Der Ole – Wir müssen leben / Heimathafen

Hereinspaziert, hereinspaziert…Manege drei… 

Der Ole und Band melden sich zurück. Nach den beiden Erfolgsalben „In Grund und Boden (2018)“ und „Durch die Zeit (2020)“ macht der sympathische Sänger aus Meerbusch nun mit „Wir müssen leben“ das Triple voll. Und das kann tatsächlich wörtlich genommen werden. Hat bereits das letzte Album unter anderem mit dem Mitwirken von über 120 Gastmusikern aus der gesamten deutschen Musikszene und einer limitierten Fan-Box, bestehend aus einem Quartett und anderen witzigen Beigaben, die Messlatte ordentlich nach oben geschraubt, gilt es natürlich dies noch zu toppen. Ein hoch gestecktes Ziel, aber wer den Ole kennt, weiß, der Ansporn ist vorhanden, sich auf den Lorbeeren auszuruhen ist nicht sein Ding.

Aber was hat es mit dem erwähnten Triple auf sich?? Nun, mit „Wir müssen Leben“ erscheint nicht nur ein Album, nein, mit „Heimathafen“ haut er zeitgleich noch ein zweites Album raus. Ja, aber Triple heißt doch drei?? Korrekt, Nummer drei im Bunde ist die „Gästezimmer“ CD, eine Sammlung von Songs unterschiedlicher Künstler, bei denen er als Gastmusiker mitgewirkt hat. Letztere wird allerdings nur in einer erneut limitierten Sammlerbox erhältlich sein, die mit vielen weiteren Überraschungen, ich sag nur Zwillingsspiel, überzeugen kann.

Ole sagt über sich selbst, dass er das Musikmachen heutzutage deutlich entspannter sieht, als es noch vor 20 Jahren der Fall war, der Muss-Gedanke von einst ist nicht mehr vorhanden, sondern nur doch der Spaß und die Lust auf das Musizieren stehen im Vordergrund. Und genau das hört man den 12 Songs der „Wir müssen leben“ auch deutlich an. Grob kann der Sound irgendwo zwischen Punk und Rock festgemacht werden, die, neben einer klassischen Rockbesetzung, verwendeten Instrumente wie Posaune, Trompete und Waldhorn schaffen jedoch einen Klangteppich, der um einiges vielfältiger und interessanter klingt, als man es vom typischen klassischen Rocksound gewohnt ist.

Nach einem kurzen Intro, das mir schon ein Grinsen entlocken konnte, geht’s bei der ersten Single-Auskopplung „Vom Clown“ schon gleich in die Vollen. Gitarren und Bläser erzeugen eine wuchtige Klangmauer, die kraftvollen Drums und ein kleines Gitarrensolo runden die Nummer perfekt ab. Kleiner Tipp am Rande, das dazugehörige Video kommt sehr dominant rüber und sollte nicht verpasst werden. In etwa die gleiche Kerbe schlägt „Dobermann“, mit ordentlich Wut in der Stimme, so hört man den Ole nur selten, („der Bastard ist zurück und hat seinen Dobermann dabei“) und einem ordentlich brachialen Sound kommen Anhänger härterer Musik hier voll auf ihre Kosten. Textlich lässt der Ole immer wieder viel Spielraum für eigene Interpretationen bzw. verarbeitet Lebenserfahrungen, die wahrscheinlich jeder in etwa der gleichen Art und Weise schonmal erlebt hat. So auch in der zweiten Singleauskopplung „Caroline“, eine ruhigere, gefühlvolle Nummer über eine verschmähte Liebe (Ich will, dass du daran erstickst, wenn Menschen meine Lieder singen). Mit einer ordentlichen Portion Selbstironie (und auch einem gewissen Michael Jackson Feeling) kommt „Mainstream Baby“ aus den Boxen, die Nummer zeigt, dass der Ole auch über sich selbst lachen kann. Das abschließende „Die Bitch der Industrie“, ein weiteres Highlight, kann mit einem starken Chor, ordentlich Bläsereinsatz und einem Text, der gewiss für den ein oder anderen Shitstorm sorgen könnte.

Das zweite Album im Bunde „Heimathafen“ kann im direkten Vergleich als eher ruhigeres, gefühlvolleres Album gesehen werden. Den E-Gitarren wurde der Stecker gezogen und gegen akustische getauscht, auch die ein oder andere Geige oder ein Piano ist auf den Stücken zu hören. 

Los geht’s auch hier mit einem lustigen, gesprochenen Intro. Kenner der deutschen Fernsehkultur werden sofort aufhorchen, wird doch hier ein Satz von einer absoluten Fernsehlegende zitiert, die eben diesen schon einmal in einer deutschen Kultkomödie Mitte der 90er Jahre gesagt hat. 

Das namensgebende „Heimathafen“ ist eine sehr persönliche Nummer und vermittelt Gefühle, die wahrscheinlich kaum einer nicht kennt. Jeder hat irgendwo auf der Welt seinen Ankerpunkt, wo man sich zu Hause fühlt und immer wieder gerne an diesen Ort zurückkehrt.    

Weiter geht’s mit „Die Copacabana ist in Berlin“, eine Melodie mit Ohrwurmcharakter die dazu noch von einem Glockenspiel dargeboten wird, das hört man auch nicht aller Tage. Man sieht, auch die aus der Schule verhassten Instrumente können dazu beitragen, großartige Songs zu schreiben.

Auch auf dieser Platte hat der Ole es sich nicht nehmen lassen und auf die Unterstützung zahlreiche Prominente und Gastmusiker gesetzt. Beispiele hierfür sind der „Anarchistentanz“ und der vorletzte Song der Platte „Keine Zeit mehr“. Gerade letzterer ist ein songtechnisches Highlight. Zum einen der Chor, hier sind Legenden wie Matthias Steiner, Frank Ordenewitz, Sean Dundee oder Norbert Dickel zu hören. Zum anderen wurde die im Stück zu hörende Orgel von niemand geringerem als Helmut Zerlett eingespielt. 

Einen runden Abschluss der 12 Songs umfassenden „Heimathafen“ bildet der Song „Alles wird gut 2023“, eine sehr gelungene Neuinterpretation, welche ursprünglich vom 2020 Album „Durch die Zeit“ stammt.  

Fazit:

3 Alben, 36 Songs dazu eine Fan-Box mit weiteren Goodies, das muss man erstmal auf sich wirken lassen. Wurde mit dem letzten Album schon ordentlich vorgelegt, hat der Ole sich hier ohne jeden Zweifel wieder selbst übertroffen. Hier ist für jeden etwas dabei, auf die Fresse Nummer finden sich ebenso wie entspannte ruhige Tracks, die gesangliche Leistung fügt sich in die Grundstimmung der jeweiligen Songs nahtlos ein und lässt so keine Wünsche offen. Eine saubere Produktion runden das Hörerlebnis perfekt ab.

Auch wenn das Jahr erst zur Hälfte rum ist, haben wir hier eins, wenn nicht sogar schon das Albumhighlight 2023. Ich kann jedem nur raten, überzeugt euch selbst und hört euch die Alben an, gerne auch auf kommenden Live-Veranstaltungen. Aktuelle Termine sind zu finden auf: https://derole.wixsite.com/home bzw. Facebook oder Instagram.

 

Review von Florian G.

Dieser Artikel wurde am: 4. August 2023 veröffentlicht.

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