare Gesang des Letzten Einhorns. Ein starker Opener, der meine Erwartungen geweckt hat…
Mit deutlichem Fernweh werden die Segel im Titeltrack „Kompass zur Sonne“ gesetzt. Aufbruchstimmung und Sehnsucht nach dem Meer, verpackt in eine eingängige schmissige Melodie, was will man als Reisender mehr?
„Lügen, Lügen, Lügenpack, wir schneiden euch die Zunge ab…“ – solch rotzig frechen Textzeilen prägen das „Lügenpack“ Auch hier präsentiert das Septett den typischen In Extremo Sound aus nach vorne gespielten wuchtigen Gitarren und einer unverwechselbaren Melodie des Dudelsacks.
Wie für In Extremo typisch haben sie sich auch für dieses Album mit der Band Russkaja und dem Amon Amarath Frontmann Johann Hegg musikalische Mitstreiter ins Boot genommen. Erstere Kombo bilden mit In Extremo in der mit russischen Rhythmen und Klängen angehauchten Hymne „Gogiya“ eine perfekte Symbiose. Es entsteht eine energiegeladene Nummer, die definitiv zum Mittanzen einladen soll.
Der zweite Gastauftritt auf dem Album findet sich in „Wer kann segeln ohne Wind“, eine auf einem schwedischen Volkslied basierendem Song. Ob es die knurrende Stimme von Johann Hegg hier gebraucht hätte sei mal dahingestellt, für mein Empfinden hätte die alleinige Stimme Rheins dem Song deutlich besser getan.
Einen gewissen zwiespältigen Eindruck hinterlässt die Antikriegshymne „Saigon und Bagdad“. Kann man den Text noch als passabel durchgehen lassen, ist insbesondere das zu Beginn holprig gespielte Gitarrenintro eher mau. Das kann eine andere Berliner Band deutlich besser und origineller…über den elektronisch verunglimpften Bonusmix des Songs hülle ich mal lieber den Mantel des Schweigens.
Natürlich darf bei mittelalterlicher Musik auch das Saufen nicht zu kurz kommen. Mitgröl Nummer wie „Reiht euch ein ihr Lumpen“ oder „Biersegen“ bilden die zwar textliche Nulllinie auf dem Album und bewegen sich promilletechnisch auf dem gleichen Level wie das vom Vorgängeralbum namentlich treffende „Sternhagelvoll“. Aber auch solche Nummern gehören ins Repertoire einer Rockband. Also putzt schonmal die Trinkhörner und stellt den Met kalt, das nächste Saufgelage kommt bestimmt…
Fazit: In Extremo haben mit ihrem neusten Output ein ordentliches Album abgeliefert. Der gewohnte Mix aus mittelalterlichen Instrumenten und brachialen Gitarren funktioniert auch hier ohne jeden Zweifel. Ob es sich allerdings gegen die Nummer 1 Platten „Sterneneisen“ und „Sängerkrieg“ behaupten kann, kann man nur vermuten, meinen letzten Heller würde ich darauf nicht verwetten…
Review von Florian G.
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