Wie bereits im Special zu Rotschopf Records und Diane Weigmann angekündigt, folgt hier das Interview mit Fragen vom Tough Magazine – aber auch von euch!
Liebe Diane, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Kurz vor Veröffentlichung deiner Comeback – Scheibe. Wie ist dein Gefühl. Empfindest du das als Comeback und wie stark kribbelt es so kurz vor Start?
Diane: Hey ihr lieben, tatsächlich fühlt es sich ein bisschen an wie ein Neuanfang, und dass, obwohl ich mich gleichzeitig so sicher und auch so gut wie nie in dem was ich tue fühle. Ich habe die ganze Zeit immer Musik gemacht, allerdings eher aus der zweiten Reihe heraus. Das Schreiben für andere Künstler, das Produzieren und auch weiterhin auf der Bühne stehen, wenn auch musikalisch mehr im Kinder- und Jugendbereich mit meinem Team von 3Berlin. Aber es ist schon was anderes, wenn ich meine ganz eigenen Songs vor Publikum spielen kann und direkte Reaktion darauf bekommen. So wie zum Beispiel gerade jetzt, als ich mit Anna Loos unterwegs war.
Die neue CD heißt trägt den stolzen Namen „Größer als du denkst“ und erscheint auf Rotschopf Records. Wie kam es zur Gründung einer eigenen Plattenfirma?
Diane: Die eigene Plattenfirma habe ich schon 2012 gegründet, damals mit Hilfe eines Crowdfundings durch meine Fans. Ich fand schon damals, dass das eine sehr logische Konsequenz aus meinen ganzen Erfahrungen in der Musikbranche sei. Ich habe selbst mal fast ein Jahr lang frei für Hot Action Records, dem Label der die ärzte aus Berlin, gearbeitet. Da habe ich vieles gelernt, was für einen Künstler hinter den Kulissen, auf der anderen Seite der Branche, wichtig ist. Diese Selbstständigkeit gibt einem ein gutes Gefühl, Du bist von niemanden abhängig, stehst aber auch niemanden gegenüber in Rechenschaft, was Verkaufszahlen oder vermeintliche Erfolge angeht. Das nimmt natürlich ordentlich den Druck aus der Sache.
„9 von 10 Punkten“ als erste Single und auch der Opener auf dem Album. „Mit kleinen Schritten in die Welt“. Du beschreibst schön einen Lebenslauf eines Menschen. Ist es was Autobiografisches? Strebst du persönlich auch nach 9 von 10 Punkten?
Diane: Der ganze Song ist autobiografisch, aber tatsächlich ist der so formuliert, dass er eigentlich zu fast jedem Lebenslauf auch andere Menschen passt. Denn es gibt einfach für jeden von uns spezielle Stationen, die wir in bestimmten Zeiten oder Abschnitten durchleben. Es geht vor allem darum, dass wir wissen, dass es immer einen Wunsch geben muss, der sich nicht erfüllt. Vor allem wenn uns doch eigentlich bewusst ist, dass die wichtigsten Parameter vielleicht längst erfüllt sind. Im Grunde geht es um Zufriedenheit und darum in den kleinen Dingen das ganz Große zu erkennen, was uns glücklich machen kann. Und dann ist dann eben nicht so wichtig, die ganz großen Ziele von der To Do Liste streichen zu wollen, wenn doch die vielen kleinen Ziele, die wir erreicht haben, uns schon so glücklich sein lassen.
Diane Weigmann – Größer als du denkst
„Elvis ist tot“. Elvis lebt durch die Musik weiter. Aber nicht in dir. Ein schönes romantisches Liebeslied. Eine große Liebe ausgedrückt durch den Tod eines anderen Menschen. Sehr gut gemacht. Beschreibe die Entstehungsgeschichte des Songs.
Diane: Es geht tatsächlich um meinen Papa in diesem Song – genau. Und um die Idee, dass sämtliche große Idole und die Ikone unserer Zeit, von denen man so gerne sagt, dass sie „für immer in uns“ sind, weichen müssen, weil eben der eigene geliebte Mensch, wenn er verstirbt, in unserer Erinnerung dort Platz finden soll. Ich fand es einen schönes Gedankenspiel. Wer muss dann also gehen? Mein Papa hatte selbst Koteletten wieder späte Elvis aus den Siebzigern, vielleicht kam ich das hier deshalb auf Elvis Presley.
„Den Dingen ihren Lauf lassen“. „Wer weiß schon was alles passiert“. Als Mutter, wie kannst du privat und beruflich den „Dingen ihren Lauf lassen“.
Diane: Den Dingen ihren Lauf zu lassen ist tatsächlich etwas, womit ich mich jahrelang am schwersten tat. Das ist etwas was ich wirklich wie ein „Mantra“ oder als Weisheit auf einem Stück Papier geschrieben habe und mir immer wieder selbst sagen musste. Es ist gut, wenn du versuchst Dinge in die Hand zu nehmen und mit zu bestimmen. Aber es gibt einfach Dinge, auf die man keinen Einfluss hat oder wo die Zeit bestimmt, wann sie passieren. Das ist etwas, was ich jetzt erst spät gelernt habe. Im entscheidenden Moment auch einfach mal darauf zu vertrauen, dass die Dinge so passieren wie sie passieren sollen. Über diese Erkenntnis bin ich sehr froh.
Da ich nicht zu viel vom Album verraten möchte, würde ich dir gerne ein Wort dazu überlassen. Was sind deine persönlichen Highlights des Albums und welche Songs sind für dich schon mehr als „9 von 10 Punkten“.
Diane: Ich liebe das Album durchweg, denn jeder Song hat seine eigene Geschichte. Und was ich am meisten mag ist, dass es Tiefe hat, aber dennoch auch tanzbar ist und extrem gut ins Ohr geht. Ich komm einfach runter, wenn ich es höre und gleichzeitig hebt es die Stimmung und lässt mich mich dazu bewegen. „Drei Akkorde und ein Herz“ zum Beispiel ist so ein krasser Ohrwurm – in dem Song geht es darum, dass auch ein ganz simpler und einfach geschriebener Song gut sein kann, solange aus der richtigen Intention und mit Herz und Seele heraus geschrieben wurde. „Wie weich man landet“ ist ein Lied, in dem es darum geht, dass man sich oft Worst-Case-Szenarien vorstellt, die am Ende aber ganz anders, meist viel besser ausgehen. Im Grunde genommen ist es auch wichtig, darauf zu vertrauen, dass Dinge sich fügen.
Diane Weigmann – Immer schon ein Teil von mir
Zum Album. Hast du eine Anekdote für uns?
Diane: Das Album zu Ende zu bringen war gar nicht so einfach, denn mitten in der Produktion als Thimo, Henrik und ich am Aufnehmen waren, ließ Henrik uns wissen, dass es ihm nicht mehr möglich sei, komplett von der Musik zu leben und er deswegen wieder einen Job in einer Werbeagentur annehmen wolle. Das hat mich extrem getroffen, da er in meinen Augen ein extrem talentierter Songwriter und Produzent ist. Vor allem aber weil wir mitten im Workflow unterbrechen mussten und überlegen mussten, wie wir weitermachen. Wir haben noch hier und da versucht uns mit anderen Produzenten auszutauschen, aber am Ende haben sich mein langjähriger Gitarrist Thimo und ich ein kleines Häuschen bei Berlin an der Havel gemietet. Für eine Woche haben uns von morgens bis abends mit unseren Instrumenten dem Laptop und der Musik eingesperrt und das Album zu Ende gebracht. Wir sind da im wahrsten Sinne des Wortes über uns selbst hinaus gewachsen. Wir brauchten keinen großen Produzenten oder jemanden, der das für uns in die Hand nahm. Darüber bin ich echt glücklich. Soviel zum Thema „über sich hinauswachsen“, dem stillen und heimlichen Leitfaden meines Albums. Deswegen gibt es auch in der ersten tausender Auflage eingeschweißt ein kleines Tütchen mit Wildblumensaat als Goodie dazu.
Liebe Diane, auch einige Fans wollten etwas von dir wissen. Danke auch dass du dir dafür Zeit nimmst! Hier einige ausgesuchte Fragen:
Was sagen deine Kinder zu deiner Musik? Hören sie Diane mehr zu, wenn sie singt oder wenn sie zu Hause schimpft?
Diane: Das sind ja super Fragen! Ich freu mich, dass meine Kinder mich tatsächlich als sehr warmherziger Mutter wahrnehmen. Sie bestätigen mir täglich, dass sie mich lieb haben und nur mich als Mama haben wollen. Es ist aber nicht so, dass meine Stimme nicht auch ab und zu sehr laut werden kann. Vor allem wenn es sein muss. Aber ich persönlich mag es lieber, wenn sie normal bleibt. Also lieber singen als schimpfen.
Was machts du in 10 Jahren?
Diane: Hoffentlich das gleiche wie jetzt, denn ich bin mit meinem Team von 3Berlin (mein Produktions-Team mit dem ich viele Auftragsarbeiten, Kindermusik, Musik für Hörspiele, Kino, TV- oder Werbung schreibe und aufnehme) sehr glücklich. Ich habe die besten Kollegen der Welt. Wenn ich dazu nach wie vor meine eigenen Songs als Solokünstlerin in die Welt schicken darf und mit ihnen auf den Bühnen stehen kann, meine Kinder glücklich aufwachsen sehen darf und alle gesund bleiben, dann bin ich der glücklichste Mensch der Welt.
Was ist das „Beste für dich“? und wem ist das Lied gewidmet?
Diane: Der Song ist meinem Mann gewidmet, mit dem ich jetzt 20 Jahre zusammen bin und der auch der Vater meiner Kinder ist. Ich habe das Lied einigen lieben Menschen personalisiert zu ihrer Hochzeit umgeschrieben, denn mir hat das Lied viel Glück gebracht und für mich ist es ein sehr wichtiger Song. Im Übrigen hat das Lied den längsten „Schachtelsatz“ im Refrain den ein Song überhaupt haben kann!
Diane Weigmann – 9 von 10 Punkten
Haben Frauen manchmal ein wenig Haue gerne?
Diane: Genau wie die Ärzte Song beschrieben: der Macho darf gern mal eins auf die Nase kriegen!
Wie bist du auf die Verbindung zu Bela / Ärzten gekommen? Ist da nochmal was geplant?
Diane: Als Mitglied der Lemonbabies habe ich in den neunziger Jahren die ärzte und natürlich eben auch Bela B. kennen gelernt. Ich durfte dann auch mehrmals für ihn wie auch für die ärzte Backings bei Studio Songs singen. Ansonsten ist er einfach ein lieber langjähriger Bekannter, den ich nie aus den Augen verlieren möchte.
Du hast Duette mit Bela B gesungen. Welchen Künstler hättest du gerne auf deinem Album?
Diane: Es gibt neben Bela B. einige deutschsprachige Stimmen, auf die ich sehr stehe. Beziehungsweise deutschsprachige Künstler die ich total toll finde. Einige kenne ich persönlich. Wen ich wirklich musikalisch schätze ist zum Beispiel Johannes Oerding, Bosse, Clueso, Michel Van Dyke, Adel Tawil… Es gibt viele sehr berührende Stimmen.
Warum trägst du keinen Künstlernamen?
Diane: Wer sagt denn, dass Diane Weigmann mein richtiger Name ist? Vielleicht habe ich ja mittlerweile geheiratet und heiße ganz anders?
Du machst so viele verschiedene Dinge, worauf was kannst du am allerwenigstens verzichten?
Diane: Es ist genau die Summe aus all diesen verschiedenen Sachen, die mich eine sehr erfüllte Musikerin sein lassen. All dieses ZUSAMMEN ermöglicht es mir, sehr frei und selbstbestimmt mein Ding machen zu können.
Welche Musik hörst du privat?
Diane: Ich mag Coldplay, Paul Weller, die Beatles, Elvis Costello, Soul, Beat, Folk sogar Country. Deutschsprachigen Pop, speziell die oben genannten Musiker. Solange der Song etwas hat, was mich berührt!
Mit den Lemonbabies hast du deine ersten Schritte im Musikbusiness gemacht. Wann werden wir ein Comeback erleben?
Diane: Ob es jemals eine Reunion mit den Mädels geben wird? Keine Ahnung…aber Tatsache ist, dass wir wie Schwestern im allerengsten Kontakt zueinander stehen und immer wieder mal darüber reden, ob es lustig sein könnte, wieder gemeinsam die Bühne zu betreten. Aber jeder von uns steht natürlich auch mit seinen eigenen zwei Beinen an einer ganz anderen Stelle im Leben. Ist halt die Frage, ob man bestimmte Sachen aufgeben würde, um sich dann auch ernsthaft einem Comeback zu widmen. Aber meist sind ja Sachen in der Vergangenheit auch viel schöner, als wenn man dann 30 Jahre später auf einmal wieder ernst machen muss und irgendwer noch irgendwelche Erwartungshaltungen daran hätte, oder?
Diane Weigmann – Sieben Leben
Stimmt es, dass Rockmusiker die besseren Balladen schreiben (im Gegensatz zu Popmusikern) Welches ist deine Lieblingsballade (deutsch, englisch)?
Diane: Wenn es um die großen Gesten und die ganz besonders pathetischen Hooks geht, gebe ich da auf jeden Fall Recht. Aber eine der in meine Augen schönsten Liebesballaden ist tatsächlich von Dolly Parton „I will always love you“. Und gerade weil diese (Originla!-)Version so klein gehalten ist und so intim, ist sie so viel schöner als die große kitschigere Version von Whitney Houston.
Kennst du eine öffentliche Frau, die lustiger und spontaner ist als Barbara Schöneberger?
Diane: Barbara Schöneberger ist eine super Entertainerin und klasse Moderatorin, ich schätze sie schon lange. Ähnlich wie eine Ina Müller oder Anke Engelke. Alles total sympathische Frauen mit Humor und dem Herz am rechten Fleck – und schlagfertig noch dazu. Martina Hill und Enissa Amani oder Carolin Kebekus finde ich auch noch richtig super, aber es gibt mittlerweile so viele tolle, witzige und selbstbestimmte Frauen in der Branche. Die Liste könnte länger werden…
Interessierst du dich für Kritiken?
Diane: Klar interessiere ich mich für Kritiken. Und natürlich lässt es einen nicht kalt, wenn man auch mal was Blödes über sich lesen muss. Aber gerade WEIL alles aus meiner Hand kommt, gerade weil ich bei allem, was ich tue, mir einen Kopf gemacht habe und es mit ganz viel Liebe und Leidenschaft gemacht habe, fühle ich mich auch ein stückweit unangreifbarer. Denn ich weiß ja genau, warum ich was aus welcher Intention heraus gemacht habe.
Wann kommst du auf Solo Tour?
Diane: Ich hoffe ganz doll, dass es sich vielleicht zum Herbst ergibt, ein paar Konzerte oder gar eine kleine Tour zu spielen. Das geht natürlich nur, wenn jetzt ordentlich CDs gekauft werden, damit die Veranstalter überhaupt auf die Idee kommen, dass es mich wieder gibt.
Liebe Diane, bitte vervollständige die folgenden Sätze:
Mittlerweile ist Diane kein „unbeschriebenes Blatt mehr“, denn…
Diane: …mit 45 Jahren auf dem Buckel hat man ganz viel gesehen, erlebt, gefühlt und gespürt… Irgendwas muss die Seite doch füllen.
Mein persönliches Mixtape (vom Song „Durch Raum und Zeit“) enthält die drei folgenden Songs …
Diane: Ich kann jetzt unmöglich nur drei Songs nennen. Aber wenn dann wären sie mit hoher Wahrscheinlichkeit von Coldplay, den Beatles und Paul Weller.
Interview sind für mich …
Diane: …eine willkommene Begegnung, bei der man im besten Fall sogar ein gutes Gespräch führen kann.
Rotschopf Records ist ein bisschen wie Pipi Langstrumpf, denn …
Diane: …es ist eine One-Girl-Plattenfirma. Und ich bin auch ohne Äffchen auf der Schulter das starke Mädchen, was rausbringen kann, was es will! Wildblumensaat für alle!
Das Tough Magazine ist …
Diane: … ein Magazin mit tollen Artikeln, welches von liebevoller Recherche und wunderschön verfassten Beiträgen lebt, vor allem auch über Künstler, die Du nicht in jedem großen Magazin findest.
Danke für das ausführliche Interview. Die letzten Worte gehören dir!
Diane: Danke euch für so smarte Fragen und das schöne Interview!
Interview von Thorsten im April 2019
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