Im Hause der amerikanischen Düsterrocker von Ides Of Gemini wurde in der vergangenen Zeit kräftig renoviert und in diesem Zuge auch eine große Abrisskeule geschwungen: Neue Besetzung, neues Label, neue Themen, neue Töne. Ein mutiger Umbruch für die seit 2010 aktive Band, die mit dem frisch entstandenen Album „Women“ nun zu viert und unter Rise Above Records ein völlig neues Kapitel aufschlägt.
Was noch vor dem ersten Hören der Platte sofort ins Auge sticht ist das auffällige Artwork. Titel, Cover und Songs scheinen einen roten Faden zu verfolgen, der selbstredend ergründet werden möchte. Es dreht sich auf diesem Album alles um die Geschichten und Schicksale bekannter Frauengestalten aus Mythologie und Realität, wie z.B. Mutter Kiew, der symbolischen Siegesstatue in der Ukraine, Medusa, der verfluchten Grogone aus den griechischen Sagen oder der Sirene, die dem Mythos nach Seefahrer mit ihren Reizen ins Meer lockt um sie zu töten. Definitiv ein interessantes und ansprechendes Konzept.
„Mother Kiew“ eröffnet mit einem krächzenden Gitarrensound das Album und klingt, abgesehen von der nach wie vor schallenden Goth- Stimme der Sängerin Sera Timms, im Gesamteindruck bedeutend schneller und härter, als es bei den Liedern des Vorgängeralbums „Old World New Wave“ der Fall war. „The Rose“ wirkt im Anschluss daran wieder melodischer und mysteriös. Das Riff zu „The Dancer“ kommt aggressiv daher und harmoniert hervorragend mit den verzweifelten Rufen im Gesang.
Mit „Raft Of Medusa“ stellt man eine sehr vielseitige Komposition aus akustischen Melodien und harten Gitarrenparts vor, die durch ihre Tempowechsel zu begeistern weiß. „Heroine’s Descent“ steigert sich über die gesamte Länge des Songs von gefühlvollen, wiegenden Klängen hin zum rasanteren Finale, was sich später als ein wiederkehrendes Motiv im Intro von „The Last Siren“ erweist.
In „Swan Diver“ verkörpert sich die neue Marschrichtung der Band: Abgehackte, schnelle Riffs und hektische Soli geben hier den entscheidenden Ton an und nehmen Ides Of Gemini ein Stück weit die gewohnte mysteriöse Harmonie. Bis zu diesem Punkt eine durchaus gute Darbietung.
Im hinteren Teil des Albums kommt jedoch zunehmend der Verdacht auf, dass sich der künstlerische Fundus der neuen Zusammensetzung mit den bisherigen Inhalten erschöpft hat. Weniger Abwechslung ist an der Tagesordnung und der anfängliche Facettenreichtum weicht mehr und mehr einem faden Einheitsbrei aus den immer gleichen Zutaten. „Zohra“, „She Has A Secret“ und „Queen Of New Orleans“ sind dem Erfolg des Album damit nur wegen der passenden Themen und Lyrics zuträglich, keinesfalls jedoch auf akustischer Ebene – Schade!
Fazit: Ides Of Gemini können an vielen Fronten mit ihrem neuen Stil punkten und werden Freunden des schwarzen Kleiderschranks und überdimensionierten Nietenbesatzes bestimmt Spaß machen. Die frische Härte, das thematisch ansprechende Gesamtkonzept und die zumindest partiell aufkeimende Alternation von verschiedenen Tempi und Stilen machen zunächst einen ebenso guten Eindruck, wie das gewohnt mysteriöse Gothik- Setting. Allerdings verhält es sich bei „Women“ leider wie mit einem Amateur beim Schachspiel: Die Strategie mag noch so erfolgreich sein, man gewinnt damit aber nicht unendlich oft wenn man sie nicht wechselt.
Review von Lucas
Ides Of Gemini – Heroine’s Descent
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