Verliert sich die Ameise im Gewimmel der Masse oder entkommt sie als Individuum dem gleichmachenden Einfluss? Das Artwork des selbsbetitelten Debuts von „Blut Hirn Schranke“ lässt beide Deutungen zu.
Auch die Texte der elf Songs sind meist ratlos und verloren, was einen Großteil der Angepisstheit und Düsternis des Albums ausmacht. „Vorwärts nimmer“ schafft es, die Qualen einer depressiven Persönlichkeitsstörung fast körperlich erfahrbar zu machen. Die schweren, melancholischen Riffs illustrieren die Fassungslosigkeit des Protagonisten, der mit Entsetzen auf die eigene Vergangenheit blickt, aber sich nicht umwenden kann, vielleicht auch gar nicht will, weil ihn der bloße Gedanke an eine Zukunft lähmt.
Resignation, wohin man hört: Ob Gentrifizierung (#3 „Stadt Land Schluss“), Scheuklappengesellschaft (#2 „Obenauf“), falscher Nationalstolz (#9 „Angekommen“), Szenenfrust (#10 „More Than Music“) oder Kulturkritik (#5 „Was weiß ich“) – die Texte sind ausgefeilt, dokumentieren aber meist nur das Gefühl von Machtlosigkeit: „Mich kotzt so oft so vieles an, ich weiß doch auch nicht wohin, doch alles zu tolerieren macht doch auch keinen Sinn, mich kotzt so oft so vieles an, doch ich weiß auch nicht was wird, hier und dort einfach mitzulaufen ist vielleicht nicht so verkehrt.“
Klar, dass bei der Opferrolle, die hier beschrieben wird, die Gesellschaft als feindlicher, fremder Gegenpol zum Individuum wahrgenommen wird, nicht als form- und gestaltbare Einheit. Mit dieser Denkweise bekommt „Common Sense“ plötzlich die Macht Menschen als „Überflüssig“ abzustempeln (#7), die letztendlich auf der „Menschensammelstelle“ abgeladen werden (#6). Die präzisen, tiefen Gitarrenläufe und der eigentümliche Drumsound transportieren die zutiefst pessimistische Stimmung der LP fast zu perfekt: Eindringlicher, intensiver Hardcore mit Emo-Elementen.
Review von Michaela
Blut Hirn Schranke – Menschensammelstelle
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