Die Verrückten vom Rhein schlagen wieder zu! Solokünstler FC Baum, aus dem Sauerland stammend und in Köln agierend, veröffentlichte Anno 2018 eine „Greatest Hits“ – Compilation, die hier einmal, stellvertretend für sein Gesamtwerk, rezensiert wird.
Was haben wir hier eigentlich vorliegen, beziehungsweise wen? Ein Typ, genannt Charlie Baum, ehemaliger Drummer der Band Halz Maul und spiel, sowie ehemaliger Gitarrist der Band FA!L, musiziert selber, in seinem ureigenen Stil unter Anwendung eines Pappaufstellers und eines Beamers. Ersterer, genannt Pappi Papkov, ist der Bassist der Band, während der Beamer ein vorbereitetes Video auf die Wand projeziert, in welchem der Schlagzeuger, getauft auf den Namen Ihmchen McLovin, seine Kunst abliefert. Gesang und E-Gitarre bestehen aus Fleisch und Blut, nämlich ihm, dem (Charlie) Baum. Wenn man so will, ist Letzterer derjenige, der in der qualitativ hochwertigsten Bildauflösung zu sehen ist. So viel zum Live-Setting dieses Unternehmens! Technische Versiertheit und eine ordentliche Portion Phantasie ermöglichen es also, alleine als komplette Band aufzutreten – Man weiß sich zu helfen!
Eine Band in welcher Meinungsverschiedenheiten, Verantwortungsdruck und unterschiedliche Motivationsmuster also von vorne hinein ausgeschlossen sind. Das mag sicher auch einer der Gründe sein, dass man die Alben, Singles und Videos, quasi am Fließband raushauen kann. Der FC Baum hat in etwas mehr als einer Dekade, bereits eine Vielzahl an Veröffentlichungen gedroppt und heute, im Jahre 2020 macht es nicht den Anschein als würde dies´ bald zu einem Ende kommen. Warum auch? Es funktioniert. Und so bestimmt man in absoluter Eigenregie das Vorgehen und das Konzept, also die Gesamtheit dieses Projektes.
Wer sich jetzt fragt, ob bei einer Vorgehensweise wie dieser, die Quantität der Qualität womöglich überwiegt, der liegt meiner Meinung nach falsch. Das hier ist Musik, die absolut mit jeder Geschichte, in welcher zum Beispiel Farin Urlaub seine Finger im Spiel hat oder hatte, vergleichbar ist. Meistens deutschsprachig Gesungenes, über schrille Themen, über den Alltag und über Gefühle, durchzogen von Sarkasmus, Zynismus, Selbstreflektion und Spaß. Eine saubere Produktion von verzerrter Gitarre und tighten Drums, formen einen modernen Deutschpunk-Sound, von welchem aus die Brücke zum Pop sehr leicht zu erreichen und zu überqueren ist. Das hier vorliegende Album Wannabes & Souldabeens: Das Beste von FC Baum 2007-2018, lässt sich als gute Zusammenfassung dessen betrachten. Satte 24 Lieder, die also seit den späten 00er Jahren alle schon einmal erschienen sind, garantieren eine höchst abenteuerliche Reise durch die Welt des FC Baum. Dabei jagt ein Hit den nächsten, die Melodien und Akkordabfolgen sind, im Sinne des Mainstreams gedacht, absolut radiotauglich und angenehm zu verinnerlichen. Na klar, das hier ist eine „Best Of „- Veröffentlichung, also hat man sich, was einem der Titel schon verrät, das beste Zeugs herausgepickt. Songs wie Unter Wert oder Kein Lied zum Beispiel, sind astrreine Punk-Schellen, wie sie The Wohlstandskinder oder WIZO auch nicht hätten viel besser schreiben können. Mit einem Song wie Latte Macchiato wird hier beweisen, dass Punkrock auch oftmals als eine bessere Alternative zum Partyschlager dienen kann. Mit Songs wie Moute-à-fiqueur (bitte einmal laut vor sich hin sagen) oder Alter Mann Reggae, bei welchem es sich tatsächlich um ein Hybrid aus Reggae und Punk handelt, stellt der FC Baum an diesen Stellen klar, dass er durchaus auch fähig ist auf anderen Terretorien sein Unwesen zu treiben. Wo man hinsieht und hinhört: Überall Wort- und Wahnwitz, unter Anwendung von Songtiteln, die es in großen Teilen sicherlich kein zweites Mal auf dieser Welt gibt. Mir jedenfalls fallen spontan kaum Künstler ein, welche Songs wie Das Tal der verworfenen Ideen oder 100X raushauen könnten. Das würde höchstens zu den Bands passen, mit welchen sich diese Musik am ehesten vergleichen lässt, eben jene aus dem deutschsprachigen Fun-Punk (Ich weiß dass niemand, einschließlich mir, diese Bezeichung mag, aber es gibt sie nunmal und jeder weiß dann, was gemeint ist). Trotz aller deutlichen Experimentierfreude, ist dies aber unterm´ Strich einfach Punkrock. Immer wieder tauchen diese wunderbar verwegenen und gleichzeitg schnellen Gitarrenriffs- und Solos auf, die einen daran erinnern, dass man zu dieser Mukke eigentlich einen ordentlichen Pogo auf´s Parkett legen sollte.
Wer von der aktuell recht hippen aber gleichzeitig super-depressiven 1980er-Welle im Punkrock die Schnauze voll hat und sich thematisch und stilistisch eher in die Zeit von Blink-182, Weezer und Green Day begeben möchte, ist hier definitiv richtig aufgehoben. Das hier geht vorwärts, unter Anwendung von klaren Worten und lebensbejahenden Akkordabfolgen (Puh!). Keine Zeit für hochgestochene Philosophie, keinen Bock auf „Bad Vibes“ und ebenso keine kitschigen Verblühmtheiten. Absolut empfehlenswert das Ganze!
Das Cover zeigt das Logo vom FC Baum, welches auch auf Teilen der anderen Veröffentlichungen und auch in der Social-Media-Präsenz, immer wieder zu sehen ist. Jau, das liegt wirklich nahe, bei einer „Greatest-Hits“ – Compilation. Alles richtig gemacht!
Review von Kilian
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