Leo Born ist ein deutscher Schriftsteller, der in Frankfurt lebt. In den letzten Jahren hat er Thriller auf den Markt gebracht, die uns LeserInnen nicht nur durch die spannenden Inhalte in den Bann ziehen. So erzählen die Thriller auch irgendwie eine Geschichte über die Hauptermittlerin. Kommissarin Mara Billinsky ermittelt – und zwar anders als andere.
Tätowiert, eigensinnig und sicherlich „Frankfurts härteste Ermittlerin“. Genauso wie ihr Schöpfer, Leo Born, steht Mara auf Musik, die auch bei uns im Tough Magazine besprochen wird. Leo fasst es zusammen als „“Echte“, alte, knarzige, nicht „computerinfizierte“ Band-Musik mit E-Gitarre, Bass und Drums. Von Nirvana über White Stripes bis hin zu Social Distortion. Oder auch die Black Keys und Metallica. Aber auch die Red Hot Chili Peppers und immer auch die Beatles.“
Ob Maria auch bei uns in der Redaktion ermitteln möchte, wissen wir nicht. Ob wir es trauen, Leo Born diese Frage zu stellen? – Auch da sind wir uns nicht sicher. Was wir aber verraten dürfen (und dafür findet ihr gleich den Beweis) ist, dass wir mit Leo ein sehr interessantes Interview, über Musik, Frankfurt und auch über die Fälle von Mara Billinsky führen durften.
Seid gespannt auf ein Interview aus einem nicht so engen Verhörraum. Viel Spaß!
- Hallo Leo. Zuerst einmal vielen Dank, dass Du dir die Zeit für das Interview nimmst. Wobei erwischen wir dich gerade?
Beim Durchatmen. Ich habe nämlich gerade den 9. Band mit Mara Billinsky beendet, der im Oktober erscheint. Es geht wieder ziemlich zur Sache, und deshalb ist jetzt eine kurze Pause von Mord- und Totschlag angesagt, bis ich mir in ein paar Wochen Gedanken machen werde, in welchen Schlamassel Mara nächstes Mal hineingerät.
- Man kennt dich als Leo Born – Schriftsteller. Doch was steckt hinter diesem Namen?
Jemand, der verrückt auf Geschichten ist. Schon von klein auf hab ich mit meiner Fantasie kaum Schritt halten können und mir Geschichten ausgedacht – und irgendwann angefangen, sie aufzuschreiben. Bis daraus ein historischer Roman wurde, der im Gmeiner Verlag veröffentlicht wurde, noch unter meinem richtigen Namen: Oliver Becker. Extra für Mara Billinsky hab ich mir ein eigenes Thriller-Pseudonym ausgedacht. Ich wohne in Frankfurt-Bornheim, genau wie Mara übrigens, und mein Sohn heißt Leonardo. So wurde Leo Born geboren.
- Du bist selbst ein musikinteressierter Mensch. Als Bands zählst du Nirvana, White Stripes, Social Distortion, Black Keys, Metallica, Red Hot Chili Peppers und auch die Beatles auf. Was bedeutet dir diese „handgemachte“ Gitarrenmusik?
Ich mag das Rohe und Direkte daran. Dass manche Töne auch mal schief klingen dürfen, und dass es am Ende doch die Melodie ist, die einen „kriegt“ und die bei einem bleibt.
- Wenn man einen Soundtrack zu deiner Generation aufnehmen möchte, wären sicher diese Bands einmal bis mehrfach vertreten. Welche Songs würdest du hier in die Playlist setzen wollen und warum?
Ich mag es immer, wenn scheinbare Gegensätze sich verbinden. Wie bei Lithium von Nirvana. Es fängt fast an wie ein Kinderlied, und plötzlich bricht die Urgewalt durch. Auch bei den Chili Peppers ist es oft so, dass sich Melodiöses urplötzlich mit Kraftvollem abwechselt. Das mag ich genauso gern beim Schreiben. Mara Billinsky ist nur auf den ersten Blick schroff und hart und dickköpfig. Aber wie viele solcher Menschen versucht sie damit nur ihre Verletzlichkeit und Unsicherheit zu verbergen und sich zu schützen. Action und Thrill verbinden sich bei mir durchaus mal mit ruhigeren Szenen.
- Betrachtet man dein eigenes künstlerisches Schaffen, so muss man auf deine Mara Billinsky – Thriller zu sprechen kommen. Mit Tattoos, schwarzer Kleidung und rauer Schale eckt diese Mara nicht nur bei ihren KollegInnen an. Erzähl uns, wie du auf diese Figur gekommen bist?
Ich konnte noch nie was mit Superhelden anfangen. James Bond zum Beispiel hatte es noch nie nötig, dass ich ihm die Daumen drücke, der schafft auch so alles. Aber bei Außenseitern ist das anders. Sie haben es nicht leicht, für sie wird kein roter Teppich ausgerollt. Deshalb drücke ich ihnen die Daumen. Wie Mara Billinsky. Sie ist ein klassischer Außenseiter. Im Job und in ihrem ganzen Leben. Jemand, der sich durchbeißen muss. Und das ist auch die Eigenschaft, die ich bei ihr am liebsten habe. Als Ermittlerin beißt sie sich fest. Sie ist nicht unbedingt stärker oder schlauer als sonst jemand, sie besitzt auch keine außergewöhnlichen Talente – außer anzuecken –, aber sie ist einfach verdammt hartnäckig, und das gefällt mir.
- Mara Billinsky wird auch „die Krähe“ genannt. Auch ist auf den Büchern jeweils eine Krähe abgebildet. Was ist für dich das Besondere an diesem Vogel und wie passt er zu Mara?
Dieser Vogel hat was einfach Düsteres. Er steht für die Nacht, für das Unheil. Und das passt zu Mara. Sie ist wahrlich kein Sonnenschein, sie trägt keine Kleider mit Blümchenmuster, sondern eine abgewetzte schwarze Motorradlederjacke. Anfangs bekommt sie den Spitznamen Krähe von Kollegen, die sie nicht mögen. Er ist spöttisch gemeint, und sie hasst diesen Spitznamen. Dann aber wird er zu einer Art Markenzeichen für Mara, und sie lässt sich schließlich eine Krähe tätowieren.
- Hast du zu Mara ein Vorbild? Einen Promi oder jemanden aus der Bekanntschaft 😊?
Nein, überhaupt nicht. Sie kam sozusagen aus dem Nichts auf mich zu und war schon immer, wie sie ist. Ich wollte eine Hauptfigur, die in keine Schublade passt und die nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen wird. Jemanden, der polarisierst. Und das trifft auf Mara absolut zu.
- Frankfurt ist der Ort deiner Thriller. Siehst du die Stadt jetzt in einem anderen Licht als vor deiner Autorenzeit? Gibt es zum Beispiel Momente, bei denen du in Frankfurt stehen bleibst und die nächste wichtige Ecke für neue Kapitel findest?
Ich hab Frankfurt als Ort gewählt, weil ich schon lange hier lebe und weil die Stadt wie meine Hauptfigur viele Gegensätze vereint. Aber ich sehe Frankfurt nicht anders als zuvor. Es ist eher so: Es gab auch vor Mara schon genügend Frankfurt-Krimis, aber ich hatte das Gefühl, keiner davon gibt die Atmosphäre der Stadt wirklich wieder. Das ist mein Versuch, mein Frankfurt zu zeigen. Und tatsächlich, man muss die Augen offenhalten, ich bin ständig auf der Suche nach Schauplätzen.
- Die Bücher werden von KritikerInnen als auch von LerserInnen gelobt. Bei Amazon hat jeder der Bände eine hohe Bewertung. Was bedeuten dir diese Kritiken? Liest du diese?
Bei Amazon gibt es inzwischen so viele, dass ich bestimmt schon einige verpasst habe. Aber klar, da bin ich natürlich neugierig. Die ersten Leserrezensionen haben mir gezeigt, wie beliebt Jan Rosen ist, Maras Co-Ermittler. Da war mir vorher gar nicht so sehr bewusst, und seitdem widme ich ihm viel mehr Aufmerksamkeit. Insgesamt haben Mara und ich Glück gehabt, glaube ich, es gab bisher kaum komplett negative Kritiken.
- Wenn man deine Werke nebeneinanderlegt, so erkennt man nicht nur jeweils die Krähe auf dem Umschlag. Auch die Titel passen perfekt zueinander. „Blinde Rache“, „Lautlose Schreie“, „Brennende Narben“ und aktuell „Eisige Stille“. Wie entstehen bei dir die Titel? Zuerst das Buch, dann der Titel oder umgekehrt?
Ja, Cover und Titel sollen natürlich schon klar machen, dass es hier um eine Reihe geht und einen Bezug zueinander schaffen. Ich mag die Krähenbilder sehr gern! Die Titel entstehen eher nebenher. Manchmal im Laufe des Schreibens, manchmal aber auch ganz am Ende.
- „Eisige Stille“ ist das gerade aktuelle Werk. Möchtest du unseren LerserInnen kurz erklären um was es geht?
Es beginnt mit einer Frankfurter Unternehmerin, die bei lebendigem Leib beerdigt wird, und geht weiter mit der Jagd nach einem international gesuchten Wirtschaftsverbrecher. Außerdem gibt es eine ganze Reihe blutiger Darknet-Filme voller Gewalt, und das alles hängt irgendwie mit einem ehemaligen Kindersoldaten aus Sierra Leone zusammen, der in viele furchtbare Verbrechen verstrickt ist … Ja, bei Mara Billinsky ist immer ziemlich viel los … Und dann wird auch noch Maras schwarzes Herz von dem schwedischen Kriminalbeamten Erik Nordin erobert. Oder doch nicht? Ich will nicht zu viel verraten …
- Und was ist für dich das Besondere, wenn du „Eisige Stille“ mit den vorherigen Bänden vergleichst?
Was ich bei den Billinsky-Thrillern mag, ist die Möglichkeit, mehr zu erzählen als „nur“ Verbrechen zu schildern. Trotz des Tempos und der Spannung werden immer reale Hintergründe eingebunden. Der eben erwähnte Kindersoldat aus Sierra Leona beruht auf einem realen Vorbild, und seine Erinnerungen bringen uns den Bürgerkrieg in seiner Heimat näher. Auch die Ermittlungen im und über das Darknet zeigen tatsächlich passierte Polizeiarbeit. In allen Billinsky-Büchern gibt es solche Nebenthemen, die ich einfach sehr gern recherchiere und die den Thrillern mehr Authentizität und Substanz geben.
- Welches sind denn allgemein deine Lieblingsfälle deiner Kommissarin und warum?
Das sind die Geschichten, die den Frankfurter Horizont erweitern, um es mal so zu sagen. In Band 6, Sterbende Seelen, ist Mara zum Beispiel auch in Sizilien unterwegs und lernt Frauen kennen, die aus Nigeria stammen und ein bewegendes Schicksal haben – und auch hier beruhen die Ereignisse auf wahren Begebenheiten.
- Mara steht nicht still. Schon im September erwartet uns ein neuer Band. Was kannst du über diesen schon verraten?
Nur so viel: Es gibt da einen Herrn namens Goyo, der in Frankfurt mexikanische Verhältnisse einführen will. Alles beginnt mit einem Mord, bei dem klassische – ausnahmsweise mal – Musik und rote Seidenunterwäsche und Stacheldraht eine Rolle spielen. Und dieser Mord ist der Auslöser für eine Reihe weiterer spannender Ereignisse …
- Manchmal werden Bücherserien ja verfilmt? Was würdest du sagen, wenn der „Tatort Frankfurt“ fragen würde, ob Mara zukünftig im Ersten ermitteln darf?
Da gab es tatsächlich schon die eine oder andere Anfrage und Gespräche, aber mehr möchte ich noch nicht verraten …
- Und was würde Mara zum Einstieg mitbringen?
Sizilianischen Rotwein, jede Menge LPs und ihre Dienstpistole.
- Sicherlich hast du nicht nur schon den nächsten Band im Kopf, sondern noch einige Ideen für die Zukunft. Auf was dürfen wir uns in den nächsten Monaten freuen?
Ich schreibe noch eine zweite Krimi-Reihe. Da geht es um den LKA-Ermittler Jack Diehl und da wird es auch etwas Neues geben …
- Was bedeuten dir die folgenden Begriffe?
- Hobby: überbewertet
- 80er Jahre: schlechte Musik, noch schlechtere Frisuren
- Legenden: pssst, aber es gibt gar keine Legenden (außer die Beatles)
- Kult: zu häufig benutzter Begriff, sodass er leider seine Kraft verloren hat
- Polizeiarbeit 2024: wie alles andere auch wird sie viel digitaler, technologisierter
- Frankfurt 2000: große Kleinstadt, kleine Großstadt – kleine Fische, große Haie
- Frankfurt 2025: immer noch: große Kleinstadt, kleine Großstadt – kleine Fische, große Haie
- Leo Born 2034: Mara Billinsky, Band 37 (nur dass Mara jetzt eine Lesebrille, aber noch keine Gehhilfe braucht)
- Wir bedanken uns für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir.
Um es mal mit Mara Billinsky zu sagen: Es gibt viele Wege, aber nur einer ist deiner.
Verhaftet!
Also uns hat Leo Born mit seinen Büchern jedenfalls in Ketten gelegt. Die Bände „Blinde Rache“, „Lautlose Schreie“ und „Eisige Stille“ sorgen gerade für schlaflose Nächte in der Redaktion. Wir werden euch diese bald gesondert vorstellen. Den Tipp bei Leo reinzulesen geben wir gerne schon vorab. Wer mehr wissen will, der schaut gerne bei Lübbe genau hier (https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/autoren/leo-born/id_6532997) nach.
Viel Spaß mit Leo Born und seiner Mara Billinsky.
Interview von Thorsten.
Photocredit: Facebook Leo_Born_Autor
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