Wer kennt sie nicht? Die Ärzte – die beste Band der Welt.
„Ja waren sie mal“ sagen manche, die vor allem die Platten „Auch“ oder auch „Jazz ist anders“ kritisieren.
„Früher war alles besser.“ Hört man auch mal.
Aber die Ärzte ist schließlich eine Band, die einiges geschafft hat: Unzählige Nummer 1 Alben, Singles, Touren. Einfach einmalig.
Doch scheinbar haben sie ganz unbemerkt etwas weiteres erschaffen: Eine Zeitmaschine.
Ganz unverschämt reisen die drei Götter mal eben (mit kurzem Umweg über den Rockolymp) durch die Zeit und landen im Jahr 2000, um aus der „Runter mit den Spendierhosen, Unsichtbarer“-Zeit genau die Vielfältigkeit und Spielfreude mitzunehmen und konsequent, 20 Jahre später, neu umzusetzen.
Auch wenn ich von den Vorabsingles nicht ganz begeistert war, hat mich das Album doch sehr überzeugt.
Nach einem, wie erwarteten, Intro, erklärt uns Farin Urlaub himself, dass er niemals einen „Plan B“ hatte, was auch verdammt gut ist. Ein schöner Einstieg, der genauso gut los rockt, wie einst „Wie es geht“. Das auch Bela B nicht nur Langeweile gut findet, sondern immer noch großartige Songs schreiben kann, zeigt er dann in dem Stück, das ein wenig die Langeweile lobt. „Achtung Bielefeld“ jedenfalls ist nicht langweilig, sondern ein schöner Ohrwurm und Belas Stimme gibt diesen Songs dann nochmal eine besondere Note.
Dies zeigt er auch in dem Stück „Clown aus dem Hospiz“, das ein echter Rocker geworden ist und ein wenig das Künstlerleben beschreibt. „Freudetränen wird es bei dir nie geben“ singt er hier und tatsächlich kann er damit recht haben, das traurige Künstler die besseren sind.
Aber wo wir schon mal bei Tränen sind: Bei der Oi!-Punk Nummer „Alle auf Brille“ musste ich beim ersten Mal mega lachen. Hammer Nummer. Das als erste Single wäre der Knaller gewesen.
Ja, Knaller hat aber auch Farin noch einige am Start. Die Ballade „Leben vor dem Tod“ gehört zu den besten Stücken, die der große Blonde jemals geschrieben hat. Ein Stück, das die Ärzte live wohl eher nicht spielen werden, aber ganz großes Gefühlskino.
Wenn wir schon mal beim Kino sind: Wenn ihr wissen wollt, was Thor, Käsekuchen und Schokolade mit Farin Urlaub zu tun haben, dann hört euch einfach mal „Thor“ an. Hebt die Stimmung zu jeder Jahreszeit.
Auch ein Anti-Nazi-Song ist (beinahe selbstverständlich) ist vorhanden. Wir bekommen mit „Liebe gegen rechts“ ein gutes Statement von Farin und das Ganze im lockeren Country-Gewand. Ist kein „Schrei nach Liebe“, aber trotzdem weiter wichtig. Man kann hier noch viele Songs herausnehmen, aber da wir sowieso wissen, dass sich auch unter den Farin Urlaub – Songs wie „Ich, am Strand“ und „Warum spricht niemand über Gitarristen“ zwar einige bekannte Themen wiederfinden, aber trotzdem Songs dabei rauskommen, die funktionieren.
Schön.
Ebenso gut finde ich, dass Rod wieder mal eine Hymne beigesteuert hat, die eine große Popnummer ist und sich mit „Polyester“ beschäftigt. Ironisch und mit starkem Text. Wird live im „Rod-Teil“ funktionieren.
Ja, was soll ich abschließend sagen?
Die Ärzte haben abgeliefert.
Ein schönes Album, das nach Sommer und dem Unsichtbaren riecht.
Sehr wünschen würde ich mir, dass die Ärzte die Zeitmaschine noch einmal anwerfen.
Geil wäre in genau fünf Jahre dann um dreißig Jahre zurück, um mit Songs vom Planeten Punk zurückzukommen.
Bis dahin kann aber auch noch ein Album folgen. „Dunkel“ wäre ein schöner Titel.
Wer weiß.
Ich jedenfalls wünsche es mir vom Christkind, vom Nikolas oder von BELAFARINROD.
Danke für diesen kleinen, aber mächtigen Zeitsprung.
Review von Thorsten
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