Dritte Wahl sind wieder zurück. Ihr neues Werk „3 D“ schließt nahtlos an das Hit-Album „10“ an und wird im Spätsommer sicher einige Punkrocker sehr glücklich machen. Was die Jungs so kurz um den Veröffentlichungstermin bewegt, verriet uns Gunnar im Interview an einem schönen Dienstagabend.
Hey Gunnar. Schön, dass du dir die Zeit nimmst. Euer neues Album steht in den Startlöchern. Wie geht es dir gerade?
Gunnar: Ich bin tatsächlich zwiegespalten. Ich freu mich jetzt erst mal, dass alles rauskommt. Auf der anderen Seite bin ich aber auch traurig, dass wir damit nicht richtig auf Tour gehen können. Aber so ist das nun einmal.
Nachdem ihr schon einige Alben veröffentlicht habt. Empfindest du bei jedem Album das Gleiche oder nimmt die Aufregung von Mal zu Mal zu oder eher ab?
Gunnar: Eigentlich ist das immer irgendwie gleich. Man ist ein wenig aufgeregt, Klar ist man gespannt auf die Reaktion der Leute. Sicher macht man Musik auch für sich, aber man freut sich natürlich mehr über positive Kritiken als über schlechte, wenn schließlich alles fertig ist (lacht).
Zwischen „10“ und „3 D“ sind drei Jahre vergangen. Wie habt ihr die Zeit zwischen en Alben verbracht. Wann hat das Songwriting für „3 D“ begonnen?
Gunnar: Wir haben schnell wieder angefangen, an neuen Songs zu arbeiten. Holger und ich wohnen hier in Münster. Ganz in der Nähe vom Studio. So haben wir recht schnell die ersten Sachen aufgenommen. Schon mit den ersten Ideen eine Vorproduktion gemacht. So viel Studiopause war auch nicht wegen der 30 Jahre Single. Auch wenn wir viel auf Tour waren.
Das Album hat schon erste Kritiken bekommen und auch Freunde / Familie haben sicher schon ihre Meinung gesagt. Welche Kritiken sind euch die wichtigsten?
Gunnar: Bis jetzt sind die Reaktionen tatsächlich sehr gut. Auch von den Zeitungen. Am meisten freue ich mich über Rückmeldung von Kollegen. Da freut man sich gerade deshalb, weil die natürlich wissen, wie viel Schweiß und Blut da drinsteckt (lacht). Aber ich freue mich eigentlich über jede Rückmeldung. Oft ist meine Mutter die erste, die sich meldet. Meist mit dem Satz „Das ist alles nicht so gut wie die letzten Platten.“ Nach dreimal hören meldet sie sich dann wieder mit den Worten „Doch gefällt mir gut“. So dieses auch Mal. (lacht). Da freue ich mich dann auch mit ihr, wenn es ihr gefällt (lacht).
Kommen wir zu den Songs: Was zur Hölle als Single ist passend. Der Song wurde schon auf der letzten Tour gespielt. Ein wichtiger Text über die Menschheit / Erde. Was inspiriert dich zu solchen Songs? (Erinnert auch etwas an „Fliegen“ von Gib Acht).
Gunnar: Ja, wenn man so rum sitzt und Nachrichten guckt oder Zeitung liest, da erwische ich mich oft beim Kopf schütteln. Was ist auf der Erde los? Irgendwie hat man das Gefühl, vieles sei aus dem Ruder gelaufen. Neonazis, der Kapitalismus. Sogar Hühner werden maschinell geköpft. Irgendwie pervers. Auch wenn alles von außen so als eine schöne Welt dargestellt wird. Aber wenn man mal hinter die Fassade schaut, da sieht es dann doch anders aus. Da kommt mir dann oft in den Sinn, was der Gott denn denken würde, wenn er hier mal vorbeischaut.
Auch „Zur See“ ist ein Single geworden. Im Song singst du über „Viel zu viel Beton versperrt die Sicht auf den Horizont“. Von der (Beton-)Stadt aufs Meer. Wie viel Freiheit siehst du denn noch „Auf See“?
Gunnar: Ich glaube, das ist so eine Vorstellung. Ehrlich gesagt gab es auch auf See noch nie die große Freiheit. Die See ist aber ein Synonym dafür. Freiheit – vielleicht wenn man sich eine große Yacht leisten kann. Vielleicht. Weiß ich nicht genau. Nee, das ist ja einfach nur ein Symbol für Lebensträume. Man hat ja im Leben Momente, wo man sich irgendwie entscheiden muss. So wie bei einer Gabelung. Zum Beispiel nach der Schule. Was mache ich? Studiere ich? Oder welchen Beruf erlerne ich? Danach muss man sich entscheiden, wo man arbeiten möchte. Auch später im Leben. Vielleicht gibt es ein Angebot einer anderen Firma. Da muss man wieder eine Entscheidung treffen. Bleibe ich jetzt hier oder nehme ich das Angebot einer anderen Firma an? Und manchmal denkt man sich: Warum mache ich das jetzt? Es gibt viele Leute, die hängen diese Entscheidungen nach. Fragen sich, was wäre anders gewesen. Darum geht es in diesem Song.
Auch auf diesem Album bringt ihr wieder härtere Metall Parts mit. „Fabelhafte Voraussetzung“ haut ordentlich rein. Erzähl was über den Hintergrund von „Fabelhafte Voraussetzung“.
Gunnar: Na ja, da es ja eigentlich für so Leute wie Trump, und wie sie alle heißen – die Erdogans und Putins dieser Welt. Die ganze Welt wird von so komischen Menschen regiert. Wo man früher gedacht hätte, das wäre gar nicht möglich, dass solche Leute gewählt werden. Darum geht eigentlich in den Song. Nach Gorbatschow habe ich zumindest gedacht, dass die Welt besser wird. Doch davon sieht man nicht mehr viel – finde ich. Überall lodert es und die Populisten ergreifen die Macht. Da muss man aufpassen. Das ist eine fabelhafte Voraussetzung für eine beschissene Situation (Boah).
„Alles nur Chemie“ ist einer meiner Lieblingssongs. Passt in Clubs und sicher auch auf Festivalbühnen. Großes Kino. Sehr emotional und mit Ohrwurmcharakter. Welche Geschichte steckt hinter diesem Stück? Was Persönliches?
Gunnar: Ja, das ist was persönliches. Sicher (lacht). Der Song ist von Holger. Da muss man ihn fragen. Insofern müsste er das eigentlich beantworten, weil er es sicher ganz genau weiß (lacht).
Ist natürlich ein Liebeslied. Und solche Songs gehören ja zum Leben – ebenso wie kritische Songs.
Geht man nach dem Album, hättest du kein Problem eine „Schöne Frau mit Geld“ zu heiraten. Was hat dich zu diesem Stück inspiriert? Ab welchem Monatsgehalt dürfen sich die Ladies denn bei euch bewerben?
Gunnar: Och, die Idee hatte ich schon länger, mal so was zu machen. Gerade wenn man im Fernsehen die Frauen sieht, die mit Millionären und so anhängen. Ich denke mal, das geht ja andersherum auch. Männer, die sich einfach so anhängen. Na ja, das ist so eine lustige Idee, einfach mal das Bild umzudrehen. Es steckt aber keine wirklich reale Person dahinter.
Und ab welchem Monatsgehalt dürfen sich die Ladys denn nun bewerben? Wir können die Anschreiben gerne weitergeben.
Gunnar: (lacht) Na, im Moment verdiene ich ja nicht so viel. Da bin ich dann wahrscheinlich werde ich immer empfänglicher, je länger die Corona Krise anhält. Da geht es tatsächlich vielen Menschen gerade richtig beschissen. Clubs, Crew, usw.
„Ohne mich“ spricht von Dingen, die du mal nicht brauchst. Bis auf eine kleine Sache. Es gibt tatsächlich etwas, was dir gut gefallen würde?
Gunnar: (lacht) Ja klar. Aber natürlich auch mit einem Augenzwinkern. Das ist unrealistisch. Das ist auch egal. Ganz großes Augenzwinkern (lacht wieder).
Jetzt müssen die Leute die Platte tatsächlich kaufen, denn die wissen ja nicht, worüber wir reden.
Gunnar: (lacht) Na klar. Nur zu (lacht).
Auch der Titeltrack überzeugt. Gerade der Refrain mit dem „3 D“ bleibt im Ohr. Wo würdest du diesen Song in die vielen Dritte Wahl Ohrwürmer einreihen wollen und warum?
Gunnar: Das ist immer schwer. Das ändert sich auch immer mal. Im Moment sind es wieder an älteren Sachen. „Mainzer Straße“ zum Beispiel. Für mich gerade wieder wichtig, weil sich das wieder gejährt hat. Auch „Kein Wort“. Das habe ich damals für meinen Sohn geschrieben. Was auch immer noch ganz wichtig ist: „Auf der Flucht“ – natürlich für Buschn.
Würdest du den Song „3 D“ in diese Songs einreihen wollen?
Gunnar: Das kann ich noch nicht sagen, da wir den noch nicht live gespielt haben. Manchmal irrt man sich da auch etwas. „Fliegen“ zum Beispiel. Den fand ich okay. Aber da hätte ich nie gedacht, dass der den Leuten so gut gefällt. Manchmal passieren solche Sachen. Bei „Zeit bleibt stehen“ ist es andersrum. Da habe ich geahnt, dass der gut ankommt. Die Musik und Text. Das passte super, und da habe ich mir schon gedacht, das könnte vielen Leuten gefallen. Bei „Fliegen“ war das ehrlich gesagt nicht so. Bei „3 D“ schauen wir mal auf die Konzerte.
Die Veröffentlichung erscheint als CD, Download, LP, aber auch Special Box. Wie wichtig sind für dich Special Boxen. Wie kam es zur Zusammensetzung der Special Box. Welche Bedeutung hat zum Beispiel die Bachtasche?
Gunnar: Wir überlegen immer: Was können die Leute gebrauchen? Ich finde, das für jemand, der Fan ist, da was Cooles reinkommen sollte. Ist doch super, wenn man etwas Besonderes hat. Etwas, das man gebrauchen kann. Wir wollen da keinen Tünnes reintun. Und dann haben wir so gedacht, was braucht man zum Beispiel auf einem Festival. Keinen Rucksack. Hatten wir ja schon mal. Die Bauchtasche finde ich cool, wo man so Portemonnaie und Handy reintun kann. Auch Zigaretten natürlich. Das, was man immer gebrauchen kann (lacht). So kam es zur Bauchtasche. Und es sind auch qualitativ hochwertige Dinger, die wir da ausgesucht haben und da werden sicher einige viel Freude daran haben.
Die Live Tour war schon geplant und ist verschoben worden. Wie zuversichtig bist du das es bald wieder los geht?
Gunnar: Das steht in den Sternen. Ich hoffe, dass was passiert. Viele Verschieben ja schon noch weiter. Ich habe die Hoffnung, dass da vielleicht doch noch ein Impfstoff kommt oder dass der Virus sich abschwächt oder so. Ich denke, man muss sich langsam herantasten und mal gucken. Was auch für die Veranstalter, für die Veranstalter, auch für die Clubs möglich ist. Ich weiß nicht, ob man über einen ganz langen Zeitraum, das strickte Wegbleiben aufrechterhalten kann. Ich glaube, man muss was ausprobieren. Wie weit kann man gehen? Ich glaube auch, man sollte mutig an das Thema herangehen. Um wieder an das gewohnte Leben heranzukommen.
Welche Songs vom neuen Album hätten wir hören dürfen?
Gunnar: Ähm. Ja, da waren wir am Überlegen. Sicher „Ikarus“, „Was zur Hölle“, „Zur See“, „Zusammen“. Jetzt sind ja noch paar Konzerte vor Veröffentlichung. Da geht man langsam ran. Aber wir schauen, was den Leuten gefällt und diese Stücke spielen wir gerne live.
Viele sprechen von Negativen Dingen in der Krise. Aber jede Krise ist auch eine Chance. Welche positiven Dinge hast du in der Krise erfahren?
Gunnar: Natürlich, ich habe mehr Zeit gehabt. Auch angefangen, Kolumnen zu schreiben. Eigentlich wollte ich das immer schon mal machen und habe mir nun die Zeit dafür genommen. Aber im Grunde genommen glaube ich, dass von dem Ganzen – was da immer geredet wird – dass nach der Krise die Welt eine bessere sein wird nicht viel übrig bleibt. Das glaube ich nicht. Zwei Jahre danach wird sich kaum einer mehr erinnern, was er an hehren Worten geredet hat. Wenn ich sehe, was mit Leuten im Gesundheitswesen gemacht wird da greife ich mir an den Kopf.
Festivals mal anders. War zum Beispiel beim Ruhrpott Rodeo zu sehen. Auch du nur mit Gitarre bewaffnet. Eine Idee für die Zukunft?
Gunnar: Ja. Tatsächlich. Das ist aber eine Idee und vielleicht mache ich sowas mal. Falls es mit der Band mal nicht mehr weitergeht oder so. Das hat mir doch tatsächlich Spaß gemacht, hätte ich gar nicht gedacht.
Kommen wir zum Schluss. Das Album wird jetzt an vielen Stellen erwähnt. Welche Schlagzeile würdest du gerne über das Album lesen? Und welche Schlagzeile über Dritte Wahl?
Gunnar: Ich finde den Hauptsatz von unserem Info-Zettel sehr passend: Unterhaltung und Haltung. Das ist unser Credo und diesen Satz würde ich gerne über das Album aber auch die Band lesen. Das beschreibt uns gut. Und ich würde mich auch freuen, wenn es die Leute auch genau so sehen.
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!
Gunnar: Ich bedanke mich für dein Interesse. Ich grüße euch alle da draußen ganz herzlich und ich hoffe das wir uns irgendwann mal wieder bei engen, schwitzigen und lauten Konzerten sehen dürfen.
Wir bedanken uns bei Gunnar von Dritte Wahl für das angenehme interessante und sehr lustige Interview im September 2020. Wieder mal eine Platte, die einschlagen wird und mehr ist als dritte Wahl. Egal ob 2D oder 3D – Dieser Film hat jedenfalls ein Happy End! Wer mehr über die Dritte Wahl wissen möchte, der schaut nach unter: www.dritte-wahl.de.
Interview von Thorsten im September 2020
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